Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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1. Verbindung mit Reserveinfanterieregiment 91 persön- 
lich aufgenommen, linker Flügel 91: 6. Kompagnie 
(Leutnant Kasten, Bataillon von Maien). 
. Linker Zug 6. 91 und rechter Flügel 134 vollständig 
eingeebnet, voller Leichen, dadurch eine Lücke von über 
100 m entstanden. 
Bitte dringend um mindestens zwei Züge mit tüch- 
tigen Führern, um Schützengraben Neserveinfanterie- 
regiments 91 wieder herzustellen und die Stellung be- 
setzen und halten zu können., 
Ein Maschinengewehr sehr erwünscht. 
. Halte vorläufig durch Zug Kleeberg Verbindung mit 
Reserveinfanterieregiment 91 aufrecht. Stellung liegt 
noch unter schwerem Artilleriefeuer. 
Schwefelschloß ist in unserem Besitz. gez. Ehlert. 
Inzwischen hatte ich bereits von Leutnant Wiedemann 
möündlich Meldung erhalten, daß Sappe 8 und Trichter= 
stellung fest in unserer Hand seien. 9,30 Uhr hatten die 
Engländer einen zweiten energischen Vorstoß gegen die Ab- 
schnitte s und 7 gemacht, der vollständig in unserem In- 
fanterie= und Maschinengewehrfeuer zusammenbrach. 3 Uhr 
morgens war die Lage geklärt. Es stand zu dieser Zeit im 
Abschnitt 4 die Kompagnie Ehlert, bestehend aus den Resten 
der 7. Kompagnie Infanterieregiments 134 und Leuten des 
III. Bataillons Infantericregiment 134. In den Spreng- 
trichtern waren Teile der 7., 8. und 9. Kompagnie unter 
Führung des Leutnants Wiedemann, im Abschnitt s stand 
die 8. Kompagnie mit Teilen des III. Bataillons Infan= 
terieregiments 134 unter Führung des Leutnant Sonntag. 
Den Abschnitt 6 hielt die 5. Kompagnie unter Führung des Leut- 
nants Piehler. Im Abschnitt 7 war die ö. Kompagnie unter Füh- 
rung des Leutnants Spanier. Auch diese beiden Kompagnien 
waren untermischt mit Teilen des III. Bataillons Infanterie= 
regimente 134. Im Deckungsgraben waren 4 Züge deo III. Ba- 
taillono neu formiert worden. Zur Verbindung mit dem 
I. Bataillon Infanterieregiments 134 war ein JZug der 
. Kompagnie 134 eingesetzt worden. Auf dem rechten 
Flügel des Regimentsabschnittes hatte auf meinen Befehl 
die Kompagnie Ehlert ihre Stellung um 150 m nach Norden 
auogedehnt, um die Verbindung mit Reserveinfanterieregi- 
ment 91 herzustellen. Die 11. Kompagnie Infanterieregi- 
ments 134 verblieb in Canteleux zur Verfügung des Ab- 
schnittsbommandeurs. 
Über den Angriff der Engländer an diesem Tage ist im 
einzelnen noch folgendes zu erwähnen: 
Bei Abschnitt 6 und 7, wo der Feind verhältnismäßig 
weit entfernt war (200 bis 300 m), ging er zum Angriff 
mit dichten Schützenlinien (etwa 1 Schritt Zwischenraum) 
vor, gefolgt von geschlossenen Zügen in Gruppenkolonne. 
An der Trichterstellung dagegen, wo die beiden Stellungen 
dicht voreimander lagen, wurden nur geschlossene Züge ohne 
Schützenschleier davor verwendet. Besonders gut vorbereitet 
und durchgeführt war der Angriff auf den Sprengtrichter 
in Abschnitt 7. Im Laufe des Nachmittags bearbeiteten 
die Engländer planmäßig die Stellung, von Sappe 13 aus- 
gebend und in südöstlicher Richtung fortschreitend. Mit 
Flachbahn= und Steilfeuergeschützen wurde die Stellung in 
der Weise beschossen, daß die gesamte Grabenbesatzung nach 
und nach auf den gewünschten Punkt, wo der Engländer 
sprengen wollte, zusammengedrängt wurde. Als dann die 
Sprengung erfolgte, wurde hier naturgemäß eine große 
Anzahl Mannschaften verschüttet. Das Vorgehen der Eng- 
länder erfolgte im Schritt, langsam und phlegmatisch, die 
Leute machten den Eindruck von Betrunkenen. Hin und 
wieder legten sie sich hin und feuerten. Ein Sprung ist 
nirgends gesehen worden, dagegen war das Vorgehen in 
kleine Gruppen zerlegt, so daß immer nur gebrochene Linien 
sichtbar wurden. 
