Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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der zweiten Armee und Hauptmann von Weise getroffenen 
Verabredung wurde von seiten des Oberkommandos der 
zweiten Armee in einem Bericht zusammengefaßt, ab Som- 
breffe 21. August 10 Uhr 20 Minuten vormittags und 
eingetroffen bei Armeeoberkommando 3 am 21. August 
2 Uhr 40 Minuten nachmittags. Er lautete: „Das 
X. Armeekorpo und das Gardekorps gehen heute, wie schon 
mitgeteilt, biq an die Sambre vor. Es wird heute jedoch 
nicht angegriffen. Ich beabsichtige vielmehr, mit der ersten 
und zweiten Armee die Schwenkung in südlicher Nichtung 
fortzusetzen, um möglichst einheitlich den Schlag gegen 
die südlich der Sambre und westlich der Maas gemeldeten 
feindlichen Kräfte zusammen mit der dritten Armee zu 
führen. Für den Tag des Angriffs werden die noch ein- 
laufenden Nachrichten über den Feind bestimmend sein, 
jedenfalls werde ich die dritte Armee rechtzeitig benach- 
richtigen. gez. v. Bülow.“ 
Diese angekündigte Benachrichtigung ließ nicht lange 
auf sich warten, sie ging, am 21. August 11 Uhr 10 Minuten 
abends ausgefertigt, am 22. August 3 Uhr s0 Minuten früh 
beim Oberkommando der dritten Armee ein und lautete, 
vom Oberkommando der dritten Armee freudig begrüßt: 
„Angriff zweite Armee über Sambre erfolgt 23. August 
früh, linker Flügel: Jemeppe —Mettet.“ 
Daß die dritte Armee sich nicht zur Festsetzung eines 
früheren Zeitpunktes für die gemeinsame Tätigkeit mit der 
zweiten Armee bereit erblären durfte, liegt auf der Hand, 
denn die Abzweigung des XI. Armeekorps schwächte die 
dritte Armee um ein Viertel ihrer Kraft, nötigte daher, 
das XII. Reservekorps zur unmittelbaren Mitwirkung in 
die Front heranzuziehen und beeinflußte damit die Ent- 
faltung der dritten Armee gegen den Maasabschnitt unter- 
und oberhalb von Dinant. Standen bisher, geboten durch 
den Heeresaufmarsch, XI., XII. und XIX. Armeekorps in 
der vordersten, das XII. Reservekorps in der zweiten Linie, 
so mußte nach Ausfall des XI. Armeekorps das XII. Reserve- 
korps an dessen Stelle auf dem rechten Armeeflügel treten 
und hierzu aus dem zweiten Treffen vorgezogen werden. 
Dies dadurch zu erreichen, dem Xll. Reservekorps gesteigerte 
Marschleistungen abzufordern, verbot sich, hatte doch das 
Korps, seit Verlassen der Eisenbahn im gebirgigen Gelände 
und zumeist bei großer Hitze unausgesetzt in Bewegurg, 
seine Kräfte schon sehr in Anspruch nehmen müssen. Aber 
gerade auf Erhaltung dieser unbeirrt bedacht zu sein, um 
nicht durch Marschverluste die Kriegstüchtigkeit der Reserve- 
truppen zu schmälern, war eine unbedingte Notwendigkeit, 
der sich das Oberbommando der dritten Armee nicht ver- 
schließen durfte, und zwar um so weniger, als die von der 
Obersten Heeresleitung ergangenen Aufmarschanweisungen 
hierauf aufmerksam machten und es überdies galt, einen 
hinter schwerem Fronthindernis in verstärkter Stellung 
stehenden, vielleicht numerisch gleich starken Feind anzu- 
greifen. Dies aber mit Aussicht auf Erfolg vor dem 
23. August zu beginnen, vermochte das Oberkommando 
der dritten Armee nicht zu verantworten. 
Auch des Verhältnisses der dritten Armee zu seiner linken 
Nachbararmee, der vierten Armee, sei noch in Kürze gedacht. 
Die vierte Armee erreichte in gleicher Höhe mit der dritten 
Armee am Morgen des 21. August den Naum sidlich 
von Jemelle und schwenkte dann südwärto gegen die über 
den Semois vorbrechende französische vierte Armee ein. 
Das rechte Flügelkorp# der vierten Armee, das VIII. Armee- 
korps, sicherte durch eine gemischte Infanteriebrigade bei 
Beauraing, 11 Kilometer östlich von Givet, gleichzeitig 
die Flanke der dritten und vierten Armee gegen Givet. 
