Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Feldpostexpeditionen. der Divisionen erheblich stärker war 
als beim Korpopostamt. Will man Friedenoverhältnisse 
zum Vergleich heranziehen, so kann man sagen, daß die 
Briefauflieferung bei einer Division etwa derjenigen einer 
Stadt wie Bautzen, Freiberg oder Zittau gleichkommt. 
Im Posibetriebe bezeichnet man die Bearbeitung der 
abgehenden Post mit dem Worte „Abfertigung“. Diese 
Arbeit wird im Felde nach anderen Gundsätzen und Be- 
stimmungen ausgeführt wie in der Heimat. Im Frie- 
densbetriebe sind die Bahnposten ein wesentliches Glied 
des ganzen Abfertigungsdienstes, der darin besteht, aus 
der großen Masse der Briefsendungen erstens die nach den- 
selben Orten gehörenden Briefe herauszusuchen und zu- 
sammenzubinden und zweitens die übrigen Sendungen so 
zu verteilen, wie sie nach Kursen, d. h. nach Eisenbahn- 
strecken, zusammengehören. Ortsbunde und Kurobunde 
werden dann auf andere geeignete Umarbeitungssiellen oder 
Bahnposten weitergesandt. Die Ortsbunde werden bis zum 
Bestimmunggort nicht wieder geöffnet, die Kursbunde da- 
gegen müssen bei den Durchgangsstellen oder in den Bahn- 
posten wieder geöffnet und umgearbeitet werden, um auch 
aus ihnen, je näher sie ihrem Ziele kommen, nach und 
nach die Ortsbunde herauszuholen. Dieses Verfahren ließ 
sich bei den Sendungen von der Feldpost leider nicht durch- 
führen. Da der Zugverkehr durch den Krieg stark herab- 
gesetzt war, hatte auch die Zahl der Bahnposten bedeutend 
abgenommen, und die übriggebliebenen mußten auch die 
Arbeit der ausgefallenen mit übernehmen. Unsere Bahn- 
posten sind schon im Frieden Stätten aufs höchste ge- 
steigerter Tätigkeit; eine weitere Belastung mit Sendungen 
aus dem Felde, die noch daza vielfach nicht genügend vor- 
gearbeitet waren, konnte ihnen jetzt nicht mehr auferlegt 
werden. Es wurde deohalb für die Abfertigung bei den 
Feldpostanstalten ein neues Verfahren eingeführt, durch 
das die Bearbeitung der Kursbunde von den Bahnposten 
vollständig ferngehalten wurde, die nur noch die Ortsbunde 
ungeöffnet im Durchgang weiterzugeben hatten. Von den 
Feldpostanstalten war nach diesem Verfahren so abzuferti- 
gen, daß sie möglichst viel Ortsbunde heraussuchten und 
abbanden, die bis zur Ankunft an ihrem Bestimmungsort 
keiner Umarbeitung mehr bedurften, und daß sie die übri- 
gen Sendungen nicht mehr nach Kursbunden, sondern 
nach Provinzen usw. verteilten und diene Provinzbunde be- 
stimmten Verteilungs= und Sortierstellen in der Heimat 
zuführten. Diese Maßnahme wurde notwendig, weil der 
Postverwaltung, die schon damals etwa 90 Ooo Mann von 
ihrem Personal zur Fahne abgegeben hatte, nicht mehr ge- 
nügend Fachbeamte zur Verfügung standen, die die Brief- 
sendungen ordnungomäßig nach Kursen hätten verteilen 
können. So wurde denn für die Verteilungs= und Sortier= 
stellen eine Art der Verteilung eingeführt, die auch die 
gänzlich ungeübten Aughelferkräfte besorgen konnten. 
Für die Feldpostanstalten bei unseren sächsischen Truppen 
hatte diese Anderung keine größeren Nachteile im Ge- 
folge; die Verhältnisse lagen hier jedenfalls weit günstiger 
als bei den meisten andern Korps und Divisionen. Die 
sächsischen Truppen hatten ein bestimmt begrenztes Heimat- 
gebiet, nämlich alle dan Königreich Sachsen. Die Zahl 
der bei ihnen nach außersächsischen Landesteilen aufge- 
lieferten Sendungen war nicht sehr bedeutend. Die Feld- 
postbeamten stammten durchweg aus Sachsen, wußten also 
mit den Leitverhältnissen ihrer engeren Heimat gut Be- 
scheid. Gerade dadurch, daß die große Masse der Brief- 
sendungen nur nach einem begrenzten Teile der deutschen 
Heimat gerichtet war, konnten aus ihr möglichst viel Orts- 
bunde herausgesucht und der Rest der für Sachsen be- 
stimmten Sendungen gleich ohne Umweg der sächsischen 
Sortierstelle in Leipzig oder den den Beamten genau be- 
kannten anderen Dienststellen zugeführt werden, die für 
einen kleineren Umkreis den Durchgangsverkehr vermitteln. 
