über eine Zeitschrift für die angeschlossenen Verbände und
über eine solche für die Jugend. Erstere sind die „Mit-
teilungen des Landesausschusses für Jugendpflege“. Dieser
vereinfachte Name der Vereinigung wurde mit den er-
weiterten Satzungen am 28. Mai 1913 eingeführt. End-
lich faßten die „Jiele und Richtlinien“ alles zusammen,
was an Erfahrungen und Anregungen zusammengekommen
war, und bilden nunmehr die Grundlage für die Arbeit,
die sich ruhig und ohne Aufsehen, aber andauernd und
wirksam über das Land verbreitet.
Im Mai 1017, wo das letzte Verzeichnis erschienen ist,
gehörten dem Landeausschusse 28 sächsische Verbände an:
die der evangelischen Arbeiter= und Jünglingsvereine, der
Stenographen, der Gebirgsvereine, der Kaufleute, Lehrer,
Turner, Radfahrer usw. Se. Kgl. Hoheit Kronprinz Georg
war Ehrenvorsitzender. Der Verband hat 8 Vorstands= und
93 weitere Mitglieder, die vom Landesausschuß gewählt
oder von den Ausschüssen abgeordnet sind. Er hat darunter
3 Frauen. Die Zahl seiner Unterausschüsse beträgt in der
Kreishauptmannschaft Bautzen 94
" Chemnitz 220
» Dresden 348
«« Leipzig 156
» Zwickau 90
zusammen also in 911 Orten oder Bezirken.
Von den Mitgliedern des Landesausschusses sind neben
dem Vorsitzenden zwei Männer für die Folge von beson-
derem Einfluß geworden. Diesen dürfte es mit zu danken
sein, daß die Wehrübungen, die bald zu den Aufgaben.
der Jugendpflege hinzutraten, in Sachsen von Anfang an
nicht auf die militärische Grundlage aufgebaut wurden.
Leider zählen beide Männer nunmehr zu den Toten: Oberst-
leutnant von Heygendorff, dessen Wirken wir in einem
besonderen Abschnitt schildern werden, und der komman-
dierende General des XII. Armeekorps General der Ka-
vallerie v. Broizem.
Vereine, die sich um einen Anteil der erwähnten Staats-
beihilfen bewerben, müssen dem Landesausschuß Bericht
über ihre Jugendpflegetätigkeit einsenden. Er begutachtet
die Gesuche, deren Zahl dauernd gestiegen ist, nämlich von
700 im Jahre 1914 auf 950 im Jahre 1916. Zwei Serien
der staatlich genehmigten Lotterie des Patriotenbundes kamen
der Jugendpflege zugute.
Eine Ubersicht über die Tätigkeit des Landeausschusses
und ihre Wirkung geben wir am besten in einer Tabelle.
Wenn eine solche auch dem Laien langweilig erscheinen mag,
so gibt sie doch dem Fachmann am schnellsten und klar-
sten Auskunft. Indem wir die Ziffern der Jahre 1914 und
1916 dabei nebeneinanderstellen, zeigen wir gleichzeitig die
Wirkung des Kriegs auf die Jugendpflege.
Die angeschlossenen Vereine hatten zusammen zur Ver-
fügung:
im Jahre 1915
395
32
404
271
421
Es wurden veranstaltet
Unterhaltungsgelegenheiten usw. 802 1122
Vortrüüge ... 2575 2100
Lehrgänge in Svrachen usw. 165 198
Lehrgänge in Obst- und Ge-
müsen 30 33
Wanderungen: halbtägig 2190 2047
„ eintägig. 770 1057
„ mehrtägig 241 107
Es bestanden
Tumabteilungen an Fortbil-
dungsschulen
Sachsen In großer Zele. Bd. II
207 211 1
417
im Jahre 1014
Abteilungen für Spiele. 710
Wehrabreilungen: in Turnver=
im Jahre 1015
802
einen 100 (zu 32 Mann) 110 0u 38 Mann)
« bei Pfadfin-
dein und Ju-
!— . 63 (zu 38 Mann) 55 (zu 41 Mann)
eiden Orts-
« aufstund-«301(z«1339)k.mn)255(.zu1039)kqmi)!
