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in Anstalten wie dem Ritterschaftlichen Institut zu Bautzen
im XII. und mit Hilfe der Reservelazarette Heimatdank
mit landwirtschaftlichen und gärtnerischen Arbeiten vertraut
machte; im allgemeinen bestand bei den Kriegsverletzten
die Neigung, nicht zu ihrem früheren Berufe zurückzukehren,
sondern in Schreibstuben, kaufmännischen und Bureau-
betrieben Unterkommen zu suchen.
Die Krüppelfürsorge übernahm bei Heeresange-
börigen die Heeresverwaltung, bei Entlassenen dieselbe in
Gemeinschaft mit den zioilen und privaten Organisationen
und Behörden. Im November 1914 wurde ein Landes-
ausschuß für Kriegskrüppelfürsorge gegründet, dem Ver-
treter des Kriegoministeriums, des Landesvereins vom
Roten Kreuz, des Landesgesundheitsamtes und des Ver-
bandes der öffentlichen gemeinnützigen Arbeitsnachweise des
Königreichs Sachsen angehörten. Für die Regierungsbezirke
Dreoden und Bautzen war der Dreodner Verein „Krüppel-
hilfe“, für den Regierungsbezirk Leipzig das „Heim für
gebrechliche Kinder, Humanitas“, für die Negierungsbe-
zirke Zwickau und Chemnitz der Verein für bildungsfähige
Krüppel tätig. Die Vorbereitung für die Wiederaufnahme
beruflicher Tätigkeit wurde auch hier stets im Auge be-
halten, da ihr die körperliche Heilung fördernder Einfluß
bald erkannt worden war. —
Zur Unterbringung von Seuchenkranker bestan-
den zunächst nur Isolierstationen bei einzelnen Lazaretten.
Für die mit Nuhr, Typhus, Fleckfieber und Cholera Be-
hafteten wurden dann im ganzen 300 Lagerstellen in Laza-
retten und Krankenhäusern bereitgestellt. Da diese Zahl
aber bald bei weitem nicht ausreichte und die Unterbringung
Seuchenkranker in der Nähe anderer Kranker die Gefahr
der Ansteckung und Ausbreitung der Seuchen im Lande
befürchten ließ, begann man im Frühjahr lols mit dem
Bau des Seuchenlazarettes Zeithain C. Das Lazarett war
für looo Kranke eingerichtet, für deren bequemere Zu-
führung eine besondere Gleisanlage geschaffen wurde. Es
war überdies mit eigener Wäscherei, Kläranlage und elek-
trischer Beleuchtung versehen.
Der Einschleppung von Seuchen vorbeugend zu wirken,
war die Aufgabe der Sanierungsanstalt Reick bei
Dresden, die im Juni lols angelegt wurde. Täglich konn=
ten dort 1000 Mann entlaust werden. Zur Entlausung
von Tuchsachen waren sechs, für Ledersachen drei Ofen
vorhanden. Von Beginn des Jahres 19145 bis zum 1. Juli
1918 wurden 224 000 Entlausungen vorgenommen.
Das der Sanierungsanstalt angegliederte Pferdebad wurde
vom 14. Februar 1916 bis Ende Juni 1918 von 11783
Pferden in Anspruch genommen.
Die Sanierungsanstalt in Zeithain bot für 300 Mann
täglich Entlausungsmöglichkeit.
Schutzimpfungen gegen Pocken, Cholera und Typhus
haben keine Störungen ernsthafter Art hervorgerufen. Außer
den Heeresangehörigen wurden nur die Hilfsdienstpflich-
tigen durchgeimpft. Die Impfung aller Hilfskräfte sollte
einzig bei Seuchenverdacht vorgenommen werden.
Schutzmaßnahmengegendie Übertragung von
epidemischen Erkrankungen von Ort zu Ort be-
standen u. a. in dem Erlaß von Urlaubsverboten nach Orten,
in denen Epidemien herrschten und in der Beobachtung von
Heeresangehörigen, die aus solchen Orten kamen; in der
gegenseitigen Benachrichtigung von Zivil= und Militärbehör=
den über das Auftreten ansteckender Krankheiten usw. Zur
Aufklärung über ansteckende Krankheiten, deren Folgen und
Verhütung wurden Merkblätter ausgegeben.
Für bakteriologische Untersuchungen waren im
Kontingentsbereich drei Stellen vorhanden: zwei in Dres-
den und eine beim Senchenlazarett Zeithain.
