Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Deshalb rief der Divisionskommandeur den tapferen, kalt- 
blütigen Oberst Schmidt, den bewährten Kommandeur des 
Reserveinfanterieregiments 133, „der allein die Verhält- 
nisse in dem schwierigen linken Abschnitte übersehen kann“, 
aus seinem kaum erreichten Ruhequartier herbei, um so- 
fort wieder diesen schwerstbedrohten Abschnitt zu überneh- 
men. Schon nach einer halben Stunde, 4 Uhr vormittags, 
setzten sich das II. Bataillon Infanterieregiments 111 (bioher 
Korpsreserve) und das III. Bataillon Infanterieregiments 77 
unter Führung des Obersien Schmidt nach der entscheidenden 
Stelle des Kampffeldes in Marsch. 
Die Mulde um St. Souplet wurde durch Vergasung 
wieder schwer passierbar. . 
Während der Nacht war auch die völlig zerschossene öst- 
liche Hälfte der Zwischenstellung im linken Abschnitt an 
den Feind verlorengegangen. Doch die Reservestellung war 
fesi gehalten worden. Oberst Schmidt traf rechtzeitig ein. 
Die Ablösung des Reserveinfanterieregiments 104 durch 
zwei Bataillone Infanterieregiments 77 ging glatt vonstatten. 
Reserveinfanterieregiment 104 wurde zu kurzer Rast in 
Juniville und la Neuville untergebracht. « 
Wieder waren Gefangene gemacht worden, so 20 bei Re- 
serveinfanterieregiment 107 und 37 bei Reserveinfanterie- 
regiment 104. Sie gehörten den Regimentern 94, 130, 
151, 152, 162, 8. Jäger, 16. Jäger an (IV. und XXXII. 
Armeekorps). 
Die kämpfenden Truppen hatten natürlich auch an diesem 
Kampftage, an dem das Wetter mehrfach wechselte, schwere 
Verluste. Völlig erschöpft durch die ununterbrochenen Kämpfe 
der letzten Tage, waren sie an der Grenze ihrer Leistungs- 
fähigkeit. 
Auch heute hatten wieder nur die von Fliegern hervor- 
ragend geleiteten feindlichen Batterien und Minenwerfer 
fast allein gewirkt. Die feindliche Infanterie wurde nicht 
hoch eingeschätzt. 
Die Verluste betrugen: 
Reserveinfanterieregiment 104: Unteroffiziere und Mann- 
schaften: 3 tot, 19 verwundet, 23 vermißt. 
Reserveinfanterieregiment 133: Unteroffiziere und Mann- 
schaften: 1 tot, 3 verwundet. 
Reservejäger 13: Offiziere: 1 verwundet. Unteroffiziere 
und Mannschaften: " tot, 20 verwundet. 
Reservefeldartillerieregiment 24: Offiziere: 1 verwundet. 
Unteroffiziere und Mannschaften: 3 verwundet. 
Reservefeldartillerieregiment 40: Offiziere: 1 kot. Unter- 
offiziere und Mannschaften: 10 verwundet, 3 vermißt. 
Fußartillerie: Unteroffiziere und Mannschaften: 6 ver- 
wundet, 2 - vermißt. 
Bataillon Kittlitz: Offiziere: 1 verwundet. Unteroffi- 
ziere und Mannschaften: 22 verwundet. 4 
II. Infanterieregiment 40: Unteroffiziere und Mann- 
schaften: 9 tot, 9 verwundet. 
III. Infanterieregiment 71: Unteroffiziere und Mann- 
schaften: 6 tot, 16 verwundet. 
Infanterieregiment 193: Offiziere: 1 tot, 4 verwundet, 
4 vermißt. Unteroffiziere und Mannschaften: 36 tot, 157 
verwundet, 235 vermißt. 
Als Munitionsverbrauch wurde gemeldet: 
Feldkanonen: 10 544 Schuß, 10 cm: 155 Schuf, leichte 
Feldhaubitzen: 2300 Schuß, Mörser: 748 Schuß, schwere 
Feldhaubitzen: 2304 Schuß, schwere Feldhaubitzen 02:947 
Schuß, Gasmunition: 74 Schuß. 
Nachto gingen in Stellung: 
1 zug Feldartillerieregiment 14 (Batterie v. Beck), 
1 ½ km südwestlich St. Souplet, 
6. Batterie Neservefeldartillerieregiment 23 bei Punkt 11, 
südösilich St. Souplet. Die unterstellte Bespannungsabtei- 
lung Antwerpen bezog Biwak südlich St. Clément. 
