Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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in Verbindung mit ihrer Kommandobehörde stehen, damit 
sie immer rechtzeitig von jeder Truppenverschiebung und 
Anderung unterrichtet werden. Diese Mitteilungen müssen 
sie sofort an den Armee-Postdirektor weitergeben, der da- 
nach die Berichtigung der Feldpostübersicht und die etwa 
nötig werdende Benachrichtigung der Sammelstellen und 
Leitpunkte sowie die Umleitung der Post veranlaßt. Jeder 
Truppenteil hat überdies die Verpflichtung, bei Anderung 
seiner Zugehörigkeit sowohl der alten wie der neuen Feld- 
post unverzüglich Mitteilung zu machen, sofern nicht aus- 
drücklich Geheimhaltung angeordnet wird. 
Weiter sind noch einige Leistungen zu nennen, die leicht 
nicht genügend gewürdigt werden. Das ist die Sorge für 
Personal und Pferde, Verpflegung und Unterkunft, Aus- 
rüstung und Bekleidung, Geschire und Gerät. Die Feld- 
postanstalten gehören zu den Truppenkörpern, die für ihre 
Verpflegung in Feindesland selbst zu sorgen haben. Das 
verursacht aber eine ganze Menge Arbeit, die nur der Ein- 
geweihte zu würdigen versteht. Vielfach befindet sich das 
Proviantamt nicht am gleichen Ort wie die Feldpostanstalt. 
Dann ist der Empfang der Verpflegung mit größerem 
JZeitverlust verbunden. Natürlich muß der Beamte, dem 
die Verpflegung übertragen ist, beim Empfang zugegen 
sein, wenn er gut für seine Schutzbefohlenen sorgen soll. 
Gerade diese hauswirtschaftlichen Obliegenheiten, wenn ich 
so sagen darf, erfordern viel Zeit, Gewissenhaftigkeit, Für- 
sorge und Sachkenntnis. Da muß nicht nur für Essen 
und Trinken gesorgt werden, für rechtzeitigen Empfang 
von Fleisch und Brot, sondern auch für die Beschaffung 
des Pferdefutters, das Heranfahren von Streu, von Holz 
und Kohlen usw. Will man das Personal leistungsfähig 
erhalten, so muß man sich auch darum kümmern, daß 
seine Unterkunft so annehmbar wie möglich gestaltet wird. 
Immerwährende Uberwachung erfordert auch die Pferde- 
pflege und der Ausbau der Stallungen. Sparsame Wirt- 
schaft macht es nötig, darauf zu achten, daß die Aus- 
rüstungs= und Bekleidungsstücke mit der nötigen Scho- 
nung behandelt werden. Mängel und Schäden sind sofort 
zu beseitigen, damit die Feldpost jederzeit marschfähig ist. 
Das alles sind Dinge, mit denen die Feldpostbeamten im 
Frieden keine Befassung gehabt, denen sie sich jedoch über- 
all, wo ich es zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, mit 
großem Eifer und Geschick unterzogen haben. 
Die Feldpost beim 12. Armeekorps 
Der Vormarsch 
Die Mobilmachung traf das Personal der Feldpost zum 
großen Teil recht überraschend. Da galt es denn gleich 
mit Hochdruck zu arbeiten, damit zum Abrücken mit den 
Stäben alles rechtzeitig fertig war. Die Vorbereitungen, 
die im voraus getroffen waren, gaben ja nur den Rah- 
men des Ganzen. Am ersten Mobilmachungstage trat das 
Personal zusammen: Sekretäre, Schaffner, Postillione. Die 
Unterbeamten mußten ärztlich untersucht und eingekleidet 
werden. Die Dienstgeschäfte waren zu verteilen, die Aus- 
rüstungogegenstände zu übernehmen, für Unterbringung 
der Leute war zu sorgen, allerhand Gegenstände für den 
Amtsbedarf, die naturgemäß nicht jahrelang vorher auf- 
gespeichert werden konnten, waren zu beschaffen. Vor 
allem galt es auch mit den militärischen Oienststellen Füh= 
lung zu nehmen, denn die Feldpost ist ja ebenso ein mili- 
tärischer Betrieb wie alle andern Teile des Heeres. Die 
Kassenverwaltung ruht beim Heer auf ganz anderer Grund- 
lage wie bei der Postverwaltung. Da mußte man sich in 
aller Eile mit den neuartigen Vorschriften vertraut machen, 
Vorschüsse waren in Empfang zu nehmen, Besoldungen 
und Mobilmachungsgeld zu zahlen und Familienzahlungen 
zu regeln. Ferner war es nötig, in eine Menge von Vor- 
schriften einzudringen, die, weil sie geheimgehalten wur- 
den, vorher den beteiligten Beamten unbekannt geblieben 
waren, und die man nun doch sobald wie möglich prak- 
tisch beherrschen mußte. Am dritten Mobilmachungstage 
fanden sich die Trainsoldaten ein, die den Feldpostanstalten 
als Pferdepfleger und Fahrer zugeteilt wurden. Ferner 
wurden die Pferde übergeben, sie waren einzuquartieren, 
für Fütterung zu sorgen usw., alles Dinge, mit denen die 
Beamten vorher nie Befassung gehabt hatten. Nebenher 
lief nun für die Beamten noch die Sorge für ihre eigene 
Ausrüstung. In dieser Beziehung waren die Feldpost- 
beamten ja lange nicht so gut gestellt wie die Offiziere und 
andern Beamten der Heeresverwaltung. Letztere konnten 
Uniform, Waffen und Reitausrüstung vom Bekleidungs- 
amt oder von den Kammern entnehmen. Den Beamten 
der Feldpost war das nicht gestattet. Uberdies mußten sie 
sich ja, da die Feldpostdienstordnung nicht geändert war, 
noch nach der alten Vorschrift, also blau, einkleiden. Keiner 
von ihnen hatte, was ja auch nicht in Anspruch genommen 
werden konnte, sich schon im Frieden eine Uniform besorgt. 
