Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Holzlieferungen nach der Ostfront waren nicht nötig; 
auf den südlichen Kriegsschauplätzen mußten einige Pionier= 
parks versorgt werden. Die Hauptmasse ging nach Westen, 
wo Holzsammelstellen eingerichtet wurden, die die Befriedi- 
gung plöglich eintretenden Bedarfes auf lange Zeit zu er- 
reichen in der Lage waren. 
Bei der Kriegergräberfürsorge, die zu den vor- 
nehmsten Aufgaben der Armer-Verwaltungoabteilung ge- 
hörte, sei es gestattet, etwas länger zu. verweilen. Be- 
trachtet es der Deutsche schon in Friedenszeiten als eine 
Aufgabe der Pietät, seinen verstorbenen Angehörigen eine 
würdige Ruhestätte zu geben und diese möglichst lange vor 
dem Untergange zu bewahren, so mußte es Ehrenpflicht 
sein, den im Kampfe für das Vaterland Gefallenen das 
Gleiche zu gewähren. Ein Erlaß des preußischen Kriegs- 
ministers bestimmte schon im März des Jahres lg#s die 
Aufstellung von Verzeichnissen der Grabstätten der im Fein- 
desland Gefallenen, denen Namen und Truppenteil und 
möglichst Lagepläne beizufügen waren. Die willkürliche 
Verlegung von Grabstätten wurde untersagt. Ein weiterer 
Erlaß vom September lg#s war von der Absicht geleitet, 
die im Feindesland gelegenen Grabstellen nach Beendigung 
des Krieges durch Erwerb des Grund und Bodens zu er- 
halten; die würdige Schmückung und Bepflanzung der 
Gräber wurde gleichfalls angeordnet und eingeleitet. Vor 
allem wurde auf die genaue Bezeichnung angelegter Grab- 
stätten Wert gelegt. 
Wao zu Beginn des Jahres los zur Fürsorge für die 
Kriegergräber geschah, war zwar von wahrer Empfindung 
getragen, bewies jedoch, daß ohne einheitliche Regelung und 
obrigkeitliche Maßnahmen auch hier kein allseitig befriedi- 
gendes Ergebnis gezeitigt werden könne. Die nun folgenden 
zahlreichen Besprechungen zwischen den Vertretern der grö- 
ßheren Bundesstaaten zielten auf die Errichtung amtlicher 
Stellen hin, unter deren Leitung die Gräberfürsorge unter 
Mitwirkung berufener Künstler von statten zu gehen habe. 
Die ersten Erfahrungen und Vorschläge waren das Er- 
gebnis einer Reise von Architekten, Bildhauern und Garten- 
künsilern an die Ostfront. Im April 1916 erfolgte die 
Gründung einer sächsischen „Landesberatungsstelle für Krie- 
gergräber= und Denkmälerfürsorge“, die dem Ministerium 
des Innern untersiellt wurde und deren Aufgabe es sein 
sollte, die grundlegenden und organisatorischen Fragen zu 
bearbeiten. Die Auoführung der Arbeiten wurde dem beim 
„Landesverein Sächsischer Heimatsschutz“ bereits bestehen- 
den Arbeitsausschuß übertragen. Im Mai lo##6 wurden die 
früher vom preußischen Kriegoministerium herausgegebenen 
„Leitsätze“ auch für Sachsen als maßgebend angenommen. 
Zur Auoführung und Uberwachung der Gräberfürsorge und 
des Denkmälerwesens wurden durch die Armec-Oberkom= 
mandos Gräberverwaltungsoffijiere kommandiert, denen 
das nötige Hilfspersonal beigegeben wurde. Je einem 
Gräberverwaltungsoffizier unterstand ein Gräberverwal- 
tungobezirk. So sehr die eigene auf die Fürsorge für die 
Bestattung ihrer Gefallenen gerichtete Tätigkeit der Truppen 
auch zu begrüßen war, im Interesse der Wahrung künsi- 
lerischer Grundsätze und zur Verhütung sonstiger Mißgriffe 
mußte den Truppen die Einholung des Nates der Landes- 
beratungssielle doch zur Pflicht gemacht werden. 
Bei dem Oberkommando der dritten Armee, die haupt- 
sächlich aus sächsischen Truppen sich zusammensetzte, be- 
stand ein Beirat aus sächsischen Künstlern. Auch sonst 
nahmen sächsische Künsiler auf dem Gebiete der Gräber= 
und Denkmälerpflege bevorzugte Stellungen ein. 
Infolge der Einsetzung künsilerischer Beiräte in den 
besetzten Gebieten und der Ernennung ihrer Mitglieder zu 
Beamten von deren Verwaltungen mußte sich die Tätigkeit 
der Landesberatungssiellen nunmehr auf die Fürsorge für 
die Kriegergräber im Heimatgebiet beschränken. 
