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Die erste Armee (I., V., X. Armeekorps und 2 Kaval-
leriedvissonen, unter dem General d. Kav. Dankl) im
Sanwinkel nordöstlich von Tarnow.
Anschließend stand an der schlesisch-polnischen Grenze
das deutsche schwache Korps v. Kummer und weiter
nördlich das Landwehrkorps v. Woyrsch, beide zu ge-
meinsamem Wirben mit der österreichisch-ungarischen
Heereosmacht bestimmt.
Die beiden Armeen v. Auffenberg und Dankl drangen
im letzten Drittel des August in Südpolen ein, um die
Buglinie zu gewinnen und den erhofften Vorsprung in
der Kriegsbereitschaft, den man auch bei der österreichisch-
ungarischen ebenso wie bei der deutschen Heeresleitung
auf mehr als einen Monat berechnet hatte, auszunutzen.
Dankl schlug vom 23. August ab die Russen bei Kraonik
in dreitägiger Schlacht und drängte sie bis zum 31. August
auf Lublin zurück. Auffenberg besiegte die russische Armee
Plehwe am 26. August im Raume südlich von Cholm
und zwang sie im Verein mit der heranrückenden Armee-
abteilung des Erzherzog Josef Ferdinand in den Tagen
vom 29. bis 31. August zum Rückzug von Komarow
ostwärts. 30 000 Gefangene, 200 Geschütze und zahl-
reiches Kriegsmaterial blieben in der Hand der Sieger.
Inzwischen hatten aber drei starke russische Armeen unter
den Generalen Rußki, Iwanow und Brussilow — zu-
sammen 750 O00 Mann — die konzentrische Vorwärts-
bewegung auf Lemberg von Nordosten, Osten und Süd-
osten begonnen.
Die bis auf etwa 240 000 Mann verstärkten öster-
reichisch-ungarischen Armeen 2 und 3 rückten ihnen bie
Zolkiew (linker Flügel) und bis in den Raum westlich von
Zloczow—Brzezany (rechter Flügel) entgegen. Am
26. August kam es zum Kampfe gegen zunächst etwa
350 000 Russen. Die etwa 80 Kilometer breite öster-
reichisch-ungarische Front wurde auf einem Bogen von
140 Kilometern von der russischen Ubermacht von Kampf-
beginn an umfaßt. Die Russen drückten die österreichisch-
ungarischen Kavallerieflügel nach und nach zurück und
durchbrachen schließlich bei Zloczow am 27. August die
Kampffront zwischen dem III. und dem XII. Armeekorps.
Der linke österreichisch-ungarische Schlachtflügel, die dritte
Armee, wurde zunächst näher an Lemberg zurückgenommen.
Gegen den russischen rechten Umfassungsflügel wurde heran-
geholt, was möglich war, so die 23. Honveddivision und
eine Landsturmbrigade. Das III. und Xll. österreichisch-
ungarische Armeekorps wehrten sich gegen s russische Korps,
welche eine weit überlegene Artillerie vorzüglich unterstützte,
bis zum 30. August mit bewundernswerter Aucdauer.
Aber nach stägigem Kampfe wurde die österreichisch-
ungarische Armee zum Jurückgehen auf Lemberg gezwungen.
Der rechte österreichisch-ungarische Schlachtflügel, die frühere
Armceabteilung v. Köveß, war zwar inzwischen durch s Divi-
sionen aus Serbien zur zweiten Armee verstärkt worden.
Diese war anfangs auch erfolgreich, vermochte aber schließ-
lich doch nicht, eine günstigere Wendung der Gesamtlage
herbeizuführen, ebensowenig änderten daran einzelne Teil-
erfolge auf der österreichisch-ungarischen Nordfront. Das
Stärkeverhältnio war eben zu ungleich.
In kühnem Enischluß löste die österreichisch-ungarische
Heeresleitung die vierte Armee v. Auffenberg von ihrem
bisherigen Gegner ab und setzte sie über Rawa Ruska auf
das bedrohte Lemberg hin in Bewegung. Nur der Erzherzog
Josef Ferdinand wurde mit 4 Infanterie= und 2 Kavallerie-
divisionen bei Grubieszow gegen Plehwe belassen.
v. Auffenberg rückte am 6. September an den linken
Flügel der dritten österreichisch-ungarischen Armee heran.
