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ihrer Versammlung fiel der 64. Infanteriebrigade des
XII. Armeekorps — Infanterieregiment 177 und 178 —
verstärkt durch die 1. Eskadron Husarenregiments 18 und
die II. Abteilung Feldartillerieregiments 64 in der Gegend
von Gouvy, sowie der 48. Infanteriebrigade des XIX. Armee-
korps — Infanterieregiment 106 und 107 — bei Bastogne
und nördlich davon zu.
Die verstärkte 48. Infanteriebrigade unter Generalmajor
Kaden trat bereits am 7. August nördlich von Bastogne
in Gefechtsberührung mit französischer Kavallerie und
stellte fest, daß französische Truppen bereits seit dem
1. August in dem „neutralen“ Belgien eingerückt waren.
Das Heereskavalleriekorps 1 drückte schwächere fran-
zösische Kavallerie allmählich bis an die Maas oberhalb
von Namur zurück und breitete vor der dritten Armee
einen dichten Schleier aus.
Die Erstkämpfe bei Dinant am 15. August 1014
Die Aufklärungstätigkeit der deutschen Heereoreiterei und
der Flieger der dritten Armee stellten bis 15. August die
Anwesenheit von zwei bis drei französischen Divisionen an
der Maas oberhalb von Namur fest. Nach den bis
15. August eingegangenen Nachrichten stand die franzö-
sische fünfte Armee bereits seit mehreren Tagen mit drei
Korps, der Marokkodivision und dem Kavalleriekorps Sordet
(drei Divisionen) im Raume zwischen Maas und Sambre
vormarschfertig.
Schon rollte ein viertes Korpê, das französische achtzehnte
Armeekorps, heran. Aber die Engländer um Maubeuge
waren noch im Rückstand.
Die verzweifelte Lage der belgischen Verteidiger der
Lüttieher Forts mahnte zur Eile. Aber erst um die Monats-
mitte rückten die Engländer, zunächst nur vier Divisionen
stark, von Maubeuge auf Mons zu heran. Der Ober-
befehlshaber der französischen fünften Armee, General Lan-
rezac, hielt seine Hauptkräfte an der Sambre um Charleroi#
westlich von Namur zusammen. Ostwärts deckte ihn das
tiefeingeschnittene Maastal mit seinen hundert bis hundert-
undfünfzig Meter hohen Felsrändern gegen Überraschungen.
Dort gemigten zur Sicherung offenbar zwei Divisionen,
die 2. Infanteriedivision und die 51. Reservedivision. Sie
richteten sich längo der Maasstrecke zwischen der alten Sperr-
befestigung von Givet und der Festung Namur zur Ver-
teidigung ein.
Teile einer dritten Division, der 7. Infanteriedivision,
sicherten scheinbar oberhalb von Givet in dem Ardennen-
gebiet beiderseits von Fumay und stellten die Verbindung
mit der französischen vierten Armee her, die aus dem Raume
von Sedan über den Semois demnächst vorbrechen sollte.
Der General Lanrezac hielt sich alle Maasbrücken ober-
halb Namur zunächst noch offen, um jederzeit auch über
die Maas nach Osten vorbrechen zu können. Uber die Be-
wegungen der Deutschen jenseits der Maas war er hin-
reichend unterrichtet, wenngleich bis zum 14. August seine
Aufklärungskavallerie von der deutschen Heereoreiterei all-
mählich bis an die Maas oberhalb von Namur zurück-
gedrückt worden war.
Da brachen auc dem dichten Schleier der deutschen Heeres-
reiterei am 15. August beiderseits von Dinant plötzlich becke
deutsche Sturmbataillone hervor, zersprengten die schwachen
französischen Vortruppen rechts der Maas und machten
erst vor den Maasbrücken halt.
Sie verschwanden dann ebenso plötzlich, wie sie gekommen
waren. Nur der Eindruck der verblüffend treffsicheren
deutschen Artillerie und der geradezu lähmend wirkenden
Todeoverachtung der deutschen Sturmabteilungen blieb.
Am Spätabend des 21. August waren die Deutschen
wieder da, diesmal nicht nur in Dinant, auch in Houx unter-
halb und in Anseremme oberhalb von Dinant. Wieder
stießen, diesmal im Nachtdunkel, deutsche Sturmbataillone
gegen die Maasbrücken vor.
