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fügung gestellt. Von der 241. Infanteriedivision rückte das
sächsische Infanterieregiment 472 bis Raj als Reserve der
24. Reservedivision vor.
Am 1. Juli brach der große russische Angriff los. Zu-
nächst steigerte sich das Zerstörungsfeuer zum Trommelfeuer
bis auf drei Kilometer Tiefe. 10 Uhr vormittags brachen
sieben russische Divisionen in dichten Massen vor. Auf dem
Dzikie-Lany-Rücken gelang es den Russen, bis in die dritte
Linie vorzudringen. Auch auf dem Lysoniarücken ging der
Südteil verloren. Die Stellung wurde dann nordwärts auf-
gerollt. Die Russen stießen bis über die dritte Linie vor.
Nur der schwerverwundete Hauptmann Haßfurther, Kom-
mandeur von II. Reserve-Infanterieregiment 107, vertei-
digte sich in seinem Gefechtsstand bis zum Nachmittag und
ermöglichte so das Gelingen des Gegenangriffs, den Oberst
Graf v. Wuthenau mit allen verfügbaren Kräften unter-
nahm. Hier griffen auch III. Reserve-Infanterieregiment 25
und die Honveds vom Regiment 309 helfend ein. Sie
nahmen den Lysoniawald wieder in Besitz.
In der Mitte leitete der Hauptmann Horn, Führer von
I. Reserve-Infanterieregiment lo, den Kampf an dem
Zlota-Apa-Abschnitt. Er wies alle Frontangrifse zurück.
Neueingesetzte russische Divisionen drangen nachmittags aber
von Süden her in Posuchow ein. Die Straße nach Brzezany
war gefährdet. Doch gelang es dem Major Kruse, mit den
Resten von III. Reserve-Infanterieregiment 104 und s./104
den Ort von den Russen zu säubern. Weiter rechts hielt
Reserve-Infanterieregiment 133 unerschütterlich in der dritten
Linie stand.
Auch auf dem entgegengesetzten Flügel, bei Reserve-In-
fanterieregiment 107, gelang es bis zum Abend, den Stoß
der Russen zum Stehen zu bringen. Hier griffen II. und
III. Bataillon des Infanterieregiments 472 helfend ein.
Unter Oberst Graf v. Wuthenau wurde links ein besonderer
Kampfabschnitt „Brigade Wuthenau“ gebildet, ihm die
129. Honvedbrigade unterstellt.
In der Mitte übernahm General Senfft v. pilsach den
Befehl. Bei ihm trafen Infanterieregiment 361, von der
4. Ersatzdivision mit Lastkraftwagen herangebracht, und das
Infanterieregiment 474 der 241. Infanteriedivision ein.
Der Feind war nach furchtbaren Verlusten zu erschöpft,
um den Angriff in der Nacht, wie erwartet wurde, fort-
zusetzen. Er schob nur seine Kampfreserven näher heran
und löste die Sturmdivisionen ab. Damit verbrauchte er die
„Verfolgungsarmee“, die er in sicherer Erwartung des
Durchbruchs bereitgestellt hatte, im Stirnkampf.
Im Laufe des 2. Juli wurden alle Russennester rein-
gefegt. Besonders zeichnete sich Hauptmann Horn dabei
aus, der den Talrand der Jlota Lipa östlich Posuchow in
schneidigem Ansturm, den Steilhang erklimmend, zurück-
gewann und 10 Stunden gegen alle Gegenangriffe der frisch
eingesetzten Russen hielt.
Auf dem rechten Flügel mußte man sich mit Festhalten
der dritten Stellung begnügen. Hier war das Feuer der
russischen schweren Artillerie zu überwältigend. Erst am
Morgen des 3. Juli gelang es auch hier, die Trichterlinie
der vormaligen ersten Stellung wieder zu erreichen. Der
Angriff von Reserve-Infanterieregiment 133 stieß dabei
mit einem russischen Vorstoß zusammen. Auch am fol-
genden Tage wütete hier der Kampf noch weiter. Zu einem
einheitlichen Angriff rafften sich aber die Russen nicht mehr
auf. In den Nächten zum 4. und F. Juli konnte dann hier
Reserve-Infanterieregiment 133 herausgezogen werden. An
seine Stelle traten Teile der 4. Ersatzdioision. In der Mitte
hatte der Kommandeur der 241. Infanteriedivision, General
Fortmüller, bereits am 3. Juli den Befehl übernommen.
Nunmehr kbonnten auch die Reserve-Infanterieregimenter 104
und 107 abgelöst werden.
