Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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glaubte solchem Ziele sicher entgegensehen zu dürfen, denn 
bis zum Mittag gelang es der rechten Gruͤppe der dritten 
Armee, den Feind vor ihrer Front und bei Mailly zu 
werfen, während die linke Gruppe dem überlegenen Geg- 
ner erfolgreich standhielt. 
Da traf, nachdem 7,3 Uhr früh beim Oberkommando 
der dritten Armee ein mitgehörter Funkspruch vom Ober- 
kommando der zweiten Armee an das der ersten Armee 
— ab 1,18 Uhr früh —, lautend: „Rechter Flügel zweiter 
Armee 9. September nach Margny zurückgenommen. Garde- 
Kavalleriedivision hielt bis 8. September abends noch die 
Dollan“ — bekannt geworden war, unerwartet 1,20 Uhr 
nachmittags die Mitteilung der zweiten Armee in Chälons 
ein, als Funkspruch 11 Uhr vormittags an Oberkommando 
der dritten Armee aufgegeben: 
„Zweite Armee einleitet Rückmarsch, rechter Flügel 
Damery.“ 
Das Oberkommando der dritten Armee antwortete 2 Uhr 
nachmittags an das Oberkommando der zweiten Armee: 
„Kampf steht vor der Front dritter Armee. Wie Eure 
Absicht? Euvy von uns genommen.“ 
Da der Abzug der zweiten Armee nicht ohne Rück- 
wirkung auf die dritte Armee bleiben konnte, erließ das 
Oberkommando der dritten Armee 2,15 Uhr nachmittags 
einen die rückwärtigen Verbindungen betreffenden Armee- 
befehl, wonach das Abschieben der Bagagen und nicht für 
das Gefecht nötigen Kolonnen und Trains sofort nach 
Eingang des Befehls zu beginnen habe. 
Gleichzeitig wurde Befehl gegeben, daß eine Kompagnie 
des Pionierregiments 23 mit dem Korpsbrückentrain des 
XIX. Armeekorps eine Kolonnenbrücke über die Marne 
zwischen Chälons und Matougues schlagen sollte. Als ge- 
eignete Stelle hierfür war durch den General der Pioniere 
beim Oberkommando der dritten Armee die Gegend zwi- 
schen St.-Gibrien—Recy erkundet worden. Infolge um- 
sichtiger Anordnungen, z. B. Abladen des Korpoöbrücken- 
traino durch das Begleitkommando an der Brückenstelle, 
Entgegensenden der leeren Fahrzeuge zur Pionierkompagnie, 
um die Mannschaften schneller an die Brückenstelle zu 
bringen, gelang es bis 9 Uhr abends, die Brücke fertig- 
zustellen. 
5,30 Uhr nachmittags traf vom Oberkommando der 
zweiten Armee der 2,45 Uhr nachmittags ausgefertigte 
Funkspruch ein: „Erste Armee geht zurück. Zweite Armee 
einleitet Rückmarsch Dormans—Tours. Rückzugsbefehl an 
Kirchbach ergangen.“ Hiervon war das Oberkommando der 
dritten Armee schon 3 Uhr nachmittags vom Xll. Reserve- 
korpo unterrichtet worden, mit dem Hinzufügen, daß nach 
diesem Rückzugsbefehl der zweiten Armee das XII. Reserve- 
korpo den Abmarsch 1 Uhr nachmittags anfangend mit 
dem linken Flügel antreten sollte. Da dieser Zeitpunkt 
aber weit überholt sei, werde der linke Flügel des XII. Re- 
servekorps mit dem Abmarsch 4,30 Uhr nachmittags be- 
ginnen. 
Danach steht fest, daß der Entschluß der 
zweiten Armee, der für die ganze deutsche Hee- 
resfront von weittragendem Einfluß war, und 
der für die halbe dritte Armee bereits für 
1 Uhr nachmittags Anordnungen traf, die emp- 
findlich in die Rechte des Oberbefehlshabers 
der dritten Armee eingriffen, erst 2,45 Uhr 
nachmittags dem Oberkommando der dritten 
Armee, und zwar nicht auf zuverlässigstem 
Wege, sondern bloß durch zeitraubende Fun- 
kervermittlung bekanntgegeben worden ist. 
