Deshalb rief der Divisionskommandeur den tapferen, kalt-
blütigen Oberst Schmidt, den bewährten Kommandeur des
Reserveinfanterieregiments 133, „der allein die Verhält-
nisse in dem schwierigen linken Abschnitte übersehen kann“,
aus seinem kaum erreichten Ruhequartier herbei, um so-
fort wieder diesen schwerstbedrohten Abschnitt zu überneh-
men. Schon nach einer halben Stunde, 4 Uhr vormittags,
setzten sich das II. Bataillon Infanterieregiments 111 (bioher
Korpsreserve) und das III. Bataillon Infanterieregiments 77
unter Führung des Obersien Schmidt nach der entscheidenden
Stelle des Kampffeldes in Marsch.
Die Mulde um St. Souplet wurde durch Vergasung
wieder schwer passierbar. .
Während der Nacht war auch die völlig zerschossene öst-
liche Hälfte der Zwischenstellung im linken Abschnitt an
den Feind verlorengegangen. Doch die Reservestellung war
fesi gehalten worden. Oberst Schmidt traf rechtzeitig ein.
Die Ablösung des Reserveinfanterieregiments 104 durch
zwei Bataillone Infanterieregiments 77 ging glatt vonstatten.
Reserveinfanterieregiment 104 wurde zu kurzer Rast in
Juniville und la Neuville untergebracht. «
Wieder waren Gefangene gemacht worden, so 20 bei Re-
serveinfanterieregiment 107 und 37 bei Reserveinfanterie-
regiment 104. Sie gehörten den Regimentern 94, 130,
151, 152, 162, 8. Jäger, 16. Jäger an (IV. und XXXII.
Armeekorps).
Die kämpfenden Truppen hatten natürlich auch an diesem
Kampftage, an dem das Wetter mehrfach wechselte, schwere
Verluste. Völlig erschöpft durch die ununterbrochenen Kämpfe
der letzten Tage, waren sie an der Grenze ihrer Leistungs-
fähigkeit.
Auch heute hatten wieder nur die von Fliegern hervor-
ragend geleiteten feindlichen Batterien und Minenwerfer
fast allein gewirkt. Die feindliche Infanterie wurde nicht
hoch eingeschätzt.
Die Verluste betrugen:
Reserveinfanterieregiment 104: Unteroffiziere und Mann-
schaften: 3 tot, 19 verwundet, 23 vermißt.
Reserveinfanterieregiment 133: Unteroffiziere und Mann-
schaften: 1 tot, 3 verwundet.
Reservejäger 13: Offiziere: 1 verwundet. Unteroffiziere
und Mannschaften: " tot, 20 verwundet.
Reservefeldartillerieregiment 24: Offiziere: 1 verwundet.
Unteroffiziere und Mannschaften: 3 verwundet.
Reservefeldartillerieregiment 40: Offiziere: 1 kot. Unter-
offiziere und Mannschaften: 10 verwundet, 3 vermißt.
Fußartillerie: Unteroffiziere und Mannschaften: 6 ver-
wundet, 2 - vermißt.
Bataillon Kittlitz: Offiziere: 1 verwundet. Unteroffi-
ziere und Mannschaften: 22 verwundet. 4
II. Infanterieregiment 40: Unteroffiziere und Mann-
schaften: 9 tot, 9 verwundet.
III. Infanterieregiment 71: Unteroffiziere und Mann-
schaften: 6 tot, 16 verwundet.
Infanterieregiment 193: Offiziere: 1 tot, 4 verwundet,
4 vermißt. Unteroffiziere und Mannschaften: 36 tot, 157
verwundet, 235 vermißt.
Als Munitionsverbrauch wurde gemeldet:
Feldkanonen: 10 544 Schuß, 10 cm: 155 Schuf, leichte
Feldhaubitzen: 2300 Schuß, Mörser: 748 Schuß, schwere
Feldhaubitzen: 2304 Schuß, schwere Feldhaubitzen 02:947
Schuß, Gasmunition: 74 Schuß.
Nachto gingen in Stellung:
1 zug Feldartillerieregiment 14 (Batterie v. Beck),
1 ½ km südwestlich St. Souplet,
6. Batterie Neservefeldartillerieregiment 23 bei Punkt 11,
südösilich St. Souplet. Die unterstellte Bespannungsabtei-
lung Antwerpen bezog Biwak südlich St. Clément.
