Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Gesundheit und Sittlichkeit der Frauen sowie die Er- 
ziehung der Kinder keinen Schaden litten, die Not von den 
Familien ferngehalten wurde und zugleich alle entbehr-- 
lichen männlichen Arbeitskräfte für die Front und die 
schwerste Arbeit freigemacht wurden. Die Kriegsamtstelle 
war bemüht, die Fähigkeit und Willigkeit sowie die Stetig- 
keit der weiblichen Arbeitskräfte zu fördern, Arbeitohemm-= 
nisse nach Möglichkeit zu beseitigen. Zu diesem Zwecke 
wurden neben der Fürsorge zur Erhöhung der persönlichen 
Arbeitsfähigkeit der Frauen Einrichtungen getroffen, die 
dem Wohle der zugehörigen Familienmitglieder dienten. 
In vielen Fällen ermöglichte erst die Unterbringung der 
Kinder in Pflegestellen, Krippen, Bewahranstalten, Horte 
usw. es den Müttern, die Arbeit in den Kriegsbetrieben 
aufzunehmen. 
Organisation der Materialwirtschaft 
Das Bestreben der Kriegeamtstelle war auf zeitgemässe 
und wirtschaftliche Verwendung aller Materialien gerichtet. 
Zu diesem Zwecke wirkte sie durch Beratungen technischer 
Art auf die Betriebsgestaltung kriegswichtiger Unterneh- 
mungen ein, brachte bei Vergebung von Heeresaufträgen 
geeignete Firmen in Vorschlag, kontrollierte solche Aufträge 
auf ihren Fortgang hin und gab Werkzeug, Maschinen, 
Lokomobilen usw. frei. Ferner bearbeitete sie die Beschlag- 
nahme und Enteignung von Maschinen, Verfolgung von 
Kriegewucher und Kettenhandel, wenn er bei der Durch- 
führung der Heeresaufträge eintrat, und veranlaßte die 
Verhängung von Handelsverboten. Die Uberwachung der 
kriegswichtigen Betriebe machte auch Prüfungen und Gut- 
achten kaufmännischer Art, fachtechnische Prüfungen und 
Gutachten über Personalfragen, Leistungofähigkeit der Be- 
triebe und zweckmäßige Arbeitsmethoden erforderlich. Die 
Notwendigkeit beabsichtigter Maschinen= und Material- 
beschaffung wurde stets eingehend bontrolliert. Zur mög- 
lichst großen Ausnutzung der immer schwieriger zu beschaf- 
fenden Kohlen überwachte die Kriegsamtstelle die Elektri- 
zitätswerke, Uberlandzentralen und elektrotechnische Firmen 
in bezug auf Leistungsfähigkeit, Personal, Betriebterweite- 
rungen und Materialbedarf. Ferner kontrollierte sie laufend 
chemische Betriebe hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Vergröße- 
rung, Personal und Beseitigung von Schwierigkeiten irgend- 
welcher Art, nahm textilfachmännische Prüfungen vor und 
bearbeitete Gutachten über Leistungsfähigkeit, Umstellung 
zur Bearbeitung von Ersatzsioffen und Neuanschaffungen in 
Textilbetrieben. Zwecks Still= und Zusammenlegung von 
Betrieben verhandelte sie mit den in Betracht kommenden 
Firmen bzw. Vertrauensleuten. Eine ständige Uberwachung 
für Sprengstoffe und Munitionsfabriken erfolgte durch 
einen besonderen Uberwachungsausschuß, welcher auch die 
Bau= und Betriebsgenehmigungen für die genannten Fabri- 
ken bearbeitete. Schließlich ist auf diesem Gebiete noch die 
Feuerschutzabteilung anzuführen, welche Revisions= und 
Brandbesichtigungen in kriegswichtigen Betrieben vornahm, 
um zur Verhütung von Feuersgefahr die Befolgung der 
einschlägigen Vorschriften zu erzwingen. Hinsichtlich Kohle- 
und Holgzbeschaffung, Elektrigitäts-, Gas= und Wasser- 
bewirtschaftung sowie Bergbau waren von den höheren 
Dienststellen viele Verordnungen und Befehle erlassen wor- 
den, deren Durchführung die Kriegsamtstelle leitete und 
überwachte. Sie war dabei zugleich bestrebt, diesen Be- 
trieben die Wege für deren besondere Zwecke zu bahnen. 
Alle Maßnahmen liefen darauf hinaus, mit einem Mindest- 
aufwand an Menschenkräften urd Material Höchstleistungen 
zu erzielen. Im einzelnen ergaben sich auf diesem Gebiete 
folgende Aufgaben: 
Zur Kohlenbeschaffung. 
1. Unterstützung des Reichskommissars für die Reichs- 
kohlenverteilung und seiner Organe in der Erfassung 
  
