westwärts vonstatten, der Grenze zu. Zum erstenmal mar-
schierte die Feldpost im Verbande des Generalkommandos.
Letzteres rückte in Burg Reuland ein, die Nebenbetriebe:
Intendantur, Justiz, Kriegskasse und Feldpost wurden in
dem winzigen Dörfchen Bracht untergebracht, weil in Burg-
Reuland nicht genügend Platz vorhanden war.
Allmählich merkte die Feldpost auch, wozu sie da war,
denn von nun an kam wenigstens jeden Tag etwas Post,
wenn auch nicht viel und unter Schwierigkeiten. Denn
die Zugverbindungen des Friedensbetriebes gab es nicht
mehr. Aber wie sah diese Post aus! Da war ja so gut
wie nichts richtig, offenbar hatte das Personal, das in
der Heimat die Post zu verteilen hatte, noch gänzlich ohne
Man gearbeitet. Alle Sendungen, auf denen überhaupt
etwas vom 12. A.-K. stand, gingen uns zu, obwohl etwa
neun gehntel von ihnen nach den Dioisionen, dem A.-O.-K.,
der Etappen--Inspektion oder dem Reservekorps gehörte,
die alle mit eigenen Feldpostanstalten ausgerüstet waren.
Endlich am 18. August morgens kam der Aufbruch.
Wiederholt wurde die marschierende Kolonne durch feind-
liche Flieger beobachtet, aber nicht angegriffen. Um 11 Uhr
vormittags wurde die luxemburgische, eine halbe Stunde
später die belgische Grenze überschritten. Die schönen großen
Bäume an der Landstraße waren zum Teil umgehauen, die
Straße selbst aber nur an ganz wenigen Stellen beschädigt.
In den Ortschaften hinter der Grenze ließ sich kein Mensch
sehen. Um 1 Uhr kamen wir in Gouoy an. Der Ort war
vollständig mit Truppen überfüllt. Die Feldpost fand ge-
meinsam mit der der 23. J.-D. Unterkunft in der Schule.
Hier zeigte sich eine neue Schwierigkeit oder besser eine
Unzulänglichkeit in unserer Ausrüstung. Daß es Quartier-
verpflegung in Feindesland nicht gibt, hatte bei Aufstellung
der Feldpostdienstordnung niemand berücksichtigt. Nun
wurden auch der Feldpost wohl Lebensmittel geliefert, aber
es fehlte völlig an Kochgerät. Also mußte es schleunigst
beschafft werden. Es gelang denn auch richtig, einige Kessel
und, was sonst noch dazu gehört, aufzutreiben. Im übrigen
leferten die Truppen schon ziemlich viel Post auf.
In der Frühe des nächsten Morgens (19. Muaufy) ging
der Moarsch weiter. Er führte uns bei bräftiger Hunds-
tagohitze durch Ausläufer der Ardennen über Cherai, Mont
le Ban und Fraiture nach Laroche. Für die Feldpost war
dort ein Raum im Bahnhofsgebäude mit Beschlag belegt.
Dort gab es auch bald reichlich Arbeit. Kurze Zeit nach
unserer Ankunft traf ein Postkraftwagen ein, der uns
59 Beutel Post brachte. Bei kümmerlicher Beleuchtung
und jeglichem Mangel an geeigneten Möbeln dauerte die
Bearbeitung bis nachts 12 Uhr. Der Inhalt der Beutel
entsprach den bisherigen Erfahrungen, sehr viel Sendungen
waren unrichtig zugegangen. Dazu hatte sich an den beiden
letzten Tagen schon so viel Post nach der Heimat ange-
sammelt, daß der Kraftwagen im ganzen 11 Beutel nach
rückwärts mitnehmen konnte.
Schon am nächsten Morgen wurde der Vormarsch mit
der zweiten Staffel des Generalkommandos über Marche
fortgesetzt. Die Straßen waren mit Kolonnen überfüllt,
dabei herrschte glühende Sonnenhitze, die Staubplage war
recht lästig. Die Feldpost fand gegen Abend Quartier in
dem kleinen Dörfchen Les Basses, in der Nähe von Haversin.
