in Richtung Cité St. Auguste sei, daß nach der Mitteilung
des Oberst v. Weise der Angriff gegen die Höhe 70 nicht
weiter vor komme, und daß nach rechts noch immer kein
Anschluß gewonnen sei. Irgendwelche Reserven habe Oberst
v. Weise nicht mehr in der Hand.
Diese Nachrichten veranlaßten die Division, noch den
Bataillonsstab und die beiden letzten in Lens verfügbaren
Kompagnien des Infanterieregiments 132 nach dem Nord-
ausgang von Lens zu schieben, um dort einen Rückhalt
in dringendem Notfall für Oberst v. Weise zu bilden. Die
Reservestellung bei Lens wurde von der Pionierkompagnie
245 mit den ihr zugeteilten Schanzhusaren der 123. Infan-
teriedivision besetzt.
Inzwischen hatte sich auf der ganzen Front der 123. In-
fanteriedivision das feindliche Artilleriefeuer zu Trommel-
feuer äußerster Heftigkbeit gesteigert, auch lebhaftes feind-
liches Infanteriefeuer hatte eingesetzt. Die Artillerie mel-
dete, daß sie mit Gasgranaten beschossen würde. Der ganze
Souchezbachgrund sei mit einer ungeheuren Nauchwolke an-
gefüllt, die jede Beobachtung nach vorn unmöglich mache.
Auf Anfordern der Infanterie legte die Artillerie von
1,45 Uhr nachmittags ab vor alle drei Regimentoabschnitte
Sperrfeuer. Gleichzeitig meldete der Abschnittskommandeur,
daß sich auch bei Schacht (Fosse) 6 ein starker Gasgeruch
bemerkbar mache. Kurz nach 2 Uhr nachmittags lief bei
der Division die Meldung ein, daß die Franzosen die vor-
dere Stellung anscheinend überrannt hätten und sich im
Vorgehen im Souchezbachgrund auf die Talsperre zu be-
fänden. "--
Danach konnte mit Sicherheit angenommen werden, daß
die Franzosen mit Hilfe eines Gasangriffs sich in den Be-
sitz unserer vordersten Verteidigungslinie gesetzt hatten. An
welcher Stelle der Einbruch erfolgt war, ließ sich nicht
feststellen. Einzelne aus vorderster Linie zurückgekommene
Unteroffiziere und Mannschaften schilderten den Hergang
so, daß aus der auf der Stellung lagernden dichten Rauch-
wolke plötzlich starke französische Kolonnen aufgetaucht seien
und die Besatzung der vordersten Gräben über den Haufen
gerannt hätten. Trotzdem sie von unseren in den Annähe-
rungswegen befindlichen Kräften unter Infanterie= und
Maschinengewehrfeuer genommen worden seien und starke
Verluste erlitten hätten, sei ihr Vordringen nicht aufzuhalten
gewesen.
Es kam nun zunächst darauf an, den feindlichen An-
griff zum Stehen zu bringen. Das erreichte der Abschnitts-
kommandeur dadurch, daß er von den ihm zur Verfügung
stehenden neun Bereitschaftskompagnien (je eine Kompagnie
Infanterieregiments 132 in Zwischenstellung Süd und in
Unterständen am Nordostausgang Souchez waren mit über-
rannt worden, 1. Kompagnie Reserve-Infanteriereguments
106 hatte den Gießlergraben besetzt) zwei Kompagnien Re-
serve-Infanterieregiments 106 im großen Angreowäldchen,
je eine Kompagnie Infanterieregiments 178 und Infanterie-
regiments 182 in der Talsperre, je eine weitere Kompagnie
Infanterieregiments 178 und Infanterieregiments 182 im
Gießlergraben einsetzte. Als Rückhalt für diese Kräfte schob
er zwei Kompagnien Infanterieregiments 178 nach der
Mühle vor, während die letzte Kompagnie Neserve-Infan-
terieregiments 106 bei Angreskreuz zu seiner Verfügung
zurückblieb. ·
Die bereits in das große Angreswäldchen eingedrungenen
Franzosen wurden durch Gegenangriff des Reserve-Infan-
terieregiments 106, den unaufgefordert herbeigeeilte Teile
des Infanterieregiments 27 wirksam unterstützten, aus die-
sem Wäldchen wieder hinausgeworfen. Daduͤrch kam der
französische Angriff in der Linie Bastionenweg — Talsperre —
Hanggraben zum Stehen.