Die am 22. August begonnene, gegen die vierte Armee ge- 
richtete, aus Süden kommende französische Offensive stellte 
die dritte Armee vor die Frage, wie sie sich, als Nachbar- 
armee der angegriffenen vierten Armee, mit dieser neu 
eingetretenen Lage im Rahmen des Ganzen abfinden sollte. 
Die Tatsache, daß die zweite und dritte Armee unmittelbar 
vor der von ihnen westlich und südlich Namur gesuchten 
Entscheidung standen, ließ im Oberkommando der dritten 
Armee nicht einen Augenblick daran zweifeln, an den mit 
dem Oberkommando der zweiten Armee getroffenen Ver- 
einbarungen festhalten und die Operationen in der ver- 
abredeten Weise unbedingt durchführen zu müssen. Wohl 
entsprach die von der vierten Armee am 22. August vor- 
genommene Frontveränderung, wenn auch durch den von 
Süden her vordringenden Gegner veranlaßt, dem von der 
Obersten Heeresleitung gehegten allgemeinen Plane einer 
Südschwenkung der ersten, zweiten, dritten und vierten 
Armee. Indessen dieser sich anzuschließen, vermochte die 
dritte Armee nicht eher, als bis der südlich und westlich 
Namur angetroffene Gegner weggeräumt worden war. 
Freilich setzte ein solcher von der zweiten und dritten Armee 
gemeinsam angestrebter Erfolg voraus, daß es der vierten 
Armee gelang, den gegen sie geführten Stoß abzuwehren. 
Dem glaubte das Oberkommando der dritten Armee zu- 
versichtlich entgegensehen zu dürfen, und gründete seine 
Anschauung auf folgende Erwägungen: 
Nach der von der Obersien Heeresleitung bebannt- 
gegebenen Gruppierung des französischen Feldheeres waren 
zwischen Charleville und Verdun zu vermuten drei Armee- 
korps und starke Teile eines vierten Armeekorps, da- 
hinter noch vier Reservedivisionen, also im ganzen etwa- 
zwölf Divisionen. Ob diese sich insgesamt gegen die vierte 
Armee gewendet hatten, war beim Oberkommando der 
dritten Armee nicht bekannt. Wahrscheinlich stand auch 
die fünfte Armee in Mitleidenschaft. Aus den eingehenden 
Mitteilungen des Oberkommandos der vierten Armee ent- 
nahm das Oberkommando der dritten Armee, daß am 
22. August bereits zwei französische Korps in Kampf- 
berührung mit der vierten Armee getreten waren und das 
weitere Eingreifen von noch sechs französischen Divisionen 
erwartet wurde. Den fünf Armeekorps der vierten Armee 
standen also gleich starke Feindeskräfte gegenüber. Man 
war im Oberkommando der dritten Armee der festen Zu- 
versicht, daß die vierte Armee dem feindlichen Stoße Halt 
gebieten werde und gab daher dem Bedenken kein Gehör, 
das in der nordwärts geführten Offensive des Gegners 
eine Gefährdung des westwärts geplanten Vorgehens der 
dritten Armee über die Maas bei Dinant erblicken wollte. 
Der 21. August 
(Slizze 6) 
Die dritte Armee gelangte am 21. August bis auf Tages- 
marschentfernung an die Maas heran. Ihre Anfänge er- 
reichten die Linie Spontin—Foy Notre Dame (XII. Armee- 
korps) und Furfooz—Ciergnon (XIX. Armeekorps). Der 
Oörbbefehlahader wies die kommandierenden Generäle der 
drei sächsischen Armeekorps anläßlich einer Besprechung im 
Armeehauptquartier 1 Uhr nachmittags auf die Notwendig- 
keit hin, noch am 21. August den Höhenrand des rechten 
aasufers von den französischen Infanteriepostierungen 
zu säubern und die Sondererkundungen für den geplanten 
Uferwechsel durchzuführen. 
Auch galt es, die Aufmerksamkeit des Gegners zu teilen. 
Der Abzug der deutschen Heereskavallerie von der 
Maasfront bei Dinant war zweifellos dem Feinde bei 
seiner vorzüglichen Nachrichtenverbindung nicht verborgen 
geblieben. An der Sambre stand am 21. August die zweite 
Armee tatsächlich schon in erbittertem Kampfe an 
mehreren Ubergängen. So sollte der Feind gleichzeitig 
auch an der Maas in Atem gehalten werden. Hierzu wurden 
noch am Abend des 21. August drei Unternehmungen gegen 
Hour, Dinant und Anseremme von der Infanterie der
	        
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