Der Bauer, in dessen Haus wir übernachteten, war stolz
darauf, in seinen Räumen die Kaiserliche Post beherbergt
zu haben. An Arbeit fehlte es selbst hier in dem abge-
legenen Nest nicht. Wir hatten unterwegs mehrere
große Säcke von Dioisionspostanstalten mit Sendungen
nach der Heimat übernommen, die jene nicht hatten be-
arbeiten können. Diese Sendungen mußten nun verteilt
und versandfertig gemacht werden, denn mit Resten kann
sich eine marschierende Feldpost nicht aufhalten; es muß
alles so weit vorbereitet sein, daß die Postsäcke jeden Augen-
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blick einem etwa eintreffenden Fuhrwerk oder Kraftwagen
nach rückwärts mitgegeben werden können.
Am 21. August rückten wir früh 6.30 ab, trafen in Haver-
sin auf die übrigen Teile des Generalkommandos und mar-
schierten weiter über Leignon und Achene nach Taviet, wo#
das Generalkommando im Schloß Quartier bezog. Die
Feldpost fand einen leidlich geeigneten Dienstraum in der
Schule. Dafür, daß ed an Arbeit nicht fehlte, sorgten nicht
allein die eigenen sondern auch durchmarschierende Trup-
pen. Namentlich wurden Feldpostanweisungen nach der
Heimat in Menge aufgeliefert. Auch am nächsten Tage war
die Auflieferung überaus lebhaft. Aus der Heimat kam
keine Post, aber es lief wenigstens die Drahtnachricht ein,
daß ein Kraftwagen mit Post unterwegs sei. Dieser traf
endlich — er hatte auf den mit Kolonnen stark besetzten
Straßen nicht durchkommen können — am 23. mittags
kurz vor dem Abrücken des Generalkommandos ein. An
ein Bearbeiten dieser Post war allerdings nicht mehr zu
denken. So wurde denn alles unter Mitnahme eines Aus-
hilfswagens verladen und mitgeführt. Wir näherten ung
Abholung der Post durch die Truppen
der Maas. Jenseit Sorinnes auf der Höhe der Straße
nach Dinant mußte siundenlang gehalten werden. Vor ung
sahen wir einen Teil des Maastals, hörten das Artillerie=
gefecht und sahen die Einschläge der Geschosse und auf-
lodernden Brände am linken Ufer. Endlich gegen abend
rückte die zweite Staffel in das Dorf Gemechenne. Die
Feldpost fand zusammen mit der Intendantur Unterkunft
in einem großen aber verlassenen Bauernhof. Leider war
für Arbeitszwecke gar kein geeigneter Naum vorhanden.
So blieb nichts übrig, als am nächsten Morgen mit der
Bearbeitung der Post auf dem Parkplatz im Freien zu
beginnen. Mit kurzer Mittagspause dauerte die Arbeit
wieder bis zur Dunkelheit. Bei den ungenügenden Gerät-
schaften war das Verteilen der Sendungen nicht ganz ein-
fach. Auch die Auflieferung von Briefen und Postanwei-
sungen durch durchmarschierende Truppen war wieder recht
lebhaft. Am nächsten Vormittag (25. August) kam der
lange erwartete Befehl zum Abmarsch. Auf der Straße
nach Leffe zogen mehrere tausend kriegsgefangene Belgier
aus Namur an uns vorbei. Durch das völlig zerstörte Leffe,
wo tags zuvor heftige Strassen= und Häuserkämpfe ge-
wütet hatten, erreichten wir Dinant, überschritten auf der
Schiffbrücke die Maas und rückten dann weiter über Bou-
vignes nach Gerin, wo Biwak bezogen wurde. Die Nacht
war etwas unruhig, weil wiederholt mit belgischen Frei-
schärlern Schüsse gewechselt wurden.
In der Frühe des nächsten Morgens (26. August) ging
es weiter über Anthee und durch eine Neihe gänzlich ver-
lassener Ortschaften, die alle deutliche Spuren des Kampfes
trugen, bis wir kurz vor Dourbes bei Einbruch der Dunkel-
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