Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

sie von den bereits im Frieden dazu bestimmten Verwal- 
tungsorganen in Empfang genommen, gesichtet und, wenn 
nötig, instandgesetzt werden. Da voraussichtlich die Unter- 
bringung der großen Mengen von Gegenständen auf erhebliche 
Schwierigkeiten stoßen würde, mußten Anweisungen für 
die Belegung aller verfügbaren geeigneten Räume, im Not- 
fall für die Lagerung im Freien vorbereitet werden. Der 
Teil des Heeresgerätes, der in den Parks der Armeeober- 
kommandos, den Depots, Wirtschafts= und Fabrikbetrieben 
der Etappeninspektionen hinter der Front aufgestapelt war, 
— und das war der bei weitem größere —, sollte in vor- 
handenen oder neu zu bildenden „Sammellagern“ in 
Etappengebiet gesichtet und von dort in geschlossenen Güter- 
zügen in das Heimatsgebiet abtransportiert werden. Hier 
sollten in großzügig angelegten „Demobilmachungslagern“ 
diese Geräte Aufnahme finden, bis von der Heeresverwal- 
tung über sie, sei es in deren eigenem Interesse, sei es zwecks 
Überlassung an die Volkswirtschaft, verfügt werden würde. 
Um ein erfolgreiches und vor allem einheitliches Vor- 
gehen aller Behörden gelegentlich der Demobilmachungs- 
vorbereitungen zu erzielen, hatten die stellvertretenden Gene- 
ralkommandos. und alle obersten Waffenbehörden der Hei- 
mat sichten“ aufzustellen, die durch 
mondslüchr Veränderungsnachweisungen auf dem Laufenden 
zu erhalten waren. Die sächsische Feldzeugmeisterei gab 
eine besondere Demobilmachungsanweisung, die Kriegs- 
amtstelle Leipzig eine „Anweisung der Arbeitsverteilung für 
die Vorbereitung und Durchführung der Demobilmachung 
im Bereiche des stellv. Generalkommandos XIX“ heraus. 
Neben der rein militärischen erforderte die militär- 
wirtschaftliche Demobilmachung sorgfältigste Vor- 
bereitung. Es galt vor allem, die auf den gewaltigen 
Kriegsheeresbedarf eingestellten militärwirtschaftlichen Be- 
triebe in materieller wie personeller Beziehung auf ein 
Leistungsmaß herabzusetzen, das den veränderten, geringe- 
ren Bedürfnissen entsprach. Es mußten zunächst Ubersichten 
darüber geschaffen werden, wann die von den technischen 
Instituten usw. über das friedensmäßige und voraussicht- 
lich nachkriegsmäßige Maß hinaus ermieteten Räume und 
Anlagen entbehrlich für die Heeresverwaltung werden wür- 
den. Diejenigen Eigenbetriebe der Heeresverwaltung mußten 
bestimmt werden, die mit der Demobilmachung zu bestehen 
aufhören sollten. Es mußte festgesetzt werden, welche Auf- 
träge bei Friedensschluß noch nicht erledigt sein würden und 
wie mit ihnen zu verfahren sein würde. Für rechtzeitigen Er- 
satz der mit Ausspruch der Demobilmachung aus den wirt- 
schaftlichen Betrieben der Heeresverwaltung ausscheidenden 
Militärpersonen mußte gesorgt, namentliche Verzeichnisse 
der Zurückbehaltenden mußten aufgestellt werden. 
Für die volkswirtschaftliche Demobilmachung 
waren im allgemeinen die Zivilministerien zuständig, 
namentlich für die materielle. Die personelle, die die 
gesamte Umstellung der Volkswirtschaft auf den Frie- 
denszustand umfaßt, sollte ausschließlich Sache der Heeres- 
verwaltung sein. Es galt, die bisher im Interesse der 
Heeres= und Kriegewirtschaftsbedürfnisse verwendeten Men- 
schenkräfte zunächst in die Volkswirtschaft der Ubergangs-= 
zeit so glatt und zweckmäßig wie möglich hinüberzuleiten. 
Die Kriegsamtstellen und Kriegowirtschaftsämter sahen 
sich hier vor Aufgaben von schwerwiegendster Bedeutung 
gestellt. Leitender Grundsatz war dabei: sobald als mög- 
lich und in weitestem Umfange dem Staats-, Wirtschafts- 
und Geistesleben wieder die geeigneten Kräfte zuzuführen. 
Vorwiegend die militärischen Interessen sollten für die 
Entlassungen, für deren Ausführung namentlich die wirt- 
schaftlichen maßgebend sein. 
