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öffentlichen Verkehrs übernahmen. Die Leipziger Emp-
fänger wurden durch Postkarte zur Abholung der
Pakete aufgefordert;
d) Die Kassenstelle besorgte die allgemein üblichen
Kassengeschäfte, erledigte die Verrechnung der einzel-
nen Transporte mit den Begleitern und hatte außer-
dem die dem Militärpaketamt Leipzig übertragene Aus-
gabe von Marschverpflegung an fremde Transport-
begleiter und einzeln reisende Militärpersonen vorzu-
nehmen.
Die Tätigkeit des Militärpaketamtes ist sowohl der kämp-
fenden Truppe als auch der Bevölkerung im Lande von
großem Nutzen gewesen. Da die Post nicht imstande war,
die aufkommenden Pakete zu befördern, mußte die Militär=
behörde eingreifen und den Paketversand und die Eisen-
bahngutbeförderung selbst in die Hand nehmen. Hierdurch
wurde es möglich, der Truppe die ungeheure Menge von
Bedarfsgegenständen nachzuführen, welche bei der Mobil-
machung und dem schnellen Abrücken der Truppen nicht
in so kurzer Zeit beschafft werden konnten. Aber auch später
bildeten die vielen Sendungen ein sehr angenehmes und mit
vielem Dank auf beiden Seiten angenommenes Bindeglied
zwischen Feld und Heimat.
Das Militärpaketamt hat bis zum 31. März 1918 2281
Eisenbahmwagen aus dem Felde mit Heimatsendungen er-
halten und bearbeitet. Man kann annehmen, daß jeder dieser
Wagen außer den Gebrauchsgegenständen so# kg Lebens-
mittel enthalten hat, so daß allein durch das Militärpaket-
amt Leipzig über 11 Millionen Kilogramm Lebenemittel in
das Deutsche Reich eingeführt worden sind.
Nach= und Abschubüberwachungsstelle
Infolge der durch den Krieg bedingten wirtschaftlichen
Lage nahmen die Entwendungen und Beraubungen an Hee-
resgütern einen derartig großen Umfang an, daß das preu-
Kische Kriegsministerium sich veranlaßt sah, die Uberwa-
chung des Nach= und Abschubverkehrs im Heimatgebiete
zu verfügen und deshalb zunächst an sieben wichtigen Punk-
ten sogenannte Außenkommandos einrichtete. Nach kurzem
Bestehen zeigte sich schon, daß die polizeilichen Über-
wachungsstellen die Heeresverwaltung durch Aufdecken von
Diebstählen vor erheblicher Beschädigung bewahrt hatten.
Deshalb wurde für jede Armee ein solches Kommando ein-
gerichtet. Die Leipziger Uberwachungsstelle begann ihre
Tätigkeit am 24. Oktober 1917. Da erfahrungsgemäß
die meisten Beraubungen an Heeresgütern während der
Beförderung vorkamen, wurde zunächst die scharfe Uber-
wachung der Transportwagen ins Auge gefaßt. Hieraus
ergab sich folgende Arbeitseinteilung:
a) Bei besonders wichtigen militärischen Transporten
stellte das Kommando selbst die Begleitmannschaften,
die die Sendung vom Einladen auf der Abgangs-
station bis zum Entladen auf der Empfangsstelle unter
dauernder Kontrolle hielten. Oft wurde den Trans-
porten auch ein geheimer Begleiter beigegeben, um ne-
ben der Kontrolle der Sendung eine Beobachtung der
Begleitmannschaften, die von Truppenteilen gestellt
wurden, zu ermöglichen;
b) die größeren Nangierbahnhöfe, Güterböden und Lade-
straßen sowie auch die Depots und militärischen Lager-
stellen wurden einer Beobachtung unterstellt, die durch
Patrouillengänge und Beschäftigung von Angehörigen
des Kommandos an der betreffenden Stelle durchge-
führt wurde;
I) die von behördlicher wie auch privater Seite eingegan-
genen schriftlichen oder telephonischen Meldungen über
Beobachtung von Unregelmäßigkeiten wurde einem An-
behörigen des Kommandos zur Weiterverfolgung über-
eben.
