mit der feindlichen Ortsbevölkerung zusammen in blutigem
Heckenkrieg aussichtslos die Verfolger aufzuhalten such-
ten, zersprengt, vernichtet oder gefangen.
Aber die Hauptkräfte der französischen fünften Armee
waren nicht mehr zu fassen. Dafür gelang es weiter rechts,
rückwärts der Brigade Hempel, in Bioulr dem entschlos-
senen Zugreifen des Artilleriemajors Richter, des Komman-
deurs der II. Abteilung des Reserve-Feldartillerieregiments 23,
einen besonders glücklichen Fang zu tun.
Die Gefangennahme der Belgier in Bioulr
Major Richter hatte am 23. August abends zunächst
auf dem rechten Maasufer bei Houx mit seinen Batterien
zurückbleiben müssen, als sich die 45. Reservebrigade, der
seine Abteilung am Kampftage beigegeben war, über die
zerstörte Eisenbahnbrücke von Houx hinüber vorgearbeitet
hatte. Er sollte folgen, sobald die Pioniere die Brücke für
seine Geschütze fahr-
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wagen und Truppenfahrzeuge stürzten in die Straßengräben.
Dann sandte die Batterie Rößler mehrere Lagen in das
Dorf. Der Gegner dachte nicht daran, seine zahlreiche
Artillerie antworten zu lassen.
Wohl aber tauchte plötzlich 400 Meter vor der Batterie
ein Reiter mit einer weißen Flagge auf. Auch am Rande
von Bioulr wurden weiße Tücher geschwenkt.
Nun ritt der schon am Kampftage zuvor besonders be-
währte Adjutant des Major Richter, der junge Leutnant
Garke, der sein kurzes Heldenleben leider schon in der
Marneschlacht 14 Tage später beschließen sollte, kühn mit
zwei Begleitern ins Dorf. Das Feuer wurde inzwischen ein-
gestellt. Währenddem kamen die beiden Hauptleute Moras
und Reinhardt, auf den Kanonendonner sofort losmarschiert,
heran und entwickelten sofort ihre Kompagnien zum Vor-
gehen gegen das Dorf.
Da Leutnant Garke gegen die Verabredung innerhalb der
nächsten 10 Minuten nicht zurückkehrte, galoppierte Major
Nichter mit acht Rei-
bar gemacht hätten.
Selbsttätig war er
dann nach Leffe ge-
zogen, um bald-
möglichst mit sinen
Batterien über die
dortige Kriegsbrücke
der 32. Infanteric-
division vorwärts zu
kommen.
Nur mit der 4.
Batterie war ihm
dies bis Mittag des
24. Augustgelungen.
Gegen 12,30 Uhr
nachmittags erreich-
te er über Bouvignes
den Ort Haut le Wa-
tern — alles, was
noch verfügbar war
— nach Bioulr und
traf dort den Leut-
nant Garke in Ver-
bandlung mit bel-
gischen Offizieren
wegen der Übergabe.
Während die Be-
gleiter des Majors,
sich im Dorfe ver-
teilend, das Nieder-
legen der Waffen
voranlaßten, an-
drohend, daß an-
dernfalls die zwölf
Batterien, die rings
das Dorf umstellt
stia, etva 3 Kilo-
meter westlich von
Houx. Dort wurde er
von Generalleutnant von Larisch, dem Kommandeur der
23. Reservedivision, der 46. Reservebrigade, die dringend
der Artillerieunterstützung bedurfte, nachgeschickt. 1,45 Uhr
nachmittags sollte er Warnant erreichen. 1 Kilometer
westlich des Orts traf er auf zwei Kompagnien des
Reserve-Infanterieregiments 102 unter den Hauptleuten
Moras und Reinhardt und auf die 3. Batterie seines eigenen
Regiments unter Oberleutnant Rößler, die gleichfalls An-
schluß an ihre weiter westwärts vorgedrungene Brigade
Hempel suchten.
Die erschöpfte Infanterie mußte einen Halt einlegen.
So trabte Major Nichter mit der 3. und 4. Batterie allein
weiter. Auf der Höhe, 2 Kilometer östlich Bioulz, meldete
ihm dann eine Unteroffizierspatrouille des Reserve-Husaren-
regiments, daß sie seit 7 Uhr früh aus dem vorliegenden
Dorfe durch feindliche Truppen beschossen werde. Dort
hatte der Husarenunteroffizier starke Massen von Belgiern
mit zahlreichen Fahrzeugen fesigestellt. Major Richter er-
kannte dann mit dem Glase, daß eben aus Bioulx eine
lange Kolonne von Truppen, Geschützen und Kraftwagen
in wesilicher Nichtung abzuziehen begann. Das Dorf war
anscheinend noch mit zahlreichen Truppen angefüllt.
Die vorderste Batterie Rößler eröffnete sofort — 2 Uhr
45 Minuten nachmittags — das Feuer gegen die feind-
liche Marschkolonne. Mehr Geschütze gestattete das mit
festen Drahtzäunen übersponnene Gelände zunächst nicht
in Stellung zu bringen. Schon die ersten Schüsse saßen.
Die Kolonne stob auseinander, ganze Reihen von Be-
deckungomannschaften sanken wie niedergemäht hin, Kraft-
Linkes Maasufer bei Anseremme (Friedensansicht)
bielten, feuern
würden, bahnte sich
der Major Richter
mit seinem Adjutanten durch die Masse der Belgier zwischen
den Fahrzeugen, die alle Dorfgassen füllten, den Weg zum
Schloß. Dort erklärte er die zahlreichen dahin zusammen-
strömenden belgischen Offiziere zu Gefangenen und erfuhr
aus ihren Reden, daß er starke Teile der vierten belgischen
Division vor sich habe, die mit dem Auftrag, sich westwärts
durchzuschlagen, Namur in der letzten Nacht verlassen hatte.
Glücklicherweise waren inzwischen auch die beiden Infan-
teriekompagnien im Dorfe angekommen. Sie vollzogen
die Abführung der Tausende von Menschen in das freie
Gelände außerhalb des Dorfes. Dort übernahm dann
Major Freiherr von Welck mit drei Kompagnien, die
Generalleutnant Hempel auf die Kunde des Geschehenen
hin sofort hergeschickt hatte, den Weitertransport der Ge-
fangenen. Etwa 7000 Mann mit gegen 100 Offizieren,
40 Geschütze und Munitionswagen, Tausende von Pferden
und 600 bis 700 Fahrzeuge, darunter mehrere hundert
Kraftwagen, endlich Tausende von Handwaffen bildeten
die willkommene Beute. —
Bei der weiteren, allmählich immermehr nach Süden
drehenden Verfolgung am 25. August fiel dem XII. Reserve-
korps auf dem äußersten rechten Flügel der dritten Armee
der weiteste Weg zu. Dabei wurde in rastlosem Vorwärts-
dringen das menschenmögliche geleistet. Die Vorhut der
23. Reservedivision erreichte bereits am Nachmittag des
August Mariembourg, das stark vom Feinde besetzt
war. Während das Gros zum umfassenden Angriff ausbog,
stürmte Major von Egidy mit seinem II. Bataillon des
Reserve-Grenadierregiments loo zusammen mit Teilen der