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Holzlieferungen nach der Ostfront waren nicht nötig;
auf den südlichen Kriegsschauplätzen mußten einige Pionier=
parks versorgt werden. Die Hauptmasse ging nach Westen,
wo Holzsammelstellen eingerichtet wurden, die die Befriedi-
gung plöglich eintretenden Bedarfes auf lange Zeit zu er-
reichen in der Lage waren.
Bei der Kriegergräberfürsorge, die zu den vor-
nehmsten Aufgaben der Armer-Verwaltungoabteilung ge-
hörte, sei es gestattet, etwas länger zu. verweilen. Be-
trachtet es der Deutsche schon in Friedenszeiten als eine
Aufgabe der Pietät, seinen verstorbenen Angehörigen eine
würdige Ruhestätte zu geben und diese möglichst lange vor
dem Untergange zu bewahren, so mußte es Ehrenpflicht
sein, den im Kampfe für das Vaterland Gefallenen das
Gleiche zu gewähren. Ein Erlaß des preußischen Kriegs-
ministers bestimmte schon im März des Jahres lg#s die
Aufstellung von Verzeichnissen der Grabstätten der im Fein-
desland Gefallenen, denen Namen und Truppenteil und
möglichst Lagepläne beizufügen waren. Die willkürliche
Verlegung von Grabstätten wurde untersagt. Ein weiterer
Erlaß vom September lg#s war von der Absicht geleitet,
die im Feindesland gelegenen Grabstellen nach Beendigung
des Krieges durch Erwerb des Grund und Bodens zu er-
halten; die würdige Schmückung und Bepflanzung der
Gräber wurde gleichfalls angeordnet und eingeleitet. Vor
allem wurde auf die genaue Bezeichnung angelegter Grab-
stätten Wert gelegt.
Wao zu Beginn des Jahres los zur Fürsorge für die
Kriegergräber geschah, war zwar von wahrer Empfindung
getragen, bewies jedoch, daß ohne einheitliche Regelung und
obrigkeitliche Maßnahmen auch hier kein allseitig befriedi-
gendes Ergebnis gezeitigt werden könne. Die nun folgenden
zahlreichen Besprechungen zwischen den Vertretern der grö-
ßheren Bundesstaaten zielten auf die Errichtung amtlicher
Stellen hin, unter deren Leitung die Gräberfürsorge unter
Mitwirkung berufener Künstler von statten zu gehen habe.
Die ersten Erfahrungen und Vorschläge waren das Er-
gebnis einer Reise von Architekten, Bildhauern und Garten-
künsilern an die Ostfront. Im April 1916 erfolgte die
Gründung einer sächsischen „Landesberatungsstelle für Krie-
gergräber= und Denkmälerfürsorge“, die dem Ministerium
des Innern untersiellt wurde und deren Aufgabe es sein
sollte, die grundlegenden und organisatorischen Fragen zu
bearbeiten. Die Auoführung der Arbeiten wurde dem beim
„Landesverein Sächsischer Heimatsschutz“ bereits bestehen-
den Arbeitsausschuß übertragen. Im Mai lo##6 wurden die
früher vom preußischen Kriegoministerium herausgegebenen
„Leitsätze“ auch für Sachsen als maßgebend angenommen.
Zur Auoführung und Uberwachung der Gräberfürsorge und
des Denkmälerwesens wurden durch die Armec-Oberkom=
mandos Gräberverwaltungsoffijiere kommandiert, denen
das nötige Hilfspersonal beigegeben wurde. Je einem
Gräberverwaltungsoffizier unterstand ein Gräberverwal-
tungobezirk. So sehr die eigene auf die Fürsorge für die
Bestattung ihrer Gefallenen gerichtete Tätigkeit der Truppen
auch zu begrüßen war, im Interesse der Wahrung künsi-
lerischer Grundsätze und zur Verhütung sonstiger Mißgriffe
mußte den Truppen die Einholung des Nates der Landes-
beratungssielle doch zur Pflicht gemacht werden.
Bei dem Oberkommando der dritten Armee, die haupt-
sächlich aus sächsischen Truppen sich zusammensetzte, be-
stand ein Beirat aus sächsischen Künstlern. Auch sonst
nahmen sächsische Künsiler auf dem Gebiete der Gräber=
und Denkmälerpflege bevorzugte Stellungen ein.
Infolge der Einsetzung künsilerischer Beiräte in den
besetzten Gebieten und der Ernennung ihrer Mitglieder zu
Beamten von deren Verwaltungen mußte sich die Tätigkeit
der Landesberatungssiellen nunmehr auf die Fürsorge für
die Kriegergräber im Heimatgebiet beschränken.