Um die personelle Demobilmachung in diesem 
Sinne durchführen zu können, mußte ein Bild über die 
voraussichtliche Lage des Arbeitsmarktes bei Kriegsende 
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geschaffen werden. Zu diesem Zwecke fand im August 1917 
eine Betriebszählung statt, deren Ergebnisse durch die Er- 
hebungen der Kriegsamtstellen über den voraussichtlichen 
Bedarf an Arbeitskräften bei der Demobilmachung inner- 
halb ihrer Korpsbezirke zweckmäßig ergänzt wurden. 
Ein besonders wichtiges Gebiet war die Abstoßung der 
weiblichen und jugendlichen Arbeitskräfte, die die männ- 
lichen während des Krieges in großem Umfange hatten 
ersetzen müssen. Damit im Ernstfalle Härten vermieden 
und besonders ein hoher Prozentsatz von Frauen und 
JFrgendlichen nicht plötzlich brotlos würde, mußten die 
Kriegsamtstellen über den voraussichtlichen Stand der 
Frauenarbeit nach dem Kriege statistische Erhebungen an= 
stellen, auf Grund deren die Grundsätze für die Umstellung 
der Frauen= und Jugendlichenarbeit aufzustellen waren. 
Da mit Eintritt der Demobilmachung eher eine Steige- 
rung, als eine Minderung der Kleinwohnungsnot zu er- 
warten war, mußten zunächst die Wohnungsnotgebiete fest- 
gestellt und Erörterungen über Abhilfemaßnahmen ge- 
pflogen werden. Alle Anregungen von seiten der bürger- 
lichen Behörden, alle Ersuchen um Uberlassung von Bau- 
stoffen und besonders Baracken aus Heeresbeständen wur- 
den eingehend in Erwägung gezogen, ohne daß die Frage der 
baldigen Schaffung von Kleinwohnungen restlos gelöst wurde. 
Bezüglich der Verwertung des entbehrlichen Heeres- 
gerätes und der Zuführung desselben an die Volkswirt- 
schaft wurde im Dezember, 19118 die Gründung des Reichs- 
verwertungsamtes in Berlin vollzogen. Für Sachsen 
wurde eine Landesstelle in Dresden errichtet. — 
Abteilung VII (Versorgungsabteilung) 
Die Geschäfte einer Versorgungsabteilung wurden 
bis zum 30. Oktober 1916 von der Sektion B der Justiz-- 
abteilung besorgt. 
Die Einrichtung einer besonderen Abteilung — Abtei- 
lung VII — für diese Angelegenheiten machte sich jedoch 
nötig. Bereits kurze Zeit nach Ausspruch der Mobilmachung 
wurden Regelungen der Pensionsangelegenheiten ehemaliger 
Offiziere und Beamten, die wieder in Heeresdienste traten, 
erforderlich. Die ersten Verluste des Krieges brachten An- 
träge auf Witwen= und Waisengeld, deren Zahl sich rasch 
vermehrte. Sogenanntes „Elterngeld“, sowie besondere Zu- 
wendungen wurden je länger je mehr beantragt. Die Prü- 
fung der Entwürfe zur Abänderung der Militär-Pensions- 
und Hint setze machte erhöhte Ar- 
beitsleistung nötig; die Aufgaben, die die soziale Fürsorge 
für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene und das Kapital- 
Abfindungegesetz stellten, drängten zur Schaffung einer be- 
sonderen Ministerialabteilung, die mit dem 1. November 
1916 vonstatten ging. Mit diesem Zeitpunkte siedelte die 
Abteilung in das Grundstück Katserstraße Nr. 7 über, um 
am 1. April 1918 nach Hospitalstraße Nr. 7 umzuziehen. 
Chef der Abteilung war der Wirkliche Geheime Kriegsrat 
Feine, nach dessen um Mitte 1918 erfolgten Tode der 
Wirkliche Geheime Kriegsrat Lissner. 
Die Tätigkeit der Abteilung im einzelnen zu schildern, 
würde zu weit führen. Es mag eine Aufzählung der An- 
gelegenheiten genügen, die während des Krieges die Ab- 
teilung besonders beschäftigt haben: Neben den schon er- 
wähnten Pensionsregelungen wiederverwendeter pensionier- 
ter Offiziere und Beamten, Neupensionierungen von Offi- 
zieren und Beamten infolge Kriegsdienstbeschädigungen; 
Anträge von Witwen und Waisen gefallener oder infolge 
Kriegsdienstbeschädigung verstorbener Offiziere und Be- 
amten; Einsprüche von Rentenempfängern und Hinter- 
bliebenen gegen ihre Abfindung; Elterngeldanträge; Zu- 
wendungen für Hinterbliebene der Unterklassen, für Eltern, 
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