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vertretung wären,?) sodaß schon aus diesem Grunde die irr—
tümliche Gleichstellung des Bundesrates mit einem Oberhause
erklärlich ist.
Voraussetzung für die Anerkennung der Stellung des
Bundesrats als Reichsorgan ist die Annahme, daß das Reich,
was v. Seydel ja bestreitet, !) ein Bundesstaat sei. Steht
man auf dem Standpunkt des Staatenbundes, dann bleibt
allerdings nur noch übrig, den Bundesrat für einen Kongreß
der Vertreter der Verbündeten zu erklären und von einer Doppel-
natur abzusehen.
2. Entsprechend dem föderalistischen Element im Organis-
mus des Reiches und seiner Entstehung aus dem ehemaligen
Bundestage dient der Bundesrat, wie Laband 35) sagt, „zur
Ausübung und Geltendmachung der Mitgliedschaftsrechte der
einzelnen Bundesstaaten.“ 35) Ahnlich äußert sich Fürst Bismarck
in der Reichstagssitzung vom 1. April 1871, Sten. Ber. I, S. 95
bezüglich des Antrags des Abg. Schulze, den Ausdruck „Bundes-
rat" in „Reichsrat"“ abzuändern: „Der Bundesrat ist nicht
eigentlich eine Reichsbehörde, er vertritt das Reich als solches
nicht; das Reich wird nach außen durch den Kaiser vertreten,
das gesamte Volf wird durch den Reichstag vertreten; der
Bundesrat ist nach unserer Auffassung recht eigentlich eine
Körperschaft, in welcher die einzelnen Staaten zur Vertretung
gelangen, die ich nicht als zentrifugales Element, aber als die
Vertretung berechtigter Sonderinteressen bezeichnen möchte, und
wir halten diesem Berufe des Bundesrates gerade das Wort
33) Art. 12, 13 Reichsverfassung.
34) Vgl. Seydel, Komm., S. 123 f., Jahrb. III, S. 276, in Hirths.
Annalen 1876, S. 647. Bei seiner Theorie übersieht er jedoch die Macht-
mittel der Zentralgewalt.
35) Laband, Staatsr. I., S. 236.
36) Vgl. Herwegen, S. 32: „Die Stellung der deutschen Fürsten als
Träger der Reichsstaatsgewalt findet ihren rechtlichen Ausdruck in dem
ihnen zustehenden Mitgliedschaftsrecht im Bundesrate.“ Hier lebt die
einzelstaatliche Souveränität fort als Teil der Gesamtsouveränität des
Deutschen Reiches. „Innerhalb des Bundesrates findet die Sonveränität
einer jeden Regierung ihren unbestrittenen Ausdruck.“ (Bismarck im konst.
Reichstage des Norddeutschen Bundes am 27. März 1867, Sten. Ber.
S. 388.)
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