Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

53 
Patronats nur einige vom katholischen Glauben 
ab, dann bleiben die andern selbstverständlich im 
Besitz ihres Rechts. Für Deutschland und Oster- 
reich haben jedoch die vorstehenden Grundsätze 
insofern keine Geltung, als sich dort die Gewohn- 
heit gebildet hat, daß auch Mitglieder einer andern 
christlichen Konfession den Patronat erwerben und 
ausüben können. Für die Rechtmäßigkeit dieser 
Gewohnheit dürfte sich nicht nur der legale, sondern 
der bewußte, wenngleich stillschweigende Konsens 
des Heiligen Stuhles geltend machen lassen. In 
der ungarischen Diözese Neutra wurde mit Ge- 
nehmigung des Heiligen Stuhles der Ausweg ein- 
geschlagen, daß der jüdische Großgrundbesitzer 
einen dem Bischof genehmen Katholiken bestelle, 
der im eignen Namen die Präsentation vornehme 
(Archiv für Kirchenrecht XXXVII 361 ff). Jene, 
welche von einem ordentlichen oder delegierten 
kirchlichen Richter namentlich exkommuniziert 
oder als mit der Exkommunikation behaftet erklärt 
wurden (excommunicati vitandi), verlieren 
zwar das Patronatsrecht nicht, aber der Bischof 
kann und muß doch, solange die Exkommunikation 
währt, die Pfründen ihres Patronats nach eignem 
Gutdünken verleihen, da er keinen Verkehr in 
kirchlichen Dingen mit solchen Exkommunizierten 
unterhalten darf. Jene hingegen, welche nicht 
namentlich durch ein kirchliches Urteil als mit der 
Exkommunikation behaftet erklärt wurden, sondern 
diese Strafe ipso facto sich zuzogen (exc. 
tolerati), dürfen Patronate wohl erwerben, aber 
von deren Rechten gleichfalls keinen Gebrauch 
machen, aber der Bischof darf doch, falls sie dieses 
dennoch tun, ihre Präsentation entgegennehmen und 
ihr Folge eisten, wenngleich er dazu nicht verpflichtet 
ist; er darf mit ihnen auch in kirchlichen Angelegen- 
heiten verkehren, braucht es aber nicht. Daß 
statt der Kin der unter sieben Jahren, auf welche 
der Patronat übergegangen ist, der gesetzliche 
Vormund ihn ausübt, unterliegt keinem Zweifel. 
Ebenso ist sicher, daß jene, welche das 14. Jahr 
überschritten haben, zur selbständigen Betätigung 
des Patronats nicht nur fähig, sondern auch aus- 
schließlich berechtigt sind, so daß der Vormund, 
welcher zur Verwaltung ihrer zeitlichen Güter 
bestellt ist, der besondern Bevollmächtigung seitens 
seines Pflegbefohlenen bedarf, wenn er in dessen 
Namen die Präsentation vornehmen möchte. Den 
Kindern zwischen dem 7. und 14. Jahr schreiben 
die älteren Kanonisten zumeist das selbständige 
Recht auch zur Vornahme der Präsentation zu. 
Richtiger aber leugnen dieses die neueren Kano- 
nisten, da die Kinder dieses Alters zur aktiven 
Wahl unfähig sind, Wahl und Präsentation aber 
rechtlich einander gleichstehen. Wird ein patronats- 
berechtigtes Gut zu Lehen, Erbpacht, Erb- 
zins verliehen, so geht der Patronat, falls im 
Vertrag nicht anders bestimmt ist, mit den sonstigen 
auf dem Gut ruhenden Rechten auf den Lehens- 
mann, Pächter über. Der bloße Nutznießer, ebenso 
der Ehemann hinsichtlich des dem Dotalgut der 
Patronatsrecht. 
  
54 
Frau inhärierenden Patronats und der Seauester 
haben nur die Befugnis zur Ausübung des Patro- 
natsrechts, dem gewöhnlichen Pächter und Pfand- 
gläubiger steht aber auch diese nicht zu. 
4. Gegenstand des Patronats können alle 
Kirchen sein, und zwar a) Pfarrkirschen, jedoch 
auch Filialkirchen. Der Patronat an Kirchen 
schließt den an der Pfründe des Vorstehers der 
Kirche ein. Kathedralkirchen können dagegen eben- 
sowenig wie das Papsttum, der Kardinalat, noch 
anderseits die Prälaturen an Dom-, Stifts= und 
Klosterkirchen dem Patronat unterworfen sein. 
An bischöflichen Stühlen kann zwar ein Nomi- 
nationsrecht den Landesfürsten eingeräumt wer- 
den, doch beruht dies auf päpstlichem Privileg 
und unterliegt nicht den Grundsätzen des Patro- 
nats. Die angeführten Prälaturen können höch- 
stens in geistlichem, die übrigen Kollegiat- und 
Kapitelspfründen auch im Laienpatronat stehen. 
b) Einzelne Benefizien. Daher können mehrere 
Benefizien ein und derselben Kirche verschiedene 
Patrone haben. c) Annicht ständigen, sondern 
zeitweilig verliehenen kirchlichen Stellen kennt 
das Kirchenrecht zwar nicht Patronate, aber patro- 
natsähnliche Rechte. Ebenso gibt es patronats- 
ähnliche Rechte an kirchlichen Stiftungen; doch 
treten dieselben nicht gemeinrechtlich ein, sie be- 
dürfen eines ausdrücklichen Vorbehalts seitens 
des Stifters und können dann z. B. die Be- 
fugnis enthalten, den Vermögensverwalter vor- 
zuschlagen, sowie unter gewissen Voraussetzungen 
Einkünfte aus dem Stiftungsvermögen zu be- 
ziehen. 
5. Die Rechte und Pflichten des Patrons 
faßt die Glosse (zu c. 25, X de iure patr. 3, 
38) in folgende Verse zusammen: Patrono de- 
betur honos, onus utilitasque; Praesentet, 
praesit, defendat, alatur egenus. Sie gelten 
vom Patron einer Kirche; dieser Patronat ist eben 
der ursprüngliche und zugleich Typus des Patro- 
nats an bloßen Pfründen. Der Patronat enthält 
a) gewisse, vorzüglich liturgische Ehrenrechte 
(cura honorifica). Diese sind: ein besonderer 
Kirchensitz, der sich aber außerhalb des Chors be- 
finden muß; ein Ehrenplatz bei Prozessionen; die 
Anbringung des Familienwappens in der Kirche; 
ein Begräbnisplatz in derselben; das Trauer- 
geläut; die Erwähnung seines Namens im all- 
gemeinen Gebet; das Recht auf den Friedenskuß 
in der feierlichen Messe; die besondere Inzen- 
sation bei der Feier der heiligen Messe, Aus- 
zeichnung bei der allgemeinen Austeilung des 
Weihwassers; Darreichung der geweihten Kerzen 
am Lichtmeßtag, der geweihten Palmen am 
Palmsonntag. Doch stehen diese Ehrenrechte in 
manchen Gegenden entweder sämtlich oder zum 
Teil nicht im Gebrauch und können auch dort, 
wo sie noch im Gebrauch sich befinden, in dem 
einzelnen Fall durch Verjährung verloren ge- 
gangen sein. Auf dem gemeinen Recht beruht nur 
das ius processionis.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.