Hinter dem Wereszyca-Abschnitt standen nunmehr die zweite,
dritte und vierte österreichisch-ungarische Armee zu erneutem
Vorgehen bereit. Doch die feindliche UÜberlegenheit war
zu ungeheuer. Sie erlaubte den Russen, die drei österreichisch-
ungarischen Armeen in der Front zu fesseln, ihre Flügel zu
umwickeln und durch doppelte Umfassung von Stellung
zu Stellung zurückzudrücken. Auch Dankl mußte nach
schwerem Kampfe mit weit überlegenen feindlichen Kräften
schließlich den Rückzug antreten und näherte sich am 9. Sep-
tember wieder der galizischen Grenze, ihm angeschlossen die
deutschen Verbündeten unter den Generalen v. Woyrsch und
v. Kummer.
So stand die österreichisch-ungarische Heeresleitung in der-
selben Zeit, in der im Westen der Abbruch der deutschen
Offensive erfolgte, vor der Entscheidung, ob sie die Schlacht
bei Lemberg durchführen oder unter Preisgabe des Haupt-
teils von Galizien das österreichisch-ungarische Feldheer zu-
nächst vom Feinde lolösen sollte. Ein den Feind vernich-
tender Sieg war angesichts der feindlichen Überzahl und
ihrer Gruppierung auageschlossen. So wählte die öster-
reichisch-ungarische Heeresleitung zum Heile des eigenen
und unseres Vaterlandes die Umgruppierung ohne vor-
herige Schlachtentscheidung. Sie führte das unbesiegte Feld-
heer von Abschnitt zu Abschnitt bis zum Karpathenkamm
und nach dem Westraum von Galizien zurück, willens, bei
günstigeren Stärkeverhältnissen von neuem zum Angriff
zu schreiten.
Zweifellos wuchs aber von Woche zu Woche die Gefahr,
daß es der russischen Ubermacht gelingen mußte, bei rück-
sichtsloser Fortsetzung der Offensive das österreichisch-unga-
rische Feldheer zur Entscheidungsschlacht zu zwingen. Deren
Auogang war, gemessen an den Kämpfen bei Lemberg,
kaum zweifelhaft. So entstand bei den Mittelmächten der
Plan „einer Offensive Hindenburgs von Oberschlesien aus
durch Südpolen über die Weichsel gegen den Rücken der
über den San folgenden russischen Kräfte“ (Kriegsberichte
aus dem Großen Hauptquartier, Heft 3, Seite 15).
Das war kurzgefaßt die sehr ernste Lage der Mittel-
mächte, als der Generaloberst v. Hindenburg die Verfolgung
Rennenkampfs vor dem Festungsbereich von Kowno und
Grodno abbrach, in der Erkenntnis, daß ein weiterer deut-
scher Vernichtungosieg dicht vor der russischen Festungofront
auf absehbare Zeit ausgeschlossen war. Aber nur die ger-
trümmerung der feindlichen Feldmacht durch Vernichtungs-
schlachten war von Anfang an der Leitstern Hindenburgschen
Feldherrntums.
Für das deutsche Ostheer konnten bis Ende September
insgesamt 275—300 0O00 Mann, bis Mitte Oktober ins-
gesamt 425000 Mann verfügbar gemacht werden. Auf
mehr war keinesfalls zu rechnen. Damit war ein russisches
Feldheer von mindestens 3 Millionen Feldtruppen erster
Linie zu bekämpfen. Eine Vernichtungsschlacht konnte deut-
scherseits deshalb nur herbeigeführt werden, wenn es gelang,
ein direktes Zusammenwirken mit dem österreichisch-ungari-
schen Feldheer zu erzielen. Im weiteren Verlauf fiel dabei
dem österreichisch-ungarischen Feldheer, höchstens 700 o00
Mann, das Vorgehen rechts der Weichsel und schließlich das
direkte Zusammenarbeiten mit der Hindenburg-Armee in
der Schlacht zu. Denn bei einer solchen Offensive war mit
Bestimmtheit darauf zu rechnen, das russische Feldheer
irgendwo in Südpolen im offenen Felde zur Schlacht zu
zwingen. Deren Ausgang schien unter Hindenburgs Leitung
nicht zweifelhaft.
Die ösierreichisch-ungarischen Armeen griffen gleichzeitig
mit dem deutschen Vorgehen auf ihrer ganzen Heeresfront
wieder an. Ihr äußerster rechter Flügel drang in der
Bukowina bis Czernowitz vor, die Mitte beiderseits des
Stryj und gegen den San, Przemysl wurde entsetzt und
auch der linke ösierreichisch-ungarische Flügel kam bis zum
Weichsel-San-Winkel in kraftvoller Offensive zunächst gut
vorwärts.