Auf die Bekämpfung der Geschlechtskrank=
beiten und ihre Eindämmung wurde die größte Sorgfalt
verwandt. Es wurden Merkblätter und Aufklärungsschriften
an Erkrankte und Gesunde ausgegeben, mündliche Beleh-
rungen und Gesundheitsbesichtigungen abgehalten, die Er-
krankten in Sonderlazaretten von besonders tüchtigen Fach-
ärzten behandelt, die nicht speziell vorgebildeten Arzte wur-
den in den geläufigsten Heilmethoden unterwiesen. Die
Beratungsstellen der Landesversicherungsanstalten wurden
besonders unterstützt; an größeren Durchgangsstationen
wurden Uberwachungsstellen für Militärpersonen einge-
richtet, um diese vor den Gefahren der Straßenprostitution
zu bewahren.
Nachdem aus dem Südosten die Malaria in zahlreichen
Fällen eingeschleppt worden war, wurden für die Behand-
lung der Erkrankten Sonderabteilungen bei einzelnen Laza-
retten eingerichtet und die für diese Abteilung bestimmten
behandelnden Arzte zunächst zur Ausbildung beim Tropen-
hygienischen Institut in Hamburg kommandiert.
Die Bekämpfung der zeitweise sehr stark auftretenden
Bartflechte war nicht einfach, da sie an ungemein zahl-
reichen Stellen einsetzen mußte — nämlich überall bei
den Barbieren.
Für den Transport von. Kranken und Verwun-
deten von der Front nach dem Heimatgebiet
wurden zwei Lazarettzüge, ein Hilfslazarettzug und sechs
Vereinslazarettzüge in Sachsen aufgestellt; von den letz-
teren war einer von vornherein für Preußen bestimmt,
ein weiterer wurde von Preußen übernommen, so daß nur
vier für das sächsische Kontingent in Betracht kamen. Da
häufig zum Transport von Verwundeten die Lazarettzüge
nicht ausreichten, wurden aushilfsweise sogenannte Leicht-
krankenzüge verwandt, die, nachdem sie mit Arzten, Personal
und den nötigsten hygienischen Einrichtungen versehen wor-
den waren, zu ständigen Einrichtungen wurden.
Dem besonders in den ersten Kriegsmonaten auftreten-
den Mißstande, daß Verwundete und Kranke auf eigene
Faust sich auf die Heimreise begaben und sich oft wochen-
lang jeder militärischen Kontrolle entzogen, wurde mit allen
Mitteln zu begegnen versucht.
Innerhalb der Standorte erfolgte der Transport der
mit der Bahn ankommenden Kranken und Verwundeten
zunächst mit Hilfe der Sanitätskolonnen mittels Kraft-
wagen, bei deren Seltenwerden mittels Möbelwagen und,
wo angängig, mit der Strassenbahn.
Die Verteilung der mit Lazarettzügen aus dem Felde
oder der Etappe heimkehrenden Verwundeten und Kranken
war Sache der Linienkommandantur E. Von Kriegsanfang
bis zum 1. Juli 1918 wurden durch Vermittelung der ge-
nannten Linienkommandantur 708 Lazarett= und Kranken-
züge ausgeladen mit insgesamt 1976627 Kranken und Ver-
wundeten. Dem Sanitätödienst der Linienkommandantur
lag ferner die Bearbeitung der regelmäßigen Lagerstellen-
meldungen ob; außerdem war er mit der Uberwachung
der sanitären und Verpflegungseinrichtungen der Bahn-
höfe — Eisenbahnverpflegungsstellen und Kriegsverpfle-
gungsanstalten —, sowie der Krankenerfrischungsstellen
und der Bahnhofswachen der Freiwilligen Krankenpflege
betraut. Schließlich war eine sehr wichtige Aufgabe des
Sanitätödienstes der Linienkommandantur E die Unter-
suchung und Begutachtung der ins Feld gehenden und von
dort zurückkehrenden Militärcisenbahnbeamten.
Für das Beerdigungswesen waren im Heimatge-
biet die Friedensgrundsätze auch während des Krieges maß-
gebend. Den Hinterbliebenen konnte nur ein Teil der auf-
gewendeten Beerdigungskosten gewährt werden. Im Ok-
tober 1917 wurde bestimmt, daß die zu Beerdigenden nicht
mehr mit Uniformstücken, sondern mit Papierbekleidungs-
stücken auszustatten seien. —
Mit Anwachsen der Zahl der Ersatztruppenteile und dem
Sinken der Beschaffenheit des Menschenmaterials nahm