Endlich am 7. Juli übergab auch der Dioisionskomman=
deur, General Morgenstern, den Befehl an den Kommandeur
der 4. Ersatzdivision.
16 russische Divisionen waren zur Erzwingung des Durch-
bruchs auf der Front der 24. Reservedivision aufgeboten
worden, die, einen vorspringenden Balkon in dem Abschnitt
der Südarmee bildend, feindlicher Artillerieumfassung be-
sonders ausgesetzt war. Die Division hatte unerschütterlich
wie lols in der Champagne standgehalten, obwohl rechts
und links der deutschen Südarmee österreichisch-ungarische
Armeen den gleichzeitig gegen sie angesetzten, nur als Neben-
angriff zunächst geplanten russischen Offensiostößen ganz
erheblich nachgegeben hatten. Der deutsche Heeresbericht be-
richtet vier Tage hintereinander über die heldenhafte Stand-
haftigkeit der Sachsen an der Jlota Lipa. Der König, der
Oberbefehlshaber Ost, Prinz Leopold v. Bayern, und der
Oberbefehlshaber der Südarmee, General Graf v. Bothmer,
erkannten in wärmster Weise die tapfere Haltung der Di-
vision an, die mit schmerzlichen Verlusten ihren Sieg er-
kauft hatte. Die Verluste betrugen 300 Tote, darunter
21 Offiziere, 885 Verwundete, darunter 31 Offiziere, 1564
Vermißte, darunter 25 Offiziere. Die feindlichen Verluste
der 13 Stoßdivisionen waren schon am 1. Juli so groß,
daß der Feind seine Verfolgungsdioisionen in den ersten An-
griff eingreifen lassen mußte. Trotz zehnfacher Überlegen-
heit kam aber die groß geplante Offensioe nicht über die
erste Abwehrzone der Sachsen hinaus. Geplant war, die
Front zwischen Narajowka (Süd) und Strypa nördlich von
Konjuchy zu überrennen und in einem Zuge das nur 45 Ki-
lometer von Brzezany entfernte Lemberg zu erreichen. Aber
die Russen hatten nicht mit sächsischer Zähigkeit gerechnet.
Leider waren sie erfolgreicher bei den beiderseits an die
Südarmee anschließenden österreichisch-ungarischen Armeen,
obwohl dort gar bein Durchbruch, sondern nur ein Neben-
angriff zunächst beabsichtigt war.
Erst nach dem unerwarteten großen Erfolg des Erst-
angriffs gingen hier die Russen mit schnell herbeigeholten
Neukräften weiter vor.
Das machte schließlich auch die Zurücknahme der Süd-
armee bis in die Höhe der k. u. k. Nebenarmeen notwendig.
Die neue Front bildete die Narajowka.
Die 24. Reservedioision übergab am 7. Juli die Stellung
an die 4. Ersatzdioision und ging nach Rohatyn. Reserve-
Infanterieregiment 104 wurde in Kraftwagen zur k. u. k.
dritten Armee abgeschickt, wo deutsche Truppen den er-
schütterten Halt wieder festigen sollten.
Reserve-Infanterieregiment 133, nur noch zu zwei Ba-
taillonen formiert, ergänzte zunächst seinen Bestand und
stieß dann am 15. Juli wieder zur Dioision an der Nara-
jowka. Dort übernahm am 12. Juli die 24. Reservedivision
den Abschnitt der sächsischen s3. Reservedivision, die nach
links rückte. Zunächst wurde nur Reserve-Infanterieregi-
ment 107 eingesetzt. Schließlich fand sich aber hier der
Hauptteil der Dioision wieder zusammen bis auf Reserve-
Infanterieregiment 104, dessen III. Bataillon am 18. Juli
zurückkehrte. Divisionsstabsquartier wurde Bursztyn. Die
Division unterstand nunmehr dem sächsischen XXVII. Re-
servekorps, unter dessen Befehl sie bis zum 23.Oktober 1917
verblieb. Der Feind verhielt sich an der Narajowbafront
ziemlich untätig. Inzwischen hatte weiter nördlich der deutsche
gewaltige Gegenstoß eingesetzt, der auch die russische Nara-
jowkafront gegen den 22. Juli ins Wanken brachte.
Befehlogemäß wurde der Vormarsch vom linken Flügel
aus begonnen. Zunächst trat die 33. Reservedivision an und
brach schnell den Widerstand der russischen Nachhuten.
Bei der 24. Reservedivision warf Reserve-Infanterieregi-
ment 107 den Feind durch schneidigen Angriff aus dem
Dreieckwäldchen vor seiner Front. Dann wich der Russe
auch vor dem südlichen Teil der Dioisionsfront.