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Eine vorzüglich ausgebaute Stellung wurde den Nachfol-
gern übergeben. Auch hinter der Front war geschehen, was
Voraussicht und Tatkraft zu schaffen vermögen. Neues
Leben war buchstäblich aus den Ruinen emporgeblüht. In
den zerschossenen Ortschaften war geschoßsichere Unterkunft
mit selbstverfertigtem Hausgerät geschaffen worden. Die
verlassenen Acker wurden bestellt und erhebliche Mengen
Getreide und Futter nach der Heimat geschickt. Eine große
Schweinemast, Wurstfabriken, Nudelfabriken usw. sorgten
neben großen Bäckereien mit steinernen Backöfen, welche
das auf der ganzen Front als „Kaiserbrot“ besonders be-
gehrte sächsische Rundbrot lieferten, auch materiell für das
Wohlergehen der Leute.
Bei bestem Gesundheitszustande bereitete sich das
XXVII. Reservekorps hinter der Heeresfront in denersten Mo-
naten 1916 zu dem langersehnten Entscheidungoskampfe vor.
Die verstärkte 47. Landwehrbrigade im Jahre 1015
(S.ellungsbilder Seiten 248 und 240)
Wir haben die 47. Landwehrbrigade beim Schluß des
Jahres 1914 nordwestlich von Reims verlassen, wo sie
linko vom XII. Armeekorps die Wacht zwischen Aisne und
dem Bergmassiv des Brimont hielt.
Die Brigade hat, allmählich immer mehr verstärkt, das
ganze Jahr lols hindurch ihre Stellung mit kleinen Ver-
änderungen an den Abschnittsgrenzen behalten.
Einzelnen Bataillonen derselben war es vergönnt, an den
Hauptereignissen auf der Westfront, an den Kämpfen in
der Champagne teilzunehmen.
Zunachst ist des III. Bataillons Landwehr-Infanterieregi-
ments 106 zu gedenken, mit dem der Bericht über 1914,
Seite 163, abgeschlossen wurde. Wir haben das Bataillon
in der Champagne verlassen, wo es seit dem 21. Dezem-
ber in vorderster Linie nordwestlich von Perthes Verwen-
dung fand.
Am 21. März lols wurde das Bataillon anschließend
an eine bayerische Landwehrbrigade in der sogenannten
Fingerstellung bei Souain (Skizze 44) eingesetzt, am
12. April 19# dem XII. Reservekorps zugeteilt und dem
Reserve-Infanterieregiment 103 als drittes Bataillon unter-
stellt. In dieser Zeit hat das Bataillon unter sehr un-
günstigen Witterungoverhältnissen und zeitweise sehr star-
kem Artilleriefeuer zu leiden gehabt. Die wohlverdiente
Anerkennung blieb nicht aus.
Am 15. Februar 1915 wurde die Landwehr in ihrer
Reservestellung bei Höhe 179 östlich Moronvilliers durch
den Besuch des Kronprinzen von Sachsen, der bereito
mehrfach die Schützengräben besichtigt hatte, ausgezeichnet.
Wie freuten sich die Landwehrleute, als der Kronprinz
in seiner schlichten, heczlichen Weise an ihren persönlichen
Verhältnissen und an ihrer Gefechtstätigkeit berzlichen An-
teil nahm. Anfang Mai 1915 wurden auch die letzten
Teile der 47. gemischten Landwehrbrigade im Etappendienst
entbehrlich.
Die Landwehrbrigade ohne 1. und 2. Landwehreskadron
und Landsturmbatterie wurde am 10. Mai wieder unter
ihrem Kommandeur Generalleutnant z. D. Müller ver-
einigt und dem VI. Armeekorps unterstellt. Die Vereini-
gung erfolgte in Pont-Faverger, der Abmarsch über Boult
nach Bourgogne.