An den Wettkämpfen im Wehrturnen beteiligten sich 4463.
Die Ziffern zeigen schon teilweisen Rückgang. Viel stär-
ker ist er im Jahre 1917, für das noch keine Ubersicht vor-
liegt. Der Landesausschuß hat sich in einer besonderen
Sitzung mit der Frage beschäftigt: Wie lassen sich die Er-
schwerungen der Jugendpflege überwinden? Der Bericht
darüber muß bekennen, daß eine aussichtsreiche An.wort
nicht gefunden werden konnte. Die Gründe der Erschwerung
und damit auch ihre Folgen sind durch den Krieg hervor-
gerufen und mit diesem unabänderlich. Sie sind im 3. Be-
richt des Landesausschusses vortrefflich zusammengestellt
und bilden ein Dokument für die Wirkung der Kriegs-
verhältnisse auf unserem Gebiete: Amtliche Uberlasiung
oder Einziehung der Führer, Einziehung der Jungmannen,
Arbeitssteigerung bei der Munitionsherstellung und in der
Landwirtschaft, hohe Löhne, die zum Wirtshausbesuch ver-
führen, Fehlen der väterlichen Aufsicht.
Aber auch sachliche Schwierigkeiten entstanden: Verwen-
dung der Hallen und anderer Räume für militärische Zwecke,
der Mätze zur landwirtschaftlichen Bestellung, Mangel an
Licht und Beheizung, Mangel an Kleidung, Schuhwerk usw.
Selbst das Ausgehverbot für Jugendliche am Abend, das
in einigen Amtohauptmannschaften erlassen worden ist,
bindert am Besuch der abendlichen Jugendpflegeunterneh-
mungen. Von günstigen Wirkungen ist eine einzige zu ver-
zeichnen: die Vorrückung der Tageszeit gestattet eine bessere
Ausnutzunz des Abends zur Leibesübung im Freien. Wie
schwer die Wirkungen der Kriegoverhältnisse die Jugend-
pflege treffen mußten, beweist das Beispiel eines Lehrers
im Erzgebirge, der seither ein eifriger Förderer gewesen
war. Er hat 40 statt 28 Unterrichtsstunden in der Woche,
die Verwaltung der Kriegsküche, Sonntags den Kirchen-
dienst und am Nachmittag den Verkauf der Speisemarken.
Leider sind die Tausende von rührenden Fällen treuer Hin-
gabe und die opferwillige Arbeit für das Vaterland, die
un? durchhalten und siegen helfen wollten, nicht alle zu nennen.
Diese Opferbereitschaft zeigt sich auch in den Stiftungen
für die Jugendpflege, die reich und schön sind, leider aber als
vereinzelt bezeichnet werden müssen, da sie ja, aus gand
Sachsen zusammengetragen, doch nur 4 sind:
1914 zu 1915 widmete der Geheime Kommerzienrat
Koch in Oelsnitz i. V. dem Andenken seines Sohnes
eine Halle mit Einrichtung im Werte von 100 Ooo Marb
für die Jugendpflege.
lolê schenkte Fabrikbesitzer Hünlich in Wilthen
37000 Mark für eine Turnhalle mit Bühne, Fabrikbesitzer
HO. Zöffel in Crimmitzschau ein Landhaus mit Garten
für ein Jugendheim, der im Feld gefallene Leutnant Hupfer
aus Werdau vermachte der Jugendpflege 3000 Mark.
Dr. Heinrich Stürenburg
Alles in allem gewinnt man bei Durchsicht der Unter-
lagen und Ergebnisse den Eindruck, als arbeite die Jugend-
pflege in Sachsen planvoller und zielsicherer, mit weniger
Irrwegen und Versuchen als anderwärts. Wenn das der
Fall ist, so dankt sie es dem Umstand, daß sich der rechte
Mann für die Oberleitung fand, Dr. Heinrich Stürenburg.
Er war dazu geeignet wie kein zweiter. Am 23. Juli 1847
in Hildburghausen geboren, besuchte er später das dortige
Gymnasium. Schon damals gründete er einen Schüler-
turnverein. Er ist sein ganzes Leben lang eifriger Turner
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