Nun war es recht schwer, die nötigen Schneider aufzu- 
treiben, die in den wenigen zur Verfügung stehenden Tagen 
die Kleidungsstücke zu liefern in der Lage waren. Und 
die Uniform war ja nicht das einzige, was fehlte. Alle 
andern Ausrüstungsstücke, Koffer und Wäsche, Stiefel und 
Waffen und alle die vielen Kleinigkeiten mußten besorgt 
werden. Besondere Schwierigkeiten machte vielfach die Be- 
schaffung des Reitzeuges. JZwar waren im voraus mit 
geeigneten Lieferern wegen Bereitstellung des Sattelzeugo 
dim Mobilmachungsfall Verabredungen getroffen. Aber bei 
der aufs höchste gesteigerten Nachfrage im Augenblick der 
Mobilmachung hielten die Lieferer meistens nicht Wort, und 
die Beamten mußten zufrieden sein, wenn sie nach vieler 
Mühe überhaupt noch etwas auftreiben konnten, natürlich 
zu Kriegspreisen. 
Die wenigen Mobilmachungstage verstrichen wie im 
Fluge, kaum daß noch ein paar Stunden nachts übrig- 
blieben, um die häuslichen Angelegenheiten zu ordnen. 
Vorsteher und ein Teil des Personals von den Feldpost- 
anstalten mußten schon am 5. Mobilmachungstage ins Auf- 
marschgebiet vorausfahren. Bis dahin muste im großen 
ganzen die Aufstellung der Feldpostamts beendet sein. Am 
nächsten Tage fand die Ubernahme durch das Militär statt 
und im Anschluß daran die Vorstellung vor dem Komman= 
dierenden General. 
Dann folgten die Tage, an denen das liebe deutsche 
Vaterland auf der Fahrt zur Grenze durchquert wurde. 
Die Begeisterung unterwegs wird dem Feldpostpersonal 
ebenso unvergeßlich bleiben wie allen andern Kriegsteil- 
nehmern. Am Ausschiffungsort, einem kleinen Eifelnest, 
regelte sich alles schon mehr manöverartig. Eins jedoch 
bedrückte die Feldpost, es fehlte zunächst an eigentlicher 
Arbeit. Allerdings mußte die Postanstalt am Ort unter- 
stützt werden, denn für den Verkehr, den die Heeresmasse 
mit sich brachte, war sie nicht eingerichtet. Aber was jetzt 
und in der nächsten Zeit uns nicht recht begreiflich erscheinen 
wollte, war, daß von Hause keine Post kam. Wir hörten 
ja freilich im Aufmarschgebiet etwas von Postsperre, aber 
keine der beteiligten Diensistellen, weder das General- 
kommando noch die Ober-Postdirektion jenes Bezirks, noch 
der Armee-Postdirektor, wußten etwas Genaues. Über- 
dies war eine Verständigung durch Fernsprecher oder Tele- 
graph äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, denn die 
Leitungen waren durch Angelegenheiten des Heeresdienstes 
aufs äußerste belastet. Lange Zeit zum Grübeln und Nach- 
forschen blieb übrigens nicht. Schon waren hocherfreuliche 
Nachrichten über das schnelle Vorrücken in Belgien ein- 
getroffen, und am 13. August ging der Aufbruch nord-
	        
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