Auf Wunsch des Königs von Sachsen erfolgte die Er- 
richtung eines an die Kämpfe der 24. sächsischen Reserve- 
division erinnernden Denkmals auf der Lysonia= Höhe süd- 
östlich von Brzeczany. 
In zahlreichen Fällen konnte den Wünschen von Hinter- 
bliebenen nach Herstellung von Photographien der Gefalle- 
nen durch die Gräberverwaltungsoffiziere Rechnung getragen 
werden. 
Bei Behandlung der mit dem Kriegsgefangenen- 
wesenl) zusammenhängenden Fragen machte sich der 
Mangel erschöpfender Bestimmungen und die Unsicherheit 
der rechtlichen Verhältnisse sehr fühlbar. Für die Rechts- 
frage boten Grundlagen die Rechtssätze der Haager Kon- 
ferenz von 1899, das Genfer Abkommen zur Verbesserung 
des Loses der Verwundeten und Kranken bei den im Felde 
stehenden Heeren von 1906, die Haager Landkriegs-Ord- 
nung und das Zehnte Haager Abkommen, betreffend die 
Anwendung der Grundsätze des Genfer Abkommens auf den 
Seekrieg von 1907. Einzelne Bestimmungen enthielten 
ferner die Kriegsverpflegungsvorschrift, die Kriegsbesol- 
dungsvorschrift, die Bekleidungsordnung und die Sanitäts- 
bzw. die Felddienstordnung. Im einzelnen war durch die 
erwähnten internationalen Abkommen der Willkür der krieg- 
führenden Nationen weiter Spielraum gelassen, und es 
zeigte sich auch bald, daß die meisten der Bestimmungen 
durch die Verhältnisse überholt waren. So mußten zwischen 
den kriegführenden Mächten im Laufe des Krieges zahlreiche 
Abmachungen getroffen werden, zu deren Abschluß die Mit- 
wirkung der Vertreter neutraler Mächte in Anspruch ge- 
nommen werden mußte. Gegenstand besonderer Vereinbaru- 
gen waren der Austausch der Listen über die Kriegsgefange- 
nen, Freilassung des Sanitätspersonals und zu Kriegs- 
zwecken nicht mehr verwendungofähiger Gefangener, Inter- 
nierung von Kranken und Verwundeten in neutralen Län- 
dern, Besoldung und Löhnung, sowie alles, was darauf 
abzielte, den Kriegsgefangenen ihr Los zu erleichtern oder 
überhaupt erträglich zu machen. Daß Deutschland die Waffe, 
die es durch die lberzahl der von ihm gefangenen Feinde 
in der Hand hatte, zuweilen drohend erheben mußte, um 
seinen gerechten Forderungen Nachdruck zu verleihen, ist 
kein Ruhmesblatt in der Geschichte seiner Gegner. 
Als sehr segensreiche Maßnahme erwies sich das zwischen 
Deutschland und Frankreich im Februar 1916 getroffene 
und später auch von England angenommene Abkommen, 
das die Unterbringung kranker und verwundeter Kriegs- 
gefangener in der Schweiz zum Gegenstande hatte. 
Bearbeitet wurden alle einschlägigen Fragen durch die 
bei der Abteilung II mit dem 1. Februar 1917 errichtete 
Sektion für Kriegogefangenenangelegenheiten 
Abteilung llI (Justiz= und Versforgungsabteilung) 
Wir müssen uns mit einem kurzen lUberblick über den 
Werdegang der Abteilung während des Krieges und einer 
Aufzählung ihrer Aufgaben begnügen. 
Chef der Abteilung war der Wirkliche Geheime Kriegs- 
rat Sturm. Die Abteilung bestand aus drei Sektionen. 
Zu Beginn des Krieges bearbeiteten die beiden ersten 
Sektionen im wesentlichen folgende Angelegenheiten: das 
Militärjustizwesen, umfassend die Dienstaufsicht und alle 
Angelegenheiten der Strafvollstreckung, des Straferlasses, 
der Begnadigung, der Auolieferung, die Rechtoangelegen- 
beiten des Kriegoministeriumo selbst, Gesetz= und Ver- 
fassungssachen, persönliche Angelegenheiten der vortragen- 
den Näte der Abteilung und der Militärjustizbeamten, Zioil- 
versorgungs= und Anstellungssachen, Pensionsfragen der 
Offiziere, Sanitätgoffiziere und oberen Beamten, allgemeine 
Pensionsangelegenheiten der Unterbeamten, die gesetzliche 
1) Vgl. Abschnitt „Gefangenenwesen“ in Band 3.
	        
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