Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

seine Polemik gegen das alte System war frei von Schadenfreude, aber 
nicht von Rechthaberei, die in diesem Augenblick auch sprengend wirkte. 
Es hatte keinen Zweck, jetzt von den Sünden unserer Polenpolitik zu 
sprechen oder dem Kriegsminister v. Stein und Herrn v. Capelle harte 
Worte nachzurufen, weil die Tankwaffe vernachlässigt und kein ameri- 
kanischer Truppentransport versenkt worden wäre. Allerdings war sein 
Protest gegen den Kultus der „Sachverständigkeit“ wertvoll und sein Hin- 
weis auf die wunderbaren Leistungen, die Zivilisten in England bei der 
Organisation des Heeres vollbracht hätten. Verletzend wirkte der Angriff 
gegen die Anhänger des alten Systems, die noch in ihren Amtern waren. 
Immer wieder aber brach das Nationalgefühl des Mannes durch; wenn 
er den HPolen sagte: nach ihren Argumenten müßte Amerika den Indianern 
gehören; wenn er gegen den drohenden Raub unserer Kolonien pro- 
testierte oder dem Abgeordneten Haase vorwarf, er hätte Ol in das bren- 
nende Haus geschüttet: „Meine Fraktion will, daß dem deutschen Dro- 
letarier das Dach über dem Kopf erhalten bleibt.“ 
Bei einer Bemerkung aber fuhr das Haus zusammen; kein Mensch 
hätte sie aus dem Munde eines ARegierungssozialisten erwartet. Noske 
erwähnte die konservative Forderung nach einer starken Monarchie und 
fügte die Worte hinzu: 
Das ändere nichts an der im Lande herrschenden Stimmung, daß 
„lediglich eine einzige große Geste des Trägers der Kaiser- 
krone“ den Druck von Millionen nehmen könnte. 
In den Wandelgängen des Reichstags zirkulierte gleichzeitig — noch 
ehe der offizielle Text dem Auswärtigen Amt vorlag — die neue Note 
Wilsons: sie gab den Worten Noskes einen unheimlichen Hintergrund. 
das Heer jetzt braucht. Denn für uns handelt es sich jetzt unter Umständen darum, 
dem BPBernichtungswillen unserer Feinde den deutschen Kampfeswillen entgegen- 
zustellen.“ Da möchte ich doch wissen, wo ein Widerspruch zwischen dem, was der 
Herr Reichskanzler gesagt hat, und dem, was ich gesagt habe, zu finden ist. Wir 
gehen einer Neuordnung der Berhältnisse entgegen, und ich würde es für einen 
schweren Fehler halten, wenn ich den Versuch, neue Wirrnisse hervorzurufen, nicht 
vereitelte.“ 
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