Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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wig (1674/77). 10. Eberhard Ludwig (1677 
bis 17383) zeichnete sich im spanischen Erbfolge- 
krieg als Feldherr aus; seine Prachtliebe veran- 
laßte ihn zu hohem Aufwand, dessen Deckung zu 
schwierigen Verhandlungen mit den Ständen 
führte. Sein Sohn war bereits 1731 gestorben; 
so ging die Regierung an die Winnentaler Linie 
über. Als Eberhard Ludwig minderjährig war, 
führte sein Oheim Herzog Friedrich Karl, der 
seinen Apanogensitz in Winnental hatte, die 
Regierung. 11. Karl Alexander (1733/37), ein 
Enkel Eberhards III., stand in österreichischen 
Diensten und war in Wien 1712 oder 1713 zur 
katholischen Kirche übergetreten. Er sicherte die 
Aufrechterhaltung der politischen und kirchlichen 
Verfassung zu (sog. Religionsreversalien). Ihm 
folgten nacheinander seine drei Söhne: 12. Karl 
Eugen (1737/93); durch Prachtbauten verschie- 
dener Art verursachte er ungeheure Ausgaben, 
welche durch Steuern gedeckt werden sollten. Auf 
die Klagen des Landes kam es zum Erbvergleich 
von 1770, nach welchem die Rechte und Frei- 
heiten des Landes aufs neue bestätigt, die Ausgaben 
des Herzogs beschränkt, die Schulden vom Land 
übernommen wurden. Zur Hebung des Landes 
trug er durch verschiedene Einrichtungen bei; er 
begünstigte die Fabrikation von Porzellan, Tuch 
usw., gründete eine Brandversicherungsanstalt, 
die große Bibliothek, errichtete die Akademie der 
schönen Künste, die Karlsakademie. 13. Ludwig 
Eugen (1793/95). 14. Friedrich Eugen (1795 
bis 1797) mußte die überrheinischen Besitzungen 
abtreten; wegen Bezahlung der Kriegsschulden 
u. a. gab es mancherlei Beschwerden des Landes. 
Er hatte eine Nichte Friedrichs II. von Preußen 
geheiratet; auf dessen Rat wurden die Kinder in 
der protestantischen Religion erzogen. Sein ältester 
Sohn 15. Friedrich II. war Herzog von 1797 
bis 1803, Kurfürst 1803/05, König 180 5/16. 
Durch den zu Paris 1802 abgeschlossenen Ver- 
trag konnte er verhindern, daß das Herzogtum 
aufgelöst wurde. Württemberg blieb in seinem 
ganzen Bestand erhalten und wurde für seine 
überrheinischen Besitzungen ansehnlich entschädigt. 
Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses er- 
hielt Württemberg die Kurwürde; nach dem Preß- 
burger Frieden bzw. dem Brünner Separatvertrag 
zwischen Württemberg und Frankreich wurde es 
am 12. Dez. 1805 zum Königreich erhoben. Am 
1. Jan. 1806 wurde die Annahme der Königs- 
würde feierlich verkündigt. 
Durch den Pariser Frieden und den Reichs- 
deputationshauptschluß wurde Württemberg ein 
Gebiet mit ca 120 000 Einwohnern einverleibt 
(Klöster und neun Reichsstädte); der Preßburger 
Friede brachte eine weitere Vermehrung um 
ca 122 000 Einwohner (von Österreich, dem 
Deutschorden und Johanniterorden). Durch die 
Rheinische Bundesakte von 1806 wurde meist 
durch Mediatisierung die Bevölkerung um 
ca 181 000 Einwohner, durch besondere Verträge 
Württemberg. 
  
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mit Bayern und Baden um ca 90.000, endlich 
durch den Wiener Frieden von 1809 und den 
Vertrag von Compiêgne 1810 nochmals um 
ca 160 000 Einwohner vermehrt; an Bayern 
und Baden wurde ein Gebiet mit ca 50 000 Ein- 
wohnern abgetreten. Ende des Jahrs 1810 hatte 
Württemberg seinen heutigen Umfang erreicht; 
einige Anderungen durch Kauf (1813) und Ab- 
tretung an Baden 1843 sind unwesentlich. Das 
Gebiet Württembergs hatte sich mehr als ver- 
doppelt und die Bevölkerung auf 1 380 000 
Seelen gehoben. 
c) Das Königreich Württemberg seit 1. Jan. 
1806. 1. König Friedrich (1806/16). Mit der 
Erhebung Württembergs zum Königreich erloschen 
vertragsmäßig die Rechte des österreichischen 
Hauses. 1806 trat der König dem Rheinbund 
bei und sagte sich vom Reichsverband los. 1806 
und 1809 kämpften württembergische Truppen 
gegen Preußen bzw. Osterreich, der Wiener Friede 
brachte eine ansehnliche Gebietserweiterung (s. o.), 
nachdem der König die Abtretung Württembergs 
an Napoleon (gegen Hannover oder Portugal) 
abgelehnt hatte. 1812 nahm Württemberg am 
russischen Krieg (von 15 347 Mann kamen kaum 
1000 zurück), 1813 am preußisch-russischen Krieg 
teil; in der Schlacht von Leipzig trat es zu den 
Verbündeten über. Durch den Vertrag zu Fulda 
(2. Nov. 1813) verband es sich mit Osterreich, 
Preußen und Rußland und nahm 1814 und 1815 
unter dem Kronprinzen Wilhelm an den Feld- 
zügen der Verbündeten gegen Napoleon teil. 
Unter König Friedrich wurde die gesamte 
Staatsverwaltung neu geordnet. Am 30. Dez. 
1805 wurde die alte Landesverfassung aufgehoben, 
am 2. Jan. 1806 das Kirchengut als Staatsgut 
erklärt und durch das Organisationsmanifest vom 
18. März 1806 Alt= und Neuwürttemberg ver- 
einigt und einer neuen Ordnung entgegengeführt. 
Es wurden sechs Ministerien gebildet, Justiz und 
Verwaltung getrennt, eine neue Bezirkseinteilung 
vorgenommen, die allgemeine Dienstpflicht mittels 
der Konskription eingeführt, das Volksschulwesen 
reguliert, die Universität Tübingen in ihren Be- 
sugnissen beschränkt, teilweise verbessert und er- 
weitert, in Ellwangen 1812 eine katholisch-theo- 
logische Fakultät gegründet (1817 aber mit der 
Universität vereinigt). Durch das Religionsedikt 
von 1806 wurden den dreichristlichen Konfessionen 
die gleichen Rechte verliehen; an die Spitze des 
katholischen Kirchenwesens wurde der Kirchenrat 
berufen und die Vereinigung der Katholiken zu 
einer Diözese in Anregung gebracht. Auch für 
Hebung des Wohlstands durch Straßenbauten, 
Förderung der Eisenindustrie, für Unterricht und 
Kunst durch Stiftung der königlichen Handbiblio- 
thek und Anlage von Kunstsammlungen war der 
König tätig. Der große Aufwand hierfür und 
für die Hofhaltung sowie die Beschränkung der 
alten Rechte hatte eine Mißstimmung im Land 
hervorgerufen. Eine Landesverfassung, welche der
	        
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