Das X II. Armeekorps im Jahre 1916
Das neue Jahr fand das XlI. Armeekorps in seiner wich-
tigen Stellung zwischen dem Damenweg und der Festung
Neims in unermüdlicher Tätigkeit vor. Seine Zusammen--
setzung war noch dieselbe wie bisher (s. Kriegsgliederung
vom 1. 6. 1915. Band II). Die 23. Infanteriedioision ver-
fügte über Leibgrenadieregiment 100, Grenadierregiment 101
und Schützenregiment 108 (4 5. Infanteriebrigade), die Feld-
artillerieregimenter 12 und 48 (Feldartilleriebrigade 23), die
1., 3. und 6. Kompagnie I. Pionierbataillons 12 sowie das
Husarenregiment 20. Die 32. Infanteriedivision umfaßte
die Infanterieregimenter 102, 103 und 177 (63. Infanterie-
brigade), die Feldartillerieregimenter 23 und 64 (32. Feld-
artilleriebrigade), die 2., 4. und §. Kompagnie I. Pionier=
bataillons 12 und das Husarenregiment 18.
Der Feind bemühte sich fortgesetzt, durch Sprengungen
hauptsächlich an der Höhe 108, durch lebhaftes Geschütz-
feuer und kleinere Unternehmungen von Stoßtrupps die
deutschen Verteidiger in Atem zu halten. Uberall stieß er
auf sorgfältigst ausgebaute Stellungen und einen stets
gleich wachsamen Gegner. Seit Ende Februar wütete
schwerer Kampf bei Verdun.
Am 10. März leitete das XII. Armeekorps den Frühling
durch einen wohlgelungenen Angriff auf die französische
Bergstellung südwestlich von la Ville aur Bois ein. Nach
starker und sorgfältiger Vorbereitung durch Artillerie und
Minenwerfer erstürmte das Schützenregiment 108 (I., