Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Elftes Kapitel 
Die Meuterei der Flotte. 
Gröners Ankunft und erster Bericht 
Ich war am Sonntagmittag (3. November) noch nicht lange aus meinem 
Betäubungszustand erwacht, da ließ sich Haeften bei mir melden. Er redete 
auf mich ein mit gütigen Worten, die mir einen Ausweg zeigen sollten: 
„Sie brauchen die gräßliche Verantwortung nicht länger zu tragen, ziehen 
Sie sich doch auf Ihren Standpunkt als Offizier zurück und teilen Sie dem 
Kabinett mit: Der Kaiser dankt freiwillig nicht ab; als Offizier kann ich 
die Abdankung nicht erzwingen; wenn ihr anderer Meinung seid, so macht 
eure Sache allein.“ 
Während ich außer Gefecht war, hatte Haeften bereits Schritte in 
dieser Richtung unternommen. Am Sonnabend wurde mit Payer eine 
Pressenotiz verabredet: Der Kanzler habe einen Rückfall erlitten, bis auf 
weiteres führe der Vizekanzler die Geschäfte. Nur das Dazwischentreten 
meines Adjutanten v. Prittwitz hat die Abergabe dieses Bulletins an das 
W. T. B. verhindert. 
Ich konnte mich im ersten Augenblick der verführerischen Gewalt des 
Fluchtgedankens nicht entziehen, aber ich zwang mich dann rasch zur nüch- 
ternen Erkenntnis der wirklichen Lage. Haeften konnte so sprechen, er war 
nur Soldat. Ich aber hatte das Kanzleramt angenommen und damit die 
Verpflichtung, im Interesse der Nation den Kaiser verantwortlich zu be- 
raten. Ich hatte auch das Waffenstillstandsangebot an Wilson unter- 
zeichnet, nicht als ein Unwissender, sondern in Kenntnis der tödlichen Ge- 
fahren, die es für Kaiser und Reich barg. 
Es ging nicht an, daß ich jetzt meine Eigenschaft als Thronfolger oder Offi- 
zier dazu benutzte, um die Last der Entscheidungen auf andere abzuwälzen. 
Bald darauf kam Wahnschaffe, auch rührend bemüht, meine Lage zu 
verstehen und zu erleichtern. Er wollte mir glaubhaft machen, und glaubte 
es auch selbst, daß es ihm in den letzten 24 Stunden gelungen sei, in der 
Kaiserfrage eine Beruhigung zu schaffen. 
Drews Mission war gescheitert. Er war zwar angehört worden, aber 
der Kaiser hatte seinen unbeugsamen Entschluß bekundet, nicht abzudanken. 
Prinz Max von Baden 36 561
	        
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