Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Die 8. Kavalleriedivision bei der 9. Armee in Polen 
Die 8. Kavalleriedivision wurde am 23. September in 
Ostpreußen in Korschen, Rastenburg und Lötzen auf die Bahn 
verladen und fuhr über Thorn— Kreuzburg nach Lublinitz 
und Czenstochau, wo sie am 24. und 25. September aus- 
geladen wurde. Bei der Division war auch in dem Polen- 
feldzug ihr treuer, in Kampf und Marsch bewährter Be- 
gleiter das tapfere ostpreußische Jägerbataillon 1. Ein neuer 
Feldzug auf völlig neuem Kriegsschauplatz lag vor ihr. 
Sie trat in die neugebildete neunte Armee unter General 
v. Mackensen über, welche zusammen mit der alten Hinden- 
burgarmee, der achten Armee, dem Generalfeldmarschall 
v. Hindenburg unterstand. Die 8. Kavalleriedivision ge- 
hörte dort, wie bei Kriegsbeginn in Lothringen, zu dem 
3. Heereskavalleriekorps. Vor dem linken Flügel der neun- 
ten Armee trat die 8. Kavalleriedivision am 27. Septem- 
ber den schnellen Vormarsch in nordöstlicher Richtung 
an. Der zunächst aus 6 russischen Kavalleriedivisionen 
bestehende Feind (dies war auc russischen Funksprüchen 
bekannt) ging, ohne ernsten Widerstand zu leisten, zurück. 
Aber die unergründlichen polnischen Wege gaben den 
todmüden Pferden bald den Rest; viele Pferde fielen, 
die Artillerie konnte nur noch Schritt fahren und muste 
mehrfach Fahrzeuge stehen lassen. So erreichte die Divi- 
sion am 28. Potrkow. Das überraschende Vordringen 
einer neuen Armee im südwestlichen Polen veranlaßte die 
russische Heeresleitung, stärkere Truppen dorthin zu werfen. 
Die 8. Kavalleriedivision erhielt den Auftrag, die von 
Warschau nach Motrokow und Lodz führenden Bahnen zu 
zerstören. Die Bahn Miotrkow—Warschau wurde be- 
reits in der Nacht zum 29. September erfolgreich unter- 
brochen. Kosaken und Nadfahrerabteilungen wichen nord- 
wärts aus. 
Tatsächlich standen vor Ende September zunächst nur 
6 russische Kavalleriedivisionen in Südpolen, die unter 
schweren Verlusten überall zurückgedrängt wurden. Aber 
inzwischen waren starke russische Kräfte aus Galizien nach 
Südpolen gezogen worden. Deren Vorhuten wurden am 
4. Oktober östlich Opatow über die Weichsel zurückgeworfen. 
Die Russen versuchten dann in der Zeit vom 8. bis 20. Ok- 
tober beiderseito von Iwangorod an fünf Stellen die Weichsel 
zu überschreiten, wurden aber mit großen Verlusten daran 
verhindert. 
Diese Ereignisse spielten sich rechts der 8. Kavallerie- 
division ab. In den ersten Oktobertagen schob sich die 
S. Kavalleriedivision stetig nordostwärts vor, hinter bzw. 
südlich von ihr erreichte die neunte Armee mit ihrem linken 
Flügel Nowo-Radomek (35. Reservedivision). Die nächsten 
Tage vergingen mit Unternehmungen gegen die russischen 
Bahnen am Bahnknotenpunkt Koljuszki (Gleisdreieck von 
Zakowice) und nördlich. Uber den Feind wurde festgestellt, 
daß er Radom und Skiernewice besetzt hatte. Die Fern- 
aufklärung der Division lief über Rawa bis auf Warschau. 
Die Hauptkräfte der Division gingen währenddem auf To- 
maszow ver, das am 3. Oktober erreicht wurde. Am 4. Ok- 
tober wurde von Rawa aus die Aufklärung gegen den 
Weichselabschnitt von der Pilicamündung bis Warschau an- 
gesetzt und am §. Oktober vormittags Biala erreicht. Bei 
Skiernewice und Grojec schanzten die Russen eifrig, doch 
blieb der Eindruck bestehen, als zögen die Hauptkräfte der 
Russen ab. Das Wetter klärte am s. Oktober auf. Tags 
darauf verstärkten sich die Russen in Skiernewice von War- 
schau ber mittels der Bahn beträchtlich. Der Zustand der 
Pferde wurde besorgnigerregend. Eitwa 25 Pferde fielen bei 
jedem Regiment täglich an Entkräftung. Patrouillen und 
Meldereiter gerieten in Gefangenschaft, weil ihre Pferde 
bewegungslos wurden. Meldung darüber erging am 7. Ok- 
teber an das Kavalleriekorps. 