Auf Wunsch des Königs von Sachsen erfolgte die Er-
richtung eines an die Kämpfe der 24. sächsischen Reserve-
division erinnernden Denkmals auf der Lysonia= Höhe süd-
östlich von Brzeczany.
In zahlreichen Fällen konnte den Wünschen von Hinter-
bliebenen nach Herstellung von Photographien der Gefalle-
nen durch die Gräberverwaltungsoffiziere Rechnung getragen
werden.
Bei Behandlung der mit dem Kriegsgefangenen-
wesenl) zusammenhängenden Fragen machte sich der
Mangel erschöpfender Bestimmungen und die Unsicherheit
der rechtlichen Verhältnisse sehr fühlbar. Für die Rechts-
frage boten Grundlagen die Rechtssätze der Haager Kon-
ferenz von 1899, das Genfer Abkommen zur Verbesserung
des Loses der Verwundeten und Kranken bei den im Felde
stehenden Heeren von 1906, die Haager Landkriegs-Ord-
nung und das Zehnte Haager Abkommen, betreffend die
Anwendung der Grundsätze des Genfer Abkommens auf den
Seekrieg von 1907. Einzelne Bestimmungen enthielten
ferner die Kriegsverpflegungsvorschrift, die Kriegsbesol-
dungsvorschrift, die Bekleidungsordnung und die Sanitäts-
bzw. die Felddienstordnung. Im einzelnen war durch die
erwähnten internationalen Abkommen der Willkür der krieg-
führenden Nationen weiter Spielraum gelassen, und es
zeigte sich auch bald, daß die meisten der Bestimmungen
durch die Verhältnisse überholt waren. So mußten zwischen
den kriegführenden Mächten im Laufe des Krieges zahlreiche
Abmachungen getroffen werden, zu deren Abschluß die Mit-
wirkung der Vertreter neutraler Mächte in Anspruch ge-
nommen werden mußte. Gegenstand besonderer Vereinbaru-
gen waren der Austausch der Listen über die Kriegsgefange-
nen, Freilassung des Sanitätspersonals und zu Kriegs-
zwecken nicht mehr verwendungofähiger Gefangener, Inter-
nierung von Kranken und Verwundeten in neutralen Län-
dern, Besoldung und Löhnung, sowie alles, was darauf
abzielte, den Kriegsgefangenen ihr Los zu erleichtern oder
überhaupt erträglich zu machen. Daß Deutschland die Waffe,
die es durch die lberzahl der von ihm gefangenen Feinde
in der Hand hatte, zuweilen drohend erheben mußte, um
seinen gerechten Forderungen Nachdruck zu verleihen, ist
kein Ruhmesblatt in der Geschichte seiner Gegner.
Als sehr segensreiche Maßnahme erwies sich das zwischen
Deutschland und Frankreich im Februar 1916 getroffene
und später auch von England angenommene Abkommen,
das die Unterbringung kranker und verwundeter Kriegs-
gefangener in der Schweiz zum Gegenstande hatte.
Bearbeitet wurden alle einschlägigen Fragen durch die
bei der Abteilung II mit dem 1. Februar 1917 errichtete
Sektion für Kriegogefangenenangelegenheiten
Abteilung llI (Justiz= und Versforgungsabteilung)
Wir müssen uns mit einem kurzen lUberblick über den
Werdegang der Abteilung während des Krieges und einer
Aufzählung ihrer Aufgaben begnügen.
Chef der Abteilung war der Wirkliche Geheime Kriegs-
rat Sturm. Die Abteilung bestand aus drei Sektionen.
Zu Beginn des Krieges bearbeiteten die beiden ersten
Sektionen im wesentlichen folgende Angelegenheiten: das
Militärjustizwesen, umfassend die Dienstaufsicht und alle
Angelegenheiten der Strafvollstreckung, des Straferlasses,
der Begnadigung, der Auolieferung, die Rechtoangelegen-
beiten des Kriegoministeriumo selbst, Gesetz= und Ver-
fassungssachen, persönliche Angelegenheiten der vortragen-
den Näte der Abteilung und der Militärjustizbeamten, Zioil-
versorgungs= und Anstellungssachen, Pensionsfragen der
Offiziere, Sanitätgoffiziere und oberen Beamten, allgemeine
Pensionsangelegenheiten der Unterbeamten, die gesetzliche
1) Vgl. Abschnitt „Gefangenenwesen“ in Band 3.