Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Belagerung durch Handstreich in Besitz zu nehmen. Deut- 
scherseits war eine Verteidigung der Festung, welche Mil- 
liardenwerte unnötigerweise vernichtet hätte, nicht beab- 
sichtigt. Die Nachhutdivisionen gingen deshalb auch schon 
bald bis zur Kanallinie südwestlich der Stadt Lille zurück. 
Nur ihre Vorposten hielten bis Mitte Obtober das Vorfeld 
westlich des Kanals bis zur Fortslinie. Am 17. Oktober 
wurde die Kanalstellung kampflos geräumt und der Ab- 
marsch auf Tournai angetreten. Nur Offizierspatrouillen 
blieben am Feind, dessen Versuch, rasch nachzudringen, 
wurde dauernd vereitelt. 
In Tournai übergab die Dioision dann ihre bisherige 
Aufgabe an die 2. Garde-Reservedivision. Sie selbst wurde 
zur 4. Armee auf Renaixr beschleunigt in Marsch ge- 
setzt. Die Truppen waren bei den Kämpfen der letzten 
Tage nicht zur Ruhe gekommen. Nun wurden sie nach 
einem Marsch von 26 Kilometer in Renair auf Lastkraft- 
wagen nach Audenaarde als Armeereserve der 4. Armee 
herangezogen. 
Dort sollten sie in der Nacht zum 23. Oktober die 40. 
Infanteriedivision und die 7. Kavallerie-Schützendivision 
ablösen. Aber schon am 22. mußten beide Regimenter 102 
und 302 westlich von Audengarde gegen die über Bichte 
vordringenden Engländer eingesetzt werden. Sie traten dabei 
mit der rechts davon kämpfenden 40. Infanteriedivision in 
Verbindung. An diesem Tage stießen auch die Reste des 
Grenadier-Reserveregiments lo# wieder zur Division. Zur 
Auffüllung ihres Bestando blieb weder geit noch Ersatz 
verfügbar. 
In der Nacht zum 24. Oktober löste die Division die 
b. bayerische Reservedivision und die 30. Infanteriedioision 
im Abschnitt westlich von Audenaarde ab. General Francke 
übernahm die Führung des X. Reservekorps, der Artillerie= 
kommandeur, General Neubauer, für ihn die Führung der 
23. Reservedivision. Am 25. Oktober leitete von 10 Uhr 
vormittags ab Trommelfeuer mit zahlreichen Gas= und 
Nebelgranaten den feindlichen Angriff ein, der sich mit dem 
größten Nachdruck gegen Ansegem wendete. Doch hielt sich 
die Division auch noch bis Monatsende vorwärts der Schelde. 
Am 31. Oktober machte der Feind wieder einen großange- 
legten Angriff. Ansegem in der Mitte wurde gehalten, am 
linken Flügel der Division drang der Feind bis Caster nahe 
der Schelde vor. In der folgenden Nacht erfolgte dann 
der Abmarsch über Audenaarde. Der Feind drängte nicht 
nach. Die Ablösung von ihm erfolgte planmäßig und un- 
gestört, sogar alle Pontons wurden nach beendetem Schelde- 
übergang aufgeladen und abgeführt. Die Division wurde 
für die nächsten Tage Eingreifdivision für die 39. und 40. 
Infanteriedivision. II. Reserve-Infanterieregiment 102 trat 
zur stark geschwächten 30. Infanteriedivision. Die Division 
belegte die Gegend von Nederbrakel. Dort suchte sie am 
4. November zum letzten Male der Kaiser auf, dankte den 
braven Sachsen für ihre zähe Ausdauer und verteilte die 
letzten Ehrenzeichen an zahlreiche Tapfere. Tags darauf 
wurde der Rückmarsch in die Antwerpen-Maasstellung fort- 
gesetzt. Die Bestimmung der Division änderte sich mehr- 
fach. Am 8. November erreichte sie den Denderkanal süd- 
lich von Alost und am 9. November Merchtem, = Kilometer 
östlich Alost. Die Märsche waren, trotzdem der Feind nicht 
drängte, sehr anstrengend durch die schlechten Wegeverhält- 
nisse und die Marschstockungen der mit Trains und Ko- 
lonnen zusammen abziehenden Truppen. 
Am 11. November mittags trat auch hier die Waffen- 
ruhe ein. Nachmittags kamen Soldatenräte aus Brüssel 
und hielten Reden. Geschütze und Maschinengewehre wurden 
im benachbarten Wolwergem zur Übergabe an den Feind 
gesammelt und der Abmarsch zum Gardekorps am 13. No- 
vember angetreten. Über Mecheln durch das nördliche Bel- 
gien mit Garde= und Marinekorps marschierend, erreichte 
die Divisklon am 18. November die Maas unterhalb von 
Lüttich. Die Infanterie wurde am 20. November von 
Aachen aus mit der Bahn nach Krefeld zum Schutz der 
dortigen Heeresvorräte vorausbefördert, der Rest der Di- 
vision marschierte unter General Neubauer. Nach anfäng- 
lichem Streuben des Krefelder Soldatenrats, meist Ma- 
trosen, wurde dem Divisionskommandeur doch die Obhutüber 
die Heeresvorräte übergeben und von der 3. Infanteriedivision 
am 25. November weiter übernommen. Die Division setzte 
dann die Fahrt über Wesel—Münster—Halberstadt nach 
Sachsen fort und erreichte zwischen 6. und 12. Dezember 
Dreöden, ihren Demobilisierungsort.
	        
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