Die kurz nach 2 Uhr nachmittags eingegangene Meldung
über den französischen Angriff auf den Divisionsabschnitt
235
hatte den Divisionskommandeur veranlaßt, sofort nochmals
den Hauptmann Hille zum Oberst v. Weise vorzuschicken,
um sich dort über den Stand des Gefechtes zu unterrichten
und zu verhindern, daß die letzten beiden, nach dem Nord-
ausgang von Lens geschobenen Kompagnien des Infanterie-
regiments 132 etwa ohne zwingendste Notwendigkeit nörd=
lich Lens eingesetzt würden. Hauptmann Hille brachte gün-
stige Nachrichten zurück. Dem Bataillon Infanterieregiments
178 war es inzwischen gelungen, die Höhe 70 mit stürmen-
der Hand zu nehmen, das Bataillon Reserve-Infanterie=
regiments lo6 war rechts anschließend eingesetzt. Oberst
v. Weise hatte die Überzeugung gewonnen, daß die Höhe 70
jetzt fest in seiner Hand sei, und daß er sie weiterhin bis
zum Eintreffen der 8. Infanteriedivision werde halten kön-
nen, deren Eintreffen vom Generalkommando für den
Abend in Aussicht gestellt worden war. Die unmittelbare
Gefahr eineo englischen Durchbruchs nach Lens, der bedenk-
liche Folgen hätte haben können, war durch das tatkräftige
Eingreifen der beiden Bataillone Infanterieregiments 178.
und Reserve-Infanterieregiments 106 beseitigt.
Die beiden Kompagnien Infanterieregiments 182 wurden
nunmehr wieder der 245. Infanteriebrigade zur Verfügung
gestellt und von dieser gegen 3,35 Uhr nachmittags zusam-
men mit der Infanterie-Pionierkompagnie des Infanterie-
regiments 132 und mit dem am 24. nachmittag für dieses
Regiment eingetroffenen Ersatz nach Schacht (Fosse) 6 in
Marsch gesetzt.
3,30 Uhr nachmittags meldete der Abschnittskommandeur,
daß die jetzige Stellung gehalten werden könne. Er bat
um Unterstützung, um mit derselben einen Gegensioß zu
unternehmen. Ihm wurde mitgeteilt, welche Kräfte nach
Schacht 6 in Marsch gesetzt worden seien.
Nach 4 Uhr nachmittags erfolgte ein neuer Angriff der
Franzosen auf das große Angreowäldchen und die Tal-
sperre. Im Verlaufe desselben gelang es ihnen, in ein-
zelne Grabenstücke des großen Angreswäldchens einzudrin-
gen. Ein Gegenstoß wurde von drei Kompagnien Infan=
terieregiments 178 und Reserve-Infanterieregiments 106 so-
wie schwachen Teilen des Infanterieregiments 27, das wie-
derum in anerkennenswertester Weise unaufgefordert Un-
terstützung gesandt hatte, unternommen und warf die Fran-
zosen wieder heraus. 4,45 Uhr nachmittags war das große
Angreswäldchen wieder ganz in unserem Besitz und blieb
es bis zur Ablösung der Division am 29. September. Etwa
eine Stunde später griffen die Franzosen erneut an. Auch
dieser Angriff wurde trotz des auf der Stellung liegenden
Trommelfeuers abgewiesen. Nur in der Nähe der Ein-
mündung des 182er Grabens in die Talsperre drangen
die Franzosen in die letztere ein und nahmen ein kleines
Grabenstück in Besitz.
Gleichzeitig mit der Meldung hiervon lief vom Abschnitts-
kommandeur die Klage über die geringe Feuertätigkeit un-
serer Artillerie ein, die mit der geringen zur Verfügung
stehenden Munitionsmenge sparsam umgehen mußte. Da
die angekündigten Unterstützungen noch nicht eingetroffen
waren, bat er erneut um Verstärkung. Von der Dioision
konnte ihm nur das Eintreffen eines Bataillons der 8. In-
fanteriedivision, das vom Generalkommando für die bei-
den bei Höhe 70 nördlich von Leus eingesetzten Bataillone
der Division zugestanden worden war, für heute in Aus-
sicht gestellt werden.
Gegen 6 Uhr abends hatte sich die Lage dahin geklärt,
daß das große Angreswäldchen, die Talsperre (bis auf da
erwähnte kleine Grabenstück) und der Hanggraben bis zum
Hangstützpunkt B fest in unserem Besitz waren. Der Ab-
schnittskommandeur hatte die Uberzeugung gewonnen, daß
die Stellung mit Sicherheit gehalten werden könnte. Zu
seiner Verfügung hatte er noch eine Kompagnie und drei
Maschinengewehre.