Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Siebentes Kapitel 
Der militärische Rückschlag und seine Folgen 
Der Kaiser war an die Front abgereist, um den neuen Kampfhand- 
lungen beizuwohnen, die am 16. Juli 1918 kurz nach Mitternacht be- 
gannen. 
Der Obersten Heeresleitung hatte die Kühlmann-Rede so weh getan, 
weil der Truppe, die in die zweite Marneschlacht ging, nicht der Glaube 
genommen werden sollte, es gälte die Entscheidung zu erkämpfen. 
Schon am 16. abends stockte unser Angriff, auch am 17. kam er nicht 
weiter. In der Nacht vom 16./17. gab Ludendorff den Befehl zur Räu- 
mung des Marnebogens. Mitten in diese Bewegung hinein stieß Fochs 
Gegenoffensive, auf die die Feinde seit Monaten ungeduldig warteten 
und an die wir nicht recht geglaubt hatten. Wir kamen in eine furchtbar 
schwere Lage, in der wir uns zwei Tage hielten und der wir uns dann 
durch eine meisterhafte Operation entzogen. 
Unsere Berichterstattung über diese neue Schlacht war irreführend. 
Die furchtbaren Verluste der Franzosen und Amerikaner wurden betont. 
„Während der Nacht nahmen wir unsere südlich der Marne stehenden 
Truppen vom Feinde unbemerkt auf das nördliche Flußufer zurück.“ 
Es wurde Wert darauf gelegt, daß der Feind nicht sein letztes Ziel er- 
reicht habe, das ganze Gebiet zwischen Aisne und Marne abzuzwicken. 
Das war alles ganz richtig, aber die wesentliche Tatsache blieb im 
Dunkeln: die mit großer Kühnheit und Hoffnung begonnene Entschei- 
dungsschlacht war verloren. Ich habe die Bedeutung unserer Niederlage 
damals nicht begriffen, sondern den Glauben geteilt, es würde der Obersten 
Heeresleitung gelingen, die verlorene Initiative noch einmal wieder zu ge- 
winnen. Allerdings wurde ich stutzig durch eine kurze Bemerkung in einem 
Brief des Kronprinzen Rupprecht vom 22. Juli 1918: 
„.Uber die jüngsten Vorgänge an der Front wirst Du unterrichtet 
sein. Die Art der Berichterstattung war sehr ungeschickt und geeignet, 
1 Tagesbericht vom 20. Juli 1918. 
283
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.