Die Landwehrbrigade ist dann in der Folge an allen
Waffen verstärkt worden, sie führte von nun ab die Be-
zeichnung: Verstärkte 47. Landwehrbrigade. Am 4. Juli
los wurde ihr der Abschnitt der bisherigen Division von
Olszewsky zum größeren Teile mit überwiesen. Die Bri-
gade erhielt von jetzt ab die Bezeichnung „Division Müller“,
sie bildete zeitweise einen Teil der Armeegruppe von Pritzel-
witz (VI. Armeekorps mit Zuteilungen). Führer der Infan-
terie im Gefechtsabschnitt der Landwehrbrigade blieb mit
kurzer eUnterbrechung bis zum Juni lols Oberst Heuser,
vom Juli lols ab der für den Obersten Pfeil zum
Kommandeur des Landwehr-Infanterieregiments 106 er-
nannte Oberst Stengel.
Nach kurzer Zuge hörigkeit zum VI. Armeekorps trat die
Landwehrbrigade am 21. Juni 1913 zum XIV. Armeekorps
zusammengesetztes Regiment ersetzt wurde.
über, welches das VI. Armeekorps im Gefechtsabschnitt ab-
gelöst hatte. Die Stellung erstreckte sich anfangs Lom
Aione-Marne-Kanal bis Witry, später von Loivre bis in
Gegend nahe Witry. Sie bildete einen Gefechtsabschnitt
der Armeegruppe von Hänisch (XIV. Armeekorps mit Zu-
teitlungen).
Aus der verstärkten 47. Landwehrbrigade war mittler-
weile eine stattliche Division geworden. Die Kriegsgliede-
rung vom 7. Juli l15 weist zwei Infanteriebrigaden,
zusammen 11 Bataillone, 9 Feldbatterien, 6 schwere Bat-
terien und 3 Pionierkompagnien auf. Darin sind inbe-
griffen das Reserve-Infanterieregiment 103 und ein aus
I. Bataillon Infanterieregiment 103 und I. Bataillon In-
fanterieregiment 177 zusammengesetztes Regiment. Für
das Reserve-Infanterieregiment 1o3, wesches Anfang
August 1915 aus der Division Müller ausschied, trat das
neu errichtete sächsische Infanterieregiment 192 zur Divi-
sion, das später durch ein aus III. Batail on Infanterie-
regiments 102 und III. Batatllon Infanterieregiments 103
Auch die Ab-
lösung der anderen Truppen wechselte mehrfach.
Der Sommer to#s verlief unter peinlicher Wachsamkeit
und in beständiger Arbeit, ohne daß der Feind sich beson-
ders bemerkbar machte.
Am 1o. August lols setzte in aller Frühe plötzlich star-
kes Trommelfeuer und Minenfeuer in der Kanalstellung
südlich Brimont ein. Kurze Zeit darauf erfolgten an dieser
Stelle mehrere französische Minensprengungen. Der Geg-
ner stürmte zum Angriffe gegen die Stellung der Landwehr
im Kanalabschnitt vor. Die 4. Kompagnie des Landwehr-
Infanterieregiments 104 unter Führung des Hauptmanns
Grabau (Albert) wies den Angriff zurück. Es gelang ihr
nach heftiger Gegenwehr den von den Franzosen gesprengten
Trichter zu besetzen und gegen wiederholte Angriffe zu be-
haupten.
Anfang September 1915 wurde auch der Feind vor der
Front der verstärkten 47. Landwehrbrigade wieder reger.
Es entwickelte sich ein ähnliches Bild, wie es bei der Ge-
schichte des XII. Armeekorps bereits ausführlich dargestellt
wurde.
Am 20. September l##1## wurde das II. Bataillon Land-
wehr-Infanterieregiments 106 unter der Führung des Major
Schmidt nach Somme-Py entsendet, am 24. September
nachmittags dann auch noch das II. Bataillon Landwehr-
Infanterieregiments lo4 unter Führung de# Hauptmann
d. L. Roßbach als Reserve für die dritte Armee nach Hau-
viné mit der Bahn befördert. Ein zusammengesetztes Ba-
taillon — zwei Kompagnien Landwehr-Infanterieregiment
106, eine Kompagnie Infanterieregiment 103 und eine
Kompagnie Infanterieregiment 102 — bildete während
dieser Zeit die Reserve der Armeegruppe von Hänisch in
Pomarle. Binnen zwei Stunden waren die Bataillone ab-
rückefertig. Am 25. September folgte eine halbe 6. Bat-
terie Feldartillerieregiments 64 und am 6. Oktober endlich
noch das I. Bataillon L h Infanteri ts 106
unter dem Major d. L. Alberts in die Champagne nach.