Sachsen in großer gelt. Bö. I1
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Der 28. September
Die Luft war am Morgen klar, von Mittag ab herrschte
wechselnde Witterung, in der folgenden Nacht trat starker
Regen ein. ·
Bei der 23. Reservedivision flaute das feindliche Feuer
gegen Morgen ab. Es erlangte erst gegen 11 Uhr vormittags
die alte Heftigkeit.
Die Hauptkampflast dieses Tages trug wiederum die
24. Reservedivision.
Deren Kriegstagebuch schildert den Tageoverlauf wie folgt:
Bis zum 238. September wurden die Verbände der stark
zusammengeschossenen Regimenter 107, 133 und 104 not-
dürftig wieder geordnet. Reserveinfanterieregiment 107 bil-
dete nur noch ein Bataillon, Reserveinfanterieregiment 133
zwei Bataillone. Die Gefechtsstärke der Regimenter 107
und 133 betrug noch etwa je 8oo, diejenige des Neserve-
infanterieregiments 104 noch reichlich 1000 Mann.
Die Division hatte bei Tagesanbruch die Stellung so fest
wie am 27. September in der Hand.
In der vergangenen Nacht war es allerdings nicht ge-
lungen, den in die Zwischenstellung eingedrungenen Feind
durch Handgranatenangriffe herauszuwerfen. Erkundungen
für neue Angriffe in der folgenden Nacht wurden auf Be-
fehl des Oberst Schmidt noch in der Morgendämmerung
ausgeführt. Bei hellem Tageslicht konnten sie wegen des
außcrordentlich starken Artillerie= und Minenwerferfeuers
nicht fortgesetzt werden. «
Die deutschen 12 cm-Kanonen, die zwei Tage zwischen
Freund und Feind gestanden hatten, waren in der Nacht
unter großen Schwierigkeiten geborgen und in Stellung
nahe dem Marienkreuz, nördlich von St. Marie-à-Py, ge-
bracht worden.
Der Feind arbeitetle sich auch am Tage mit starken Kräften
an die Stellungen des mittleren und linken Abschnittes der,
24. Reservedivision heran. Die eigne Artillerie verhinderte
dies besonders vor dem gefährdeten linken Flügel nach
Kräften. Das Zusammenarbeiten der neu zusammengestell-
ten Artillerieverbände mit der Infanterie war vorzüglich.
7,30 Uhr vormittags meldete das II. Bataillon Grenadier-
regiments log vom mittleren Abschnitt, daß zwei Kompag-=
nien aus der Zwischenstellung westlich der Straße St.
Souplet—St. Hilaire-le-Grand in eine ausgebaute Stellung
etwa 100M rückwärts zurückgedrückt worden seien. Die Auf-
rechterhaltung der Verbindung nach links zum rechten Flügel
der linken Reservestellung hin werde dauernd angestrebt.
11,4 Uhr vormittags überbrachte der Ordonnanzoffizier
der 48. Reserveinfanteriebrigade die Meldung des Oberst
Schmidt, daß der Feind südlich St. Marie-à-Py in einer
Breite von etwa 400 m in die Reservestellung der linko
anschließenden Division Liebert eingedrungen sel. Der Ar-
tilleriekommandeur der Division Liebert bestätigte dies dem
Kommandeur der 24. Reservefeldartilleriebrigade.
Angesichts dieser ernsten Lage wurde dem Kommandeur
des linken Abschnitts 12 Uhr mittags das III. Bataillon
Infanterieregiments 77 und 2 Uhr nachmittags auch noch
das II. Bataillon Infanterieregiments 111, bisher Korps-
reserve, mit dem Befehl unterstellt, die verlorene Jwischen-
stellung wiederzunehmen.
Da mit einem erneuten Ansturm des Feindes noch vor
Abend gerechnet werden mußte, wurden 3,45 Uhr nach-
mittags auch die zum Ausruhen zurückgeschickten Reserve-
regimenter 104, 107 und 133 wieder herangerufen.
Von 4,30 Uhr nachmittags ab lag erneut heftiges Sperr-
feuer auf dem Abschnitt von Aubérive bis St. Marie-à-Py.
6 Uhr abends erfolgte dann nach einem Trommelfeuer
in höchster Feuersteigerung ein starker Infanterieangriff auf
den gesamten Abschnitt der Division. Er wurde überall
glatt abgewiesen.
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