des Bedarfs an Brennmaterialien und in ihrer 
Verteilung auf die einzelnen Industriezweige, der 
Kriegswichtigkeit der Unternehmungen entsprechend, 
2. Vermittlung der Monatsmeldekarten des Reichs- 
kommissars, 
3. Prüfung der Kohlenzuweisungsanträge auf Grund 
der Revisionen, 
4. Beschlagnahme von Kohlenbeständen in stillgelegten 
Betrieben, 
*. Verkehr mit den Ortskohlenstellen, soweit der Haus- 
brand in Betracht kam. 
Zur Elektrizitäts-, Gas= und Wasserbewirt- 
schaftung. Sämtliche Arbeiten bezweckten: 
1. Die Herabminderung des Verbrauchs von Kohlen 
für die Erzeugung von Elektrizität und Gas an 
Hand der vom Reichskommissar angeordneten Maß- 
nahmen betr. Einschränkung von Elektrizität und 
as, 
2. Sicherstellung und Aufrechterhaltung des Betriebes 
der Elektrizitäts-, Gas= und Wasserwerke. 
Die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen 
waren teils regelmäßig wiederkehrende, teils außergewöhn- 
lich zu erledigende Aufgaben. Zu ersteren gehörten folgende 
Arbeiten: 
a) Erteilung von Ausnahmebewilligungen auf vorzugs- 
weise Entnahme von Elektrizität und Gas, nament- 
lich für kriegswichtige oder volkowirtschaftlich wich= 
tige Betriebe, 
b) vierteljährliche Prüfung der erteilten Genehmigun- 
gen und erforderlichenfalls deren Verlängerung, 
T) Erteilung von Genehmigungen zu Neuanschlüssen 
an Elektrizitäts-, Gas= und Wasserwerke, falls sich 
eine dringende Notwendigkeit für den Anschluß 
ergab, 
d) Prüfung, Bearbeitung und Weiterleitung von An- 
trägen auf Elektrisierung von Dampfbetrieben und 
Zusammenschluß von Elektrizitätswerken, 
e) Prüfung und ev. Berichtigung der von den Elektri- 
zitätswerken aufgestellten Notbelieferungspläne bei 
eintretenden Betriebsstörungen, 
)rüfung und ev. Berichtigung der von den Elektri- 
zitäts= und Gaswerken aufgestellten Ortsvor- 
schriften, 
8) Verarbeitung der von den Elektrizitätswerken 
monatlich betr. Einschränkung einzureichenden Er- 
folgoberichte, 
h) Unterstützung der Elektrizitätowerke hinsichtlich Ver- 
sorgung mit den erforderlichen Materialien und 
Belassung des unbedingt notwendigen Betriebs- 
personals; Bearbeitung sämtlicher Anträge auf Be- 
urlaubung und Zurückstellung von Beamten und 
Personal für Elektrizitäts-, Gas= und Wasserwerke, 
in besonderen Fällen nach erfolgter Prüfung. 
Außergewöhnlich zu erledigende Arbeiten waren: 
a) Anfertigung einer Statistik über sämtliche Elektri- 
zitätswerke des XIX. Armeekorps, 
b) Prüfung und Bearbeitung der von den Elektri- 
zitätswerken eingegangenen Berichte betr. Sicher- 
stellung des Betriebes für den nächsten Winter, 
  
D) Prüfung der Zweckmäßigkeit des Ausbaues von 
Wasserkraftanlagen, 
d) Maßnahmen zur Durchführung des beschleunigten 
Frühdrusches. 
Zur Holzbeschaffung. Die Arbeiten betrafen: 
1. Unterstützung der stellvertretenden Intendantur XIX 
bei Beschaffung der für das Feldheer benötigten 
Schnittmaterialien 
2. Förderung der Leistungsfähigkeit der Sägewerke 
durch Vermittlung von Materialien, Gestellung von
	        
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