Der Vorteil liegt auf der Hand. Die Ortsbunde für Sach- 
sen gelangten ohne Umarbeitung unterwege in Schnell= 
zügen an den Bestimmungoort, die Bunde mit den andern 
Sendungen für kleinere Orte bedurften nur einer Um- 
arbeitung in Sachsen selbst. Alle andern Provinzbunde 
aber, z. B. Westfalen oder Schlesien, waren auf eine 
Verteilungsstelle in der Nähe der Grenze zu leiten, bei- 
spielsweise auf Trier. Dort wurden sie auch nicht nach 
dem sonstigen Friedensverfahren weiterbearbeitet, sondern 
nach anderer Vorschrift, und wieder auf die jeweiligen Pro- 
vinz-Sortierstellen weitergegeben, so daß sie mehrere Tage 
länger unterwegs waren, bis sie an ihren Bestimmungs- 
ort gelangten, als die Sendungen nach Sachsen. 
Durch das eben geschilderte Verfahren erklärt es sich 
auch, weshalb aus dem Felde Briefe nach großen Städten 
viel schneller gelangten als nach kleinen Orten. Nach 
großen Orten lassen sich eben immer Ortsbunde fertigen, 
nach kleinen Orten, für die nur vereinzelt Sendungen 
vorkommen, aber nicht. 
Bei jeder unserer sächsischen Feldpostanstalten konnten 
etwa 120—150 Ortebunde regelmäßig gefertigt werden. 
Erwähnung verdient auch die Tatsache, daß die Briefauf- 
lieferung bei der Feldposterpedition der 23. J.-D. bedeu- 
tend stärker war als bei der 32. J.-D. Diec findet seine 
Erklärung darin, daß der Ersatz für die Regimenter der 
23. J.-D. zum überwiegenden Teil aus der Großstadt und 
ihrer Umgebung stammte, der der 32. J.-D. aber mehr aus 
der Lausitz, aus einer Gegend also, deren Bevölkerung 
sich im Frieden nicht soviel mit dem Schriftverkehr befaßt 
wie die der Großstadt. Im übrigen waren gerade unsere säch- 
sischen Truppen bei der Feldpost dafür bekannt, daß ihr 
Briefverkehr bei weitem stärker war als der von den mei- 
sien preußischen oder bayrischen Korps und Divisionen, 
ein deutlicher Beweis für den stark ausgeprägten Familien= 
sinn im Sachsenlande. 
Einen nicht geringen Teil der abgehenden und ein- 
gehenden Post machte die sogenannte Heereopost aus, das 
sind die Briefsendungen, die beim Heer aufgeliefert und 
an einen Empfänger beim Heere gerichtet waren. Schon im 
ersten Winter belief sich ihre Zahl ungefähr auf den zehnten 
Teil aller abzufertigenden Briefe, und diese Zahl hat sich 
im Laufe der Jahre immer mehr gesteigert, je mehr Män- 
ner zu den Fahnen einberufen wurden. Diese Briessen- 
dungen wurden — abgesehen von der allerersten Zeit — 
nicht erst heimischen Dienststellen überwiesen, sondern bei 
besonderen Heereöbriefstellen an geeigneten Orten im 
Etappengebiet nach besonders erprobten Vorschriften ver- 
teilt und mit den überall zwischen den einzelnen Armeen 
eingerichteten Querverbindungen den Empfangsstellen zu- 
geführt. 
Im Geldverkehr der Feldpostanstalten greift ebenfalls 
ein etwas anderes Verfahren Platz wie im Frieden. Die 
Postanstalten in der Heimat bezlehen ihre Barzuschüsse 
von größeren Postämtern oder von der Ober-Postkasse und 
liefern an diese Stellen auch ihre Uberschüsse ab. Im Felde 
findet eine Abrechnung über Barverkehr zwischen Feld- 
postdienststellen nur insoweit statt, als die Feldpoststationen 
im Etappengebiet mit der Kassenverwaltung des Armee- 
Posidirebtors abrechnen. Das hängt damit zusammen, daß 
die Feldpoststationen keine eigene Kassenverwaltung haben. 
Die Feldpostämter und Feldposterpeditionen aber erhalten 
ihre Zuschüsse von der Feldkriegskasse des Armerekorps, 
zu dem sie gehören, und liefern ebendahin ihre Uberschüsse 
ab. In der ersten Zeit des Krieges handelte es sich dabei 
um große Mengen baren Geldes. Namentlich die kleinen 
Darlehnskassenscheine zu 1 und 2 Mark sammelten sich 
in großen Massen an. Dieses Geld befand sich nun in 
einem fortwährenden Kreislauf. Die Feldkriegskassen über-
	        
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