Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

dürfen damit nicht warten, bis unsere militärischen Erfolge abgeschlossen 
sind. Dann wirkt es als Zeichen der Schwäche ... Wir müssen unseren 
Siegen durch dieses Programm eine größere militärische Stoßkraft 
geben. Ich will deutlicher machen, was ich meine. 
„Was erhält unsere Feinde aufrecht in ihrer furchtbaren Not? Was 
ermöglicht es ihren Regierungen, immer wieder von neuem den Kriegs- 
willen ihrer Völker lebendig zu machen? Es ist das Gefühl, daß sie für 
eine heilige und wir für eine unheilige Sache kämpfen 
„Ich glaube heute noch immer, daß das ethische Drogramm vor der 
Offensive den Frieden hätte bringen können ... Nun aber soll es uns 
den Sieg bringen. Aus diesem Grunde muß es verkündet werden, ehe 
wir den Höhepunkt unserer militärischen Erfolge erreicht haben. 
„Am besten wäre ein Augenblick zu wählen, wo ein relativer Stillstand 
eingetreten ist — das heißt: nicht gerade sensationelle Kampfhandlungen 
die Weltaufmerksamkeit absorbieren. 
„. Gott schütze die Leiter Deutschlands vor Abermut.“ 
Gleichzeitig wurde die erste Warnung in die Offentlichkeit gebracht:n 
„In diesen letzten Wochen standen wir im Zeichen der Verhandlungen. Der 
Monat vor Beginn einer großen Kampfhandlung ist immer politisch fruchtbar. 
Die Verhandlungen, die in Bukarest geführt wurden, traten an Bedeutung zurück 
binter der großen öffentlichen Aussprache, die zwischen Hertling und Wilson 
gehalten wurde und zwischen Hertling, Balfour und Lansdowne hätte ge- 
halten werden sollen. Mag auch der Bukarester Vertrag ein diplomatisches 
Meisterstück werden, kein noch so großes Vertrauen in die eigene diplomatische 
Geschicklichkeit durfte den Staatssekretär des Auswärtigen in diesem Monat vor 
der Offensive von Berlin fernhalten. Hat Herr v. Kühlmamn die letzte und vor- 
letzte Hertlingsche Rede gekannt? Hat Herr v. Kühlmann von Bukarest aus bei 
der Entscheidung der schwerwiegenden Frage mitwirken können: Soll Lloyd 
Georges oder Lansdownes Wunsch erfüllt werden? Das heißt: Soll die öffent- 
liche Aussprache fortgesetzt werden oder nicht? Herr v. Kühlmann trägt bereits 
die Berantworkung dafür, daß die Asquithsche Frage vom 26. Julis nicht be- 
antwortet wurde. Bei Asquith, der bloßer Daktiker ist, waren Bedenken erklärlich, 
die damals Deutschlands Zurückhaltung herbeiführten. Aber Lansdowne ist ein 
Charakter. Hinter ihm steht eine aufrichtige Volksbewegung, die den ehrenvollen 
Ausweg aus dem Kriege finden möchte. 
Herr v. Kühlmann hält sich sicher in Bukarest auf, weil er glaubt, dort wich- 
tigere Arbeit tun zu können als in Berlin. In dieser Uberzeugung liegt die ganze 
überschätzung des diplomatischen Handwerks und die Verachtung 
jener Staatskunsst, die versucht, die öffentliche Meinung auch in Feindesland 
zu beeinflussen. 
1 „Deutsche Politik“ vom 29. März 1918. 
: Siehe oben S. 132. " 
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