Es blieb dem Oberkommando der dritten Armee nun 
nichts weiter übrig, als — wenn auch mit äußerstem 
Widerstreben — nunmehr die für das Ausweichen der 
dritten Armee hinter die Marne erforderlichen Anordnungen 
zu treffen und auch der linken Gruppe den Befehl zum 
Abmarsch in nördlicher Richtung zu geben. Nach diesem 
5,30 Uhr nachmittags ausgegebenen Befehl sollten starke 
Nachhuten den Sommeabschnitt und die Linie Soudé— 
Coole—Maisons-en-Champagne halten, während die Gros 
in der Nacht die Linie Trécon—Vatry—Cheppes erreichen 
sollten. Von diesem Entschluß wurde 6,30 Uhr nachmittags 
die Oberste Heeresleitung durch Funkspruch verständigt. 
Beim Rückmarsch traten die 32. Infanteriedivision und 
die 23. Reservedivision wieder in den Verband ihrer Armee- 
korps zurück. Das bedingte für beide Divisionen Kreuz- 
märsche bei Dunkelheit in Reichweite des Feindes. Daß 
das Oberkommando wagen konnte, sie anzuordnen, und 
daß die Generalkommandos und die Divisionen sie reibungs- 
los und ohne jede Störung durch den Feind ausführten, 
ist der beste Beweis, daß die Sachsenarmee die Lage 
vollständig beherrschte. 
Im einzelnen vollzog sich der Abmarsch vom Schlacht- 
felde wie folgt. 
Der Rückmarsch 
Das XII. Reservekorps sollte seine Divisionen als rechter 
Armeeflügel an der Straße Normée —Cheniers, die 23. 
nördlich der 24. Reservedivision, versammeln. Letztere hatte 
eine Nachhut nördlich der Somme im Raume von Cla- 
manges zu belassen und den Schutz der durch den bereits 
erfolgten Abmarsch der Garde entblößten Armeeflanke zu 
übernehmen. 
Das XII. Armeekorps sollte sich als Armeemitte am 
Soudélauf um Vatry und nördlich davon vereinigen. 
Das XIX. Armeekorps hatte zunächst noch in seinen 
bisherigen Stellungen zu verbleiben. Der Befehl zum 
Abmarsch über Maisons-en-Champagne wurde entsprechend 
geändert. 
Die Durchführung des Gefechtsabbruchs geschah, da 
der Feind vor dem rechten Flügel und vor der Mitte 
der Armee entschieden geschlagen war, ohne Schwierig- 
keiten. 
Die 24. Reservedivision ging etwa von 4,30 Uhr nach- 
mittags ab zurück, belegte mit ihrem Gros den Naum 
von Trécon und beließ eine starke Nachhut an der Somme. 
Die 32. Infanteriedivision machte mit dem Gros bei 
Villeseneux—Soudron, mit der Nachhut auf den Höhen 
nördlich von Lenharrée und Haussimont Halt. 
Die 23. Reservedivision ging bei Einbruch der Dunkel- 
heit über Vatry auf Cheniers und Thibie zurück und 
ruhte dort etwa von 2 Uhr nachts ab. Ihre Nachhut 
beließ das Reservejägerbataillon 12 nördlich von Somme- 
sous. Es sicherte dort in der Lücke zwischen den beiden 
Divisionen des XII. Armeekorps. 
Die 23. Infanteriedivision ging auf Befehl ihres Ge- 
neralkommandos auch erst nach Einbruch der Dunkelheit 
zurück, nächtigte mit dem Gros im Raume von Bussy- 
Lettrée und hielt mit ihrer Nachhut — Jägerbataillon 11 
mit einer Batterie — die Linie Sommesous—Soudé. 
Am nächsten Morgen schob sich die 23. Reservedivision 
von Cheniers—Thibie auf Befehl des Oberkommandos mehr 
nach Westen in den Naum von Trscon—Chaintrir— 
Thibie—Pocancy—Champigneul und bildete hier eine Auf- 
nahmestaffel für die 24. Neservedivision. Sie vertiefte 
so den Schutz der bedrohten rechten Armeeflanke. 
Sie ließ vor dem Abmarsch von Cheniers die 32. In- 
fanteriedivision durchziehen. So geschah die Wiederher- 
stellung der ursprünglichen Verteilung der drei Korps, 
rechts das Reservekorps und in der Mitte das XII. Armee- 
korpo, ohne jede Reibung. 
Der Feind störte den Abmarsch nicht. Die Meldungen 
während der Nacht besagten, daß auch der Feind an 
mehreren Stellen der Front ein Stück zurückgegangen
	        
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