Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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schwerer feindlichen Batterien 70 Volltreffer. Zwei Ge- 
schütze mußten, stark beschädigt, auf Wagen zurückgeschafft 
werden. Aber bereits am nächsten Tage ging die Batterie 
an anderer Stelle wieder in Stellung. Nach mehrfachem 
Stellungswechsel erlitt sie am 25. September durch feind- 
liche Gasgranaten den Verlust von 8 Mann tot, 1 Offizier 
und 12 Mann infolge Gasvergiftung außer Gefecht gesetzt. 
Tags darauf mußten die Beobachtungsstellen der Batterie 
geräumt werden, da die feindliche Infanterie zum Angriff 
vorging und nach furchtbarer feindlicher Feuerwirkung 
von eignen Truppen weit und breit nichts Lebendes mehr 
zu sehen war. 
Das gesamte Kartenmaterial wurde rechtzeitig vernichtet, 
das Scherenfernrohr geborgen. Der Gesamtverlust der Bat- 
terie vom 13. Mai bis 19. Oktober betrug: 1 Offizier und 
13 Mann tot, 3 Offiziere, 34 Mann verwundet bzw. durch 
Gas vergiftet, 4 Geschütze völlig unbrauchbar und 3 Ersatz- 
geschütze stark beschädigt. 
Die 6. Batterie Fußartillerieregiments 19, die 
bereits im März bei Neuve-Chapelle und La Bassée und 
im Mal bei Fromelles den Ansturm der Engländer hatte 
brechen helfen, befand sich bei der §. bayerischen Re- 
servedivision nördlich von Neuville-Vitasse, als die Herbst- 
offensive einsetzte. Die Verhältnisse, in die die Batterie 
versetzt war, waren die denkbar schwierigsten. Völlig dek- 
kungsloses Gelände, auf dem nichts hatte vorbereitet wer- 
den können, wurde der Batterie als Feuerstellung zuge- 
wiesen; im feindlichen Vorbereitungsfeuer mußte die Feuer- 
stellung geschaffen werden; die Eigentümlichkeit des Ge- 
ländes zwang den Batterieführer zur ausschließlichen Be- 
obachtung aus Sappenköpfen und Horchpostenlöchern der 
Infanterie; die Quartiere lagen fast 20 Kilometer hinter 
der Feuerstellung. Zu alledem befand sich, als der feind- 
liche Angriff einsetzte, die Batterie gerade in der Umbewaff- 
nung und mußte neben den bisherigen vier schweren Feld- 
haubitzen 02 noch die neuen schweren Feldhaubitzen 13 be- 
setzen, die bei Boisleux-au-Mont in Stellung gebracht wur- 
den. Am 22. September erhielten die Infanteriestellungen 
stärksies feindliches Artilleriefeurr. Die Beobachtungssieile, 
die völlig zusammengeschossen und deren Ausgänge ver- 
schüttet wurden, mußte während des feindlichen Trommel- 
feuers verlegt werden, aber die Batterie beantwortete mun- 
ter mit Gaogranaten das feindliche Trommelfeuer, das dar- 
aufhin aussetzte und bio zum Abend schwieg. Am 25. Sep- 
tember setzte es wieder ein, etwa 40 Ooo Schuß fielen allein 
auf Beaurains und die anschließenden Gräben. Die 6. Bat- 
terie legte, als der feindliche Infanterieangriff begann, 
Sperrfeuer hinter die feindliche Sturmtruppe, innerhalb 
einer Stunde mit den 4 schweren Feldhaubitzen o#2 allein 
620 Granaten. Dabei wurde ihre S:ellung von der feind- 
lichen Artillerie erkannt und von mehreren Steilfeuer- 
batterien alsbald mit einem. Geschoßhagel überschüttet. Die 
Batterie wehrte sich tapfer. Als Munitionsmangel drohte, 
kamen die Munitionswagen im Galopp, den feindlichen 
Feuerriegel durchbrechend, bis an die Geschütze heran. Die 
Batterie ging am 26. September, nachdem sie vier Voll- 
treffer in die Geschützsiände erhalten hatte und auch der 
Fernsprechraum durch Volltreffer völlig zerstört worden 
war, in ihre neue, einige Hundert Meter weiter rückwärts 
gelegene Stellung in der Nordostecke von Neuville-Vitasse. 
Vorher verfeuerte sie bei einem erneuten feindlichen An- 
sturm in 20 Minuten noch 224 Granaten. Bis zu ihrer 
Rückkehr zum XIX. Armeekorps am 28. Oktober beteiligte 
sich die Batterie dann hauptsächlich und mit Erfolg an 
der Bekämpfung feindlicher Minenwerfer, die unserer In- 
fanterie besonders lästig wurden. 