Die Kriegslage vor der 8. Kavalleriedivision war in- 
zwischen die folgende geworden. Die Russen hatten mit der 
Bahn sehr starke Kräfte herangeführt, die brückenkopf- 
artige Stellung Lowicz—Ski ic—Grojec—ilicamü 
dung sehr stark ausgebaut und beabsichtigten mit 10 Armee- 
korps von Nowo Georgiewwsk her die linke Flanke der Deut- 
schen vor Warschau zu umfassen, während sie mit fünf 
Armeekorps deren Front an der Weichsel ober= und unter- 
halb von Iwangorod festhielten. 
Diese Verhältnisse entschleierten sich der aufklärenden 
Kavallerie naturgemäß erst ganz allmählich. 
Am 8. Oktober sollten die Bahnen von Skiernewice und 
Lowicz auf Warschau zerstört werden. Die Zerstörung dieser 
Bahnen war von größter Wichtigkeit. Da sich die Ver- 
suche hierzu durch Sprengpatrouillen angesichts des starken 
Bahnschutzes als undurchführbar erwiesen, wandte sich die 
Division, welche bereits die Rawka überschritten und Biala 
erreicht hatte, nach Norden, um die Bahnzerstörung nötigen- 
falls mit Gewalt durchzusetzen und die bedrohte linke Flanke 
der Armee zu decken. 
Am Nachmittag des 9. September gelang der Patrouille 
Moltke des Gardereiterregiments eine Bahnsprengung 2 km 
südwestlich des Bahnhofes von Radziwilow an der Strecke 
Skiernewice—Warschau. An diesem, wie auch schon am 
vorhergehenden Tage kämpfte die Division erfolgreich gegen 
die beiderseits der Nawka östlich Sbiernewice stehende feind- 
liche Infanterie im Feuergefecht. Der Feind mußte die 
Bahn aufgeben und zog sich in östlicher Richtung zurück. 
Dabei konnte festgestellt werden, daß die Diovision zwei 
Infanteriebrigaden gegenüber gehabt hatte. 
Am 12. Oktober erreichten dann zwei Landwehrinfanterie- 
brigaden den Nawkaabschnitt bei Skiernewice und Lowicz 
und bildeten fortan einen Rückhalt für die 8. Kavallerie- 
division, welcher die Bahnzerstörung zwischen Blonie und 
Warschau und die Aufklärung weichselabwärts big Nowo 
Georgiewsk nunmehr zufiel. Es regnete den ganzen Tag. 
Auf grundlosen Wegen durch die Wälder nordöstlich Skierne- 
wice, auf denen die Geschützräder bis über die Achsen im 
Schlamme versanken und die Kolonnen stecken blieben, 
wurde Wikitki und endlich westlich Blonie die zweite Bahn- 
linie erreicht. 
Die Division stand nunmehr unmittelbar vor der Haupt- 
verteidigungolinie der ehemaligen russischen Hauptfestung 
Warschau, vor der sogenannten Bloniestellung. Unbegreif- 
licherweise hatten die Russen in den Jahren 1911—1914 
ganz heimlich die riesigen betonierten Verteidigungsanlagen 
gesprengt, in der Absicht, bei einem Krieg mit Deutschland 
die Hauptwiderstandslinie viel weiter östlich, in der Linie 
Kowno—Grodno—Brest Litowök zu nehmen. Erst 1914 
war unter französischem Einfluß die Heeresversammlung 
dicht an die Weichsel vorverlegt und nunmehr in großer 
Hast die Wiederherstellung von Warschau als großer be- 
festigter Waffenplatz beschlossen worden. So entstand kurz 
vor und noch zu Beginn des Kriegs auf den Betontrümmern 
der von den Russen voreilig selbst zerstörten Warschauer 
Forts eine neue Fesiung. Diese Verhältnisse waren übrigens, 
ein Zeichen unseres mangelhaften Nachrichtemwesens hin- 
sichtig der Befestigungsanlagen unserer mutmaßlichen Geg- 
ner, in Berlin ebenso unbekannt geblieben wie die Anlage 
von Betonstellungen zwischen Epinal und Naney, vor denen 
die deutschen Armeen 6 und 7 Ende August 1914 fest- 
fubren. 
Doch zurück zur 8. Kavalleriedioision. 
 
	        
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