Sachsen in großer gelt. Bö. I1 
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Der 28. September 
Die Luft war am Morgen klar, von Mittag ab herrschte 
wechselnde Witterung, in der folgenden Nacht trat starker 
Regen ein. · 
Bei der 23. Reservedivision flaute das feindliche Feuer 
gegen Morgen ab. Es erlangte erst gegen 11 Uhr vormittags 
die alte Heftigkeit. 
Die Hauptkampflast dieses Tages trug wiederum die 
24. Reservedivision. 
Deren Kriegstagebuch schildert den Tageoverlauf wie folgt: 
Bis zum 238. September wurden die Verbände der stark 
zusammengeschossenen Regimenter 107, 133 und 104 not- 
dürftig wieder geordnet. Reserveinfanterieregiment 107 bil- 
dete nur noch ein Bataillon, Reserveinfanterieregiment 133 
zwei Bataillone. Die Gefechtsstärke der Regimenter 107 
und 133 betrug noch etwa je 8oo, diejenige des Neserve- 
infanterieregiments 104 noch reichlich 1000 Mann. 
Die Division hatte bei Tagesanbruch die Stellung so fest 
wie am 27. September in der Hand. 
In der vergangenen Nacht war es allerdings nicht ge- 
lungen, den in die Zwischenstellung eingedrungenen Feind 
durch Handgranatenangriffe herauszuwerfen. Erkundungen 
für neue Angriffe in der folgenden Nacht wurden auf Be- 
fehl des Oberst Schmidt noch in der Morgendämmerung 
ausgeführt. Bei hellem Tageslicht konnten sie wegen des 
außcrordentlich starken Artillerie= und Minenwerferfeuers 
nicht fortgesetzt werden. « 
Die deutschen 12 cm-Kanonen, die zwei Tage zwischen 
Freund und Feind gestanden hatten, waren in der Nacht 
unter großen Schwierigkeiten geborgen und in Stellung 
nahe dem Marienkreuz, nördlich von St. Marie-à-Py, ge- 
bracht worden. 
Der Feind arbeitetle sich auch am Tage mit starken Kräften 
an die Stellungen des mittleren und linken Abschnittes der, 
24. Reservedivision heran. Die eigne Artillerie verhinderte 
dies besonders vor dem gefährdeten linken Flügel nach 
Kräften. Das Zusammenarbeiten der neu zusammengestell- 
ten Artillerieverbände mit der Infanterie war vorzüglich. 
7,30 Uhr vormittags meldete das II. Bataillon Grenadier- 
regiments log vom mittleren Abschnitt, daß zwei Kompag-= 
nien aus der Zwischenstellung westlich der Straße St. 
Souplet—St. Hilaire-le-Grand in eine ausgebaute Stellung 
etwa 100M rückwärts zurückgedrückt worden seien. Die Auf- 
rechterhaltung der Verbindung nach links zum rechten Flügel 
der linken Reservestellung hin werde dauernd angestrebt. 
11,4 Uhr vormittags überbrachte der Ordonnanzoffizier 
der 48. Reserveinfanteriebrigade die Meldung des Oberst 
Schmidt, daß der Feind südlich St. Marie-à-Py in einer 
Breite von etwa 400 m in die Reservestellung der linko 
anschließenden Division Liebert eingedrungen sel. Der Ar- 
tilleriekommandeur der Division Liebert bestätigte dies dem 
Kommandeur der 24. Reservefeldartilleriebrigade. 
Angesichts dieser ernsten Lage wurde dem Kommandeur 
des linken Abschnitts 12 Uhr mittags das III. Bataillon 
Infanterieregiments 77 und 2 Uhr nachmittags auch noch 
das II. Bataillon Infanterieregiments 111, bisher Korps- 
reserve, mit dem Befehl unterstellt, die verlorene Jwischen- 
stellung wiederzunehmen. 
Da mit einem erneuten Ansturm des Feindes noch vor 
Abend gerechnet werden mußte, wurden 3,45 Uhr nach- 
mittags auch die zum Ausruhen zurückgeschickten Reserve- 
regimenter 104, 107 und 133 wieder herangerufen. 
Von 4,30 Uhr nachmittags ab lag erneut heftiges Sperr- 
feuer auf dem Abschnitt von Aubérive bis St. Marie-à-Py. 
6 Uhr abends erfolgte dann nach einem Trommelfeuer 
in höchster Feuersteigerung ein starker Infanterieangriff auf 
den gesamten Abschnitt der Division. Er wurde überall 
glatt abgewiesen. 
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