Die Kommandos konnten die von ihnen begleiteten Trans-
porte sämtlich richtig abliefern. Die stillen Begleiter machten
einige Male schon bei dem Beladen Beobachtungen von Un-
regelmäßigkeiten. In 29 teils gemeldeten, teils beobach-
teten Fällen wurden §1 Täter ermittelt und Gegenstände
in rte von rund s000 Mark beschlagnahmt bzw. sicher-
gestellt.
Volkswirtschaftliche Abteilung
Das Zurückstellungswesen, das in Friedenszeiten in der
Hauptsache in den Händen der Ersatzkommission ruhte,
wuchs mit dem Fortschreiten des Krieges und der allmäh-
lichen Steigerung der Heeresersatzanforderungen mehr und
mehr dem Zuständigkeitsbereiche des stellvertretenden Ge-
neralkommandos zu. Diese im Laufe des Krieges eintre-
tende Zentralisierung des Jurückstellungswesens hatte natur-
gemäß ein starkes Anwachsen der zahlreichen, täglich ein-
gehenden Gesuche, Anträge, Eingaben sowie Anfragen aller
Art zur Folge. In ganz besonderem Maße war dies gerade
beim hiesigen Generalkommando zu beobachten, dessen dicht.
bevölkerter Bezirk der Sitz eines ausgedehnten Handelo,
einer weitverzweigten, namentlich für den Kriegsbedarf
stark in Anspruch genommenen Industrie sowie einer in
intensivster Weise arbeitenden Landwirtschaft mit gut ent-
wickelten Nebenbetrieben ist. Hieraus ergab sich die Not-
wendigkeit, den volkswirtschaftlich bedeutsamen Gewerbe-
zweigen, denen wehrpflichtige, insbesondere kriegsverwen-
dungsfähige Mannschaften mehr und mehr entzogen wur-
den, je nach ihrem Bedarfe auch wieder Arbeitskräfte zu-
zuführen. Damit trat zugleich eine allmähliche Verschie-
bung des Schwerpunktes der dem siellvertretenden Gene-
ralkommando auf dem Gebiete des Ersatzwesens zugewie-
senen Aufgaben ein; es waren nicht mehr einseitig nur die-
t die Heeresergänzung erforderlichen Ersatzkräfte bereit-
zustellen, sondern in gleicher Weise Ersatzkräfte, z. B. Ar-
beitslose, Kriegsbeschädigte, Frauen, Jugendliche, Kriego-
gefangene und Ausländer auch für die Kriegswirtschaft zu
sichern oder ihr zuzuführen, soweit dies zur Aufrechterhal-
tung des hoch entwickelten Wirtschaftslebens im XIX. Ar-
meekorps notwendig erschien. Die hiermit verbundene stete
Steigerung der von der Abteilung le geführten Geschäfte
und die Schwierigkeit, der doppelten Aufgaße gerecht zu.
werden, führten zu der Erkenntnis, daß es besonderer orga-
nisatorischer Maßnahmen bedürfe, um diesen Tätigkeits-
bereich des stellvertretenden Generalkommandos XIX eine
feste Grundlage zu geben. Dieser Erkenntnis verdankt die
volkswirtschaftliche Abteilung des stellvertretenden Kom-
mandos XIX, welche durch Verordnung vom 25. No-
vember ins Leben gerufen wurde, ihre Entstehung. Ihre
Aufgaben wurden vom Kriegoministerium in großen Um-
rissen nach folgenden drei Punkten bezeichnet:
1. Ersatzbeschaffung für das Heer,
2. Kräftigerhaltung der Heeresindustrie,
3. Rücksichtnahme auf allgemeine volkswirtschaftliche und-
Landesinteressen.
Der volkswirtschaftlichen Abteilung lag gleich bei Beginn
ihrer Tätigkeit eine Fülle zu erledigender Aufgaben verschie-
dentlichster Art ob. Zur schnelleren Erledigung wurden.
Einzelunterabteilungen errichtet, die teils nach sachlichen Ge-
bieten (Urlaubs-, Fabriken--, Beamten-, Postabteilungen),
teils nach örtlichen Bezirken (Leipzig-Stadt, Leipzig-Land,
Chemnitz, Zwickau) abgegrenzt wurden. Die Erledigung.
der Eingänge von grundsätzlicher Bedeutung, die Aus-
arbeitung allgemeiner Verfügungen sowie die Bearbeitung.
besonders schwieriger Einzelfälle lag einer generellen Abtei-
lung ob. Zur Beurteilung der zahlreichen juristischen, volks-