Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Als Beispiel für den Wehrturnbetrieb im Turnverein 
bringen wir den Bericht des Allgemeinen Turnvereins 
in Dreoden. Obgleich jetzt nahezu in ganz Sachsen das 
Schulturnen eingeführt ist, das in den kleinen Orten ohne 
Turnhalle wenigstens im Sommerhalbjahr durchgeführt 
wird, haben auch viele Turnvereine Knaben= und Mäd- 
chenabteilungen. Erstere zählen 16 000 Zugehörige. Diese 
Ergänzung ich wertvoll, weil das Schulturnen nur zwei 
Wochenstunden und damit naturgemäß eine nicht aus- 
reichende Wirkung hat und weil der Schulturnunterricht 
erst mit dem 4. oder -. Schuljahre beginnt. Auch in der 
Zahl der Turnvereinsknaben steht Leipzig mit 4100 obenan 
in Deutschland, Dresden an achter Stelle. 
Endlich die Toten, die Toten: 
Ihre Zahl aus den Reihen der Deutschen Turnerschaft 
wird am 1. Januar lols auf 2000, drei Monate später 
bereits auf 8000 geschätzt. 
Am 1. Oktober 1916 ist die Zahl der Gefallenen aus der 
Deutschen Turnerschaft fester bestimmt. Sie hat die er- 
schreckliche Höhe von 33335 erreicht, davon 4576 
ächsische Turner. Am 1. Januar 1917 werden 39 nam- 
hafte Männer des Turnkreises aufgeführt. Leider mußte 
diesmal auch Immelmann in der Aiste eine Stelle er- 
ten. 
Der Turnkreis verlor außerdem zwei Männer, die für 
die Entwicklung des Turnens nicht nur in Sachsen, sondern 
  
  
Vaterländische Festspiele in Dresden. (Turnerinnengruppe) 
Der Krieg hat die angeführten Zahlen selbstverständlich 
stark vermindert. Da die Turnvereine im allgemeinen die 
körperlich Gesündesten und Rüstigsten um ihre Banner 
scharten, sind nach und nach alle ihre Mitglieder zwischen 
18 und 45 Jahren ins Feld gezogen: Turner, Vor- 
turner, Turnwarte, Vorstände. Vielfach sind die Alten, 
die schon auf ihren Vereinsehren ausruhten, wieder ein- 
gesprungen. Das Turnvereinsleben seit Kriegsbeginn ist 
ein steter Kampf mit der Ungunst der Verhältnisse, und es 
ist anerkennenswert, wie tapfer und immer noch erfolgreich 
er geführt worden ist. 
Soweit sich die Einberufungen zum Heer in den Vereinen 
überhaupt feststellen lassen, haben sie für die Deutsche 
Turnerschaft folgende Ziffern ergeben: 
1. Januar 1915: 54 600, d. i. fast ein Drittel aller 
Vereinsmitglieder. Im Jahre 1917 wird die Zahl der aus 
der Deutschen Turnerschaft in den Kriegsdienst getretenen 
auf 800 0oo Mann geschätzt. 
Daß sich die Turner im Felde bewährt haben, geht aus 
vielen Urteilen und Zuschriften von Offizieren hervor. Es 
wird auch bezeugt durch die Auszeichnungen. 
für ganz Deutschland von großem Einfluß waren. Am 
13. Oktober 1915 starb Geheimrat Dr. Goetz, der Vor- 
sitzende der Deutschen Turnerschaft, und am 29. Juni 1916 
Prof. Dr. Paul Erbes, ein Führer der Leipziger Turner, 
der 16 Jahre lang die Schriftleitung der Deutschen Turn- 
zeitung geführt hatte. 
Dr. Ferdinand Goetz 
Em Kämpfer — nicht einer aus den Reihen der Jugend 
draussen im Schützengraben, ein alter Streiter für Deutsch- 
lando Größe und die Ertüchtigung seiner Jugend — ist in 
Ferdinand Goetz dahingegangen mitten in der großen schwe- 
ren Zeit. Er durfte den Ausgang des Weltkrieges nicht 
mehr sehen und war doch einer von denen, der in einem 
Menschenleben oon überbiblischem Alter Deutschlando Wehr- 
kraft hatte stärken helfen. Er war einer der Unseren in 
Sachsen, und so müssen wir auch seiner gedenken, wenn 
wir die Ereignisse der großen Zeit an uns vorübergehen 
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