Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

die endgültige Lösung der nordschleswigschen Frage auf Grund des 
Selbstbestimmungsrechts der Völker.“ 
Es fehlte nicht an empörter Abwehr vom Regierungstisch und aus dem 
Parlament heraus, aber die Polen und Unabhängigen ließen sich nicht 
einschüchtern. 
Am nächsten Tage (24. Oktober) sprach zuerst Solf, würdig und ge- 
schickt. Er protestierte nicht nur als Deutscher gegen die Vergewaltigung 
seiner Volksgenossen, sondern wies den Polen nach, daß ihre Ansprüche 
in schreiendem Widerspruch zu den Grundsätzen des Präsidenten Wilson 
stünden. Als er daran erinnerte, was in diesem Kriege das deutsche Heer 
und das deutsche Volk an Gut und Blut geopfert habe, bis es überhaupt 
möglich wurde, auf die Plattform zu treten, auf der die Freiheit von Polen 
jetzt geschaffen werden solle, da fand er stürmische Zustimmung, aber Kor- 
fanty schrie in den Beifall hinein: „Geraubt, geplündert haben sie.“ Es 
kam zu erregten Szenen unter den Abgeordneten. Der Zwischenruf auf der 
Rechten: „Heraus mit dem Hund“, entsprach der Stimmung der Tribünen. 
Dann stellte sich der Kriegsminister Scheüch dem Reichstag vor. In 
seiner ruhigen und unbeirrbaren Art versuchte er der verzweifelten Stim- 
mung zu steuern, die die eigentliche Kraftquelle der Anabhängigen war: 
„Meine Herren, nachdem Seine Majestät der Kaiser und König mich 
zum Kriegsminister ernannt hat, habe ich in dieser Eigenschaft heute 
zum ersten Male die Ehre, vor diesem Hohen Hause zu sprechen. Es sind 
tief ernste Tage, es sind schwere Tage, in denen das geschieht, für einen 
Kriegsminister besonders schwer. Es sind aber nicht verzweifelte Tage, 
und daß es nicht verzweifelte Tage werden, das liegt bei uns, in unserem 
Heer, in unserem Volk (lebhafte Zustimmung rechts), in unserer ganzen 
Wirtschaft, und das sage ich, entgegen dem, was der Herr Abgeordnete 
Haase gestern behauptet, und in voller Abereinstimmung mit dem, 
was der Herr Abgeordnete Westarp sagte: In unserem Heer, in unserem 
Volk, in unserer Wirtschaft sind die Kräfte voll vorhanden, geeignet 
uns zum nachhaltigen Widerstand zu befähigen. (Lebhafter Beifall 
rechts und links. — Lachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) 
Dieses Lachen wird die Kräfte nicht im mindesten mindern (stürmischer 
Beifall rechts); es wird aber dazu beitragen, diese Kräfte zu steigern. 
(Erneuter lebhafter Beifall rechts, im Zentrum und links. — Zuruf 
von den Unabhängigen Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) 
DPräsident: Herr Abgeordneter Haase, Sie haben gestern ein und 
eine halbe Stunde lang reden dürfen, lassen Sie jetzt den Herrn Kriegs- 
minister ausreden. 
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