Die 7. Batterie Fußartillerieregiments 19 be- 
teiligte sich beim IV. Armeekorps nordwestlich von Lens an 
der großen Herbstschlacht 1915. Bei dem Hauptangriff der 
Engländer am 25. September gegen die Schützengräben der 
117. Infanteriedivision und gegen den rechten Flügel der 
7. Infanteriedivision wurden die vorgehenden Engländer 
von der Batterie unter außerordentlich wirksames Feuer 
genommen. Da die Artillerie der 117. Infanteriedivision 
bei Loos in die Hände der Engländer gefallen war, und 
die Feldartillerie der 7. Infanteriedivision sich verschossen 
hatte, wurden die starken Massen der Engländer, welche 
deren vorderen Angriffswellen folgten, lediglich von dieser 
einen Batterie beschossen. Der Beobachtungsoffizier der 
Batterie auf dem 52 Meter hohen Schornstein auf Kohlen- 
grube 14 leitete unerschütterlich das Feuer, obwohl sein 
Standort im schwersten feindlichen Feuer lag. Die Ver- 
luste des Gegners, die man deutlich übersah, waren ent- 
setzlich, in drei Stunden waren aber auch 880 schwere Gra- 
naten in dessen dichte Massen geschleudert worden. 
Am folgenden Tage schoß dann die Batterie zwei offen 
aufgefahrene englische Batterien mit Präzisionsfeuer Ge- 
schütz nach Geschütz und Munitionswagen nach Munitions= 
wagen zusammen. — 
Die Pioniere 
Allgemein anerkannt wurden bei sämtlichen Truppen 
die Leistungen der vom XIX. Armeekorps abgegebenen Pio- 
nierkompagnien. Sie hatten besonders Gelegenheit, 
sich beim Ausbau der wiedergewonnenen Prinz-Neuß-Stel- 
lung und der Werke von Erurie zu betätigen. Sie ver- 
loren dabei 1 Offizier tot und 3o Mann verwundet. 
Der Tätigkeit der Artillerie und der Pioniere soll in einem 
besonderen, zusammenfassenden Abschnitt am Ende des 
Buches noch gedacht werden. 
Rückblick auf die Tätigkeit des XIX. Armeekorps 
im Kriegsjahr 1015. 
Wir haben etwa die Hälfte der Infanterie, Teile der 
Pioniere und Artillerie sowie 3 Brigadestäbe des XIX. 
Armeekorpo bei der erfolgreichen Abwehr der mit vierfacher 
Uberlegenheit unternommenen französisch-englischen Durch- 
bruchoversuche zwischen Arras und dem La Basse-Kanal in 
den voranstehenden Einzeldarstellungen bewundert. 
Auf der Front des XIX. Armeekorps erfolgte am 25. Sep- 
tember ein Gasangriff, aber die Rauchwolken strichen in 
der Längorichtung der feindlichen Gräben ab, und der 
Infanterieangriff unterblieb. 
Im Herbst wurde das bis dahin nördlich des XIX. Armee- 
korps eingesetzte II. bayrische Armeekorps in das Groß- 
kampfgebiet bei Souchez überführt. An deren Stelle traten 
die 117. und die im folgenden Abschnitt ausführlicher dar- 
gestellte sächsische 123. Infanteriedivision. Sie wurden 
unter die taktischen Befehle des Generals d. K. von Laffert, 
des Kommandierenden Generals des XIX. Armeekorps, als. 
Gruppe Nord gestellt neben die 40. und 24. Infanterie- 
dioision als Gruppe Süd in etwa 30 Kilometer Breite vom 
serkanal bei Hollebeke bis Gegend westlich Lille. Die 
Gruppe v. Laffert umfaßte damit bei Jahresschluß eine 
Kampfstärke von etwa 80 OOo Mann mit 253 Geschützen 
und 168 Maschinengewehren. 
Das im Norden des Abschnitts leicht hügelige Gelände 
mit 3 im letzten Kriegojahr bedeutungovoll gewordenen 
Bergen vor der Front sprang bastionsartig vor, im Süden 
verlief er in dem Tiefland des Lyobeckens fast geradlinig und 
erhielt durch den Wasserreichtum dieser Gegend sein be- 
sonderes Gepräge. 
Die trefflich zusammengefaßte Artillerietätigkeit hielt in 
beiden Abschnitten die an JZahl weit überlegene feindliche
	        
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