Wieder ward die ganze Maasfront der Franzosen von
Namur bis Givet alarmiert. Wieder wurde der Blick des
französischen Armeeführers nach seiner Maasflanke abge-
lenkt, während sich von Norden her das Gewitter gegen
ihn zusammenballte. Wollte wirklich der Feind die fast
unüberwindlick erscheinende, seit Tagen künstlich verstärkte
Maaslinie entscheidend angreifen? Wollte der Deutsche
auch hier in der Feldschlacht den Stier bei den Hörnern
packen, wie er es bei Lüttich im Festungskriege getan hatte?
Die unermüdliche Tätigkeit der deutschen Heerebreiterei
vor der Front der dritten Armee hat zweifellos sehr viel
dazu beigetragen, daß die feindliche Heeresleitung in dauern-
der Ungewißheit über die deutschen Absichten an der Maas
blieb, und daß sie versäumte, rechtzeitig zum Entsatz der
belgischen Maasfestungen zu schreiten.
Tatsächlich ist auch die Ausnutzung der Maastalbahn,
die für das nächsibedrohte Namur von entscheidender Be-
deutung war, durch die Tätigkeit der deutschen Heeres-
reiterei dem Gegner rechtzeitig unterbunden worden.
Das Erkundungsgefecht bei Dinant am 15. August
(Skizze 5)
Die gewaltsame Erkundung des Heereskavalleriekorps
von Richthofen gegen Dinant am 15. August ist un-
trennbar von der Darstellung der Kämpfe von Dinant.
Zudem traten die Hauptkampfträger dieses ersten Ge-
fechtstages, die Jägerbataillone 11, 12 und 13, unmittelbar
darauf in den Verband der dritten Armee über, als das
Heereskavalleriekorps 1 am 20. August nach dem rechten
Flügel der deutschen zweiten Armee abberufen wurde.
Der Verlauf der gewaltsamen Erkundung gegen Dinant
ist kurz der folgende.
Die fünf Jägerbataillone des Heereskavalleriekorps 1
rückten am Morgen des 15. August etwa aus der Linie
Awagne—Lisogne—Sorinne, über die leichtgewellte Goch-
fläche östlich von Dinant gegen die Maas vor, gefolgt von
den reitenden Batterien beider Kavalleriedivisionen. Den
rechten Flügel bildeten die Gardejäger. Links schlossen sich
die Gardeschützen an, dann die 1##er Jäger und jenseits,
südlich des tiefeingeschnittenen Leffegrundes, gingen die
beiden sächsischen Jägerbataillone 12 und 13 vor.
Das Jägerbataillon 12 erhielt die Richtung direkt auf
den weithin sichtbaren Rundturm der alten Feste von
Dinant. Dicht links schloß sich das zweite sächsische Jäger-
bataillon 13 an, dessen linker Flankenschutz, ein Zug seiner
Nadfahrkompagnie, die Richtung auf Les Rivages nahm.
Im grellen Augustsonnenglanz weitete sich im Westen
der Horizont über eine sanft ansteigende Hochfläche mit
dunklen Waldstreifen und dem breit wie eine ferne Festung
in der Mitte des Westrandes gelagerten Dorfe Onhaye.
Davor, näher den vordringenden deutschen Jägern zu, hob
sich das vielfach gewundene, tiefeingeschnittene Maastal
scharf ab. Allenthalben belebten schmucke Häusergruppen
zwischen dichtem Laubwerk, meist an den schönsten Punkten
der lachenden Sommerlandschaft emporglänzend, das schöne
Bild. Über den Hang des rechten Talhanges ragte ver-
einzelt der Rundturm der alten Feste Dinant empor. Da-
neben grüßte der Zwiebelturm der Stadtkirche von Dinant
berüber. Die übrigen Häuser des Maasstädtchens blieben
zunächst noch unter dem Talrande verborgen. Geradeaus
auf Dinant zu liefen von Nordosten, Osten und Südosten
ber prächtige Bammalleen über die leichtgewellte, von wogen-
den Getreidefeldern bestandene Hochfläche. Einige tiefe Ge-
ländesenkungen, Seitentäler der Maas, durchbrechen, meist
nur als kurze Schrunden und Wasserrisse die zerklüfteten