Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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tungsbehörde, sondern der Zweck der Stiftung als 
entscheidend erklärt worden. In Baden z. B. 
gelten die Stiftungen für Schul-, Armen= und 
SpitalKranken-)zwecke als weltlich, sogar dann 
noch, wenn sie lediglich für eine bestimmte Kon- 
fession bestimmt sind (sog. konfessionell beschränkte 
weltliche Stiftungen). Die weltlichen Stiftungen 
werden in der Regel von nicht kirchlichen Be- 
hörden verwaltet und beaufsichtigt. Hand in 
Hand mit dieser Unterscheidung geht das Ver- 
bot der gemischten Stiftung, d. h. kirch- 
liche Stiftungen dürfen keine Zustiftungen welt- 
lichen Charakters annehmen und umgekehrt. So- 
weit in diesem landesgesetzlichen Verbot eine 
Erwerbsbeschränkung liegt, ist sie als solche 
durch Art. 86 Einf.-Ges. zum B.G.B., also bei 
Zustiftungen bis zu 5000 M beseitigt. Denn 
dieser Artikel gibt den Rechtserwerb von Werten 
bis zu 5000 J (einschließlich) für alle juristi- 
schen Personen frei, gleichviel auf welchem innern 
Grund eine landesgesetzliche Erwerbsbeschränkung 
beruhte. 
Das B. G. B. brachte schließlich noch den Unter- 
schied zwischen privatrechtlicher und öffent- 
lich-rechtlicher Stiftung. Als privatrechtlich 
stellt sich jede Stiftung dar, „welche auf einem 
Privatrechtsgeschäft beruht, es sei denn, daß sie 
nach ihrer besondern Beschaffenheit dem Orga- 
nismus des Staats oder der Kirche dergestalt 
eingefügt ist, daß sie aus diesem Grund als 
öffentlich-rechtlich zu gelten hat“ (Mugdan a. a. O. 
1 658 u. 670). Offentlich-rechtlich sind also die 
hier gekennzeichneten, zwar auf Privatrechtsakt 
beruhenden, aber eng mit Staat oder Kirche ver- 
bundenen Stiftungen, dann aber auch alle bloß 
durch einen Staatsakt entstandenen Stiftungen. 
In Baden z. B. sind heute alle Stiftungen ohne 
Ausnahme, auch die Familienstiftungen, wegen 
ihrer engen Verbindung mit Staat oder Kirche, 
öffentlich-rechtlich. 
Die §§ 80/88 B.G.B. gelten nur für die pri- 
vatrechtliche Stiftung. Nämlich: Zur Entstehung 
einer solchen ist ein Stiftungsgeschäft, nach dessen 
Inhalt eine neue Rechtspersönlichkeit geschaffen 
werden soll, und Staatsgenehmigung nötig. Das 
Stiftungsgeschäft unter Lebenden ist eine ein- 
seitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung 
mit privatschristlichem Formzwang. Gerichtliche 
oder notarielle Beurkundung istnicht vorgeschrieben. 
Der Widerruf ist nur bis zur Erteilung der 
Staatsgenehmigung zulässig und auch schon vor 
diesem Zeitpunkt durch § 81, Abs. 2 B.G.B. ein- 
geengl. Das Stiftungsgeschäft begründet lediglich 
ein Schuldverhältnis: Der Stifter ist verpflichtet, 
das versprochene Vermögen in den Formen des 
Privatrechts (also Grundstücke durch Auflassung) 
auf die genehmigte Stiftung zu übertragen. Rechte, 
zu deren Übertragung der bloße Abtretungsvertrag 
genügt (z. B. bei Zession von Forderungen), 
gehen im Zweifel sofort und ohne weiteres mit 
der Genehmigung auf die Stiftung über. Das 
Stiftungen. 
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Stiftungsgeschäft von Todes wegen ist, was Form 
und Inhalt angeht, kein Rechtsgeschäft sui generis, 
sondern ist als eine gewöhnliche Verfügung von 
Todes wegen zu beurteilen. Wird die Stiftung 
erst nach dem Tod des Stifters genehmigt, so gilt 
sie, aber nur für die Zuwendungen ihres Grün- 
ders, als schon vor dessen Tod entstanden. Die 
Familienmitglieder können von dem Verwalter 
einer privatrechtlichen Familienstiftung im Rechts- 
weg verlangen, daß er den durch sein Verschulden 
entstandenen Kapitalverlust an die Stiftung ersetzt. 
R.G. in Sörgel, Rechtsprechung 1909. Auf die 
privatrechtlichen Stiftungen ist eine Reihe von 
Vorschriften aus dem Vereinsrecht für anwendbar 
erklärt worden, so die Notwendigkeit eines Vor- 
stands und seine Eigenschaft als „gesetzlicher Ver- 
treter", sodann die Haftung der Stiftung für 
solchen Schaden, welchen die Stiftungsorgane in 
Ausführung der ihnen satzungsgemäß zukommen- 
den privatrechtlichen Verrichtungen Dritten zu- 
fügen; sodann der Untergang der Rechtspersönlich- 
keit durch die Konkurseröffnung. 
Ist die Zweckerfüllung unmöglich geworden oder 
gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die Stif- 
tung von der Staatsbehörde aufgehoben oder in 
einer dem Stifterwillen möglichst nahe kommenden 
Weise umgeändert werden. Soweit das B.G.B. 
nicht besondere Vorschriften getroffen hat, ist die 
Landesgesetzgebung auch auf dem Gebiet der pri- 
vatrechtlichen Stiftung zuständig. 
Für die öffentlich-rechtlichen Stif- 
tungen dagegen gilt von vornherein (Art. 55 
Einf.-Ges. zum B. G. B.) nur das Landesrecht, 
nicht die 88 80/88 B.G.B. Ausnahmsweise tritt 
aber gemäß § 89 B. G. B. die oben erwähnte 
Haftung der Stiftungen für unerlaubte Hand- 
lungen ihrer Organe auch für öffentlich-rechtliche 
Stiftungen ein. Diese Haftung besteht jedoch 
nicht, wenn die Organe den Schaden in Aus- 
übung obrigkeitlicher Befugnisse zufügen. Hier 
haftet nur der Stiftungsbeamte selbst gemäß 8 889 
B. G. B., nicht die Stiftung; vgl. auch Art. 77 
Einf.-Ges. zum B.G.-B. Soweit öffentlich-recht- 
liche Stiftungen auf einem Privatrechtsakt be- 
ruhen und soweit für diesen landesgesetzliche Vor- 
schriften sehlen, sind die Vorschriften des B. G. B. 
über das Stiftungsgeschäft auch auf öffentlich- 
rechtliche Stiftungen anwendbar. Staatsgeneh- 
migung ist durchweg vorgeschrieben. Die Organe 
öffentlich-rechtlicher Stistungen sind öffentliche 
Behörden. Die von ihnen innerhalb ihrer 
sachlichen Zuständigkeit und in der vorgeschriebenen 
Form ausgestellten Urkunden sind öffentliche Ur- 
kunden, insbesondere auch dem Grundbuchamt 
gegenüber. Die Bestellung der Organe ist dem 
Stifter selbst in der Regel landesgesetzlich ver- 
boten oder erschwert, erfolgt vielmehr nach gesetz- 
lichen Vorschriften. 
Oberster gesetzlicher Grundsatz für die Verwal- 
lung ist die dauernde Erhaltung des Grundstocks. 
Die Erträgnisse dürfen nur stiftungsgemäß ver- 
  
  
 
	        
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