Die Artillerieunterstützung bei uns war eimvandfrei. Wäh- 
n □ 
* 
rend des englischen Trommelfeuers war unser eigenes Trom- 
melfeuer mindestens ebenso wirkungsvoll; später dann beim 
Vorgehen der Engländer zeigte sich der Wert der Artillerie= 
beobachter in den vordersten Gräben in besonderem Maße: 
Wo sich Kolonnen zeigten, wurden sie sofort unter Feuer 
genommen und meistens vernichtet. Von den Engländern, 
die in den vorderen Wellen zum Angriff eingesetzt waren, 
ist kaum jemand lebend davongekommen. Es wurde alles 
in wohlgezieltem Infanterie= und Maschinengewehrfeuer zu- 
sammengeschossen. Die weiteren Unterstützungen wurden 
teilg durch Infanteriefeuer auf etwa 500 m, teils, wie bei 
Festubert, durch Feuer der schweren Artillerie unter schweren 
Verlusten aufgehalten. Beim Herauötreten starker Kräfte 
aus letztgenanntem Orte wirkte unsere Artillerie geradezu 
verheerend. Besonders anzuerkennen ist das unmittelbare 
Einsetzen unseres eigenen Artilleriefeuers aus 13 Batterin 
auf einen einzigen Fernruf hin. Das Zusammenarbeiten 
zwischen Infanterie und Artillerie war hervorragend. 
Durch den Umstand, daß nur ein einziger, sehr langer 
Verbindungsgraben vorhanden war, wurde die Lage in 
vorderster Stellung sehr erschwert. Die Schwerverwundeten 
konnten nur mit Mühe zurückgebracht werden, ebenso ge- 
staltete sich auch das Heranführen von Munition, Ver- 
pflegung, Handgranaten, Pionieren, Unterstützungen usw. 
äußerst schwierig, zumal der Graben auch bei Nacht ständig 
unter Artilleriefeuer lag. Nach Einbruch der Dunkelheit 
war dieser Graben stets gedrängt voll. Sich begegnende 
Abteilungen riefen Stockungen hervor, und es entstanden 
Schwierigkeiten, die auf die Gefechtskraft der Truppe schwer 
schädigend einwirkten. Vor allen Dingen fehlte es an Wasser 
und Verpflegung, obgleich frühzeitig alles getan war, um 
beides in reichlichem Maße bereitzustellen. Diese Ungunst 
der Stellung hatte zur Folge, daß die Unterstützungen, 
die pünktlich eintrafen, zugsweise eingesetzt werden mußten, 
so daß bereits an diesem ersten Abend ein vollständiges 
Vermischen der Verbände eintrat. Trotzdem lief das Ge- 
fecht an diesem Tage uhrwerksmäßig, fast wie im Frieden 
ab. Befehle, Meldungen und Reserven trafen rechtzeitig 
ein. Obgleich die Engländer an mehreren Stellen in unsere 
Gräben eingedrungen waren, herrschte nirgends die geringste 
Unsicherheit. 
Die Verluste an diesem Tage waren sehr hoch, fast aus- 
schließlich durch Artilleriefeuer, Verschüttung und Spren- 
gung. Verluste durch Infanterie= und Maschinengewehr- 
feuer sind kaum eingetreten. Von den Offizieren des II. Ba- 
taillons waren nur noch zwei vorhanden. Dao Bataillon 
hatte durch Trommelfeuer, Hunger, Durst und Hitze stark 
an Gefechtskraft eingebüßt. Die Gräben waren teils ver- 
schüttet, teils voller Leichen. Zur Wiederherstellung der Ord- 
nung hatte ich bereits am Abend des 15. Juni Pioniere 
und Teile des Infanterieregiments §7 zu Schanzarbeiten 
beantragt. Diese trafen pünktlich ein und leisteten gute 
Dienste. Trotzdem war es natürlich nicht möglich, Schützen-, 
Verbindungs= und Deckungsgräben auch nur einigermaßen 
wieder herzustellen. Das Zurückbringen der Toten und zum 
großen Teil auch der Verwundeten war namentlich in Er- 
mangelung der rückwärtigen Verbindungen unmöglich. Die 
Unterstände waren fast sämtlich verschüttet. 
Am 15. Juni 4 Uhr morgens erwartete ich erneuten eng- 
lischen Angriff, gestützt auf die Ausfagen eines gefangenen 
englischen Offiziers. Auch dieser Angriff war mit starken 
Kräften gegen meine ganze Front angesetzt worden. Er 
brach aber in unserem Infanterie= und Maschinengewehr- 
feuer sofort zusammen. Darauf setzte 4,30 Uhr vormittags 
schweres Artilleriefeuer ein, dauerte den ganzen Tag an, 
mit einer Pause von 10,30 Uhr vormittags bio 12,30 Uhr 
nachmittags, und erreichte, wieder sich steigernd, s Uhr 
abends seinen Höhepunkt. Die feindliche Feldartillerie schoß 
nicht mehr. Dagegen war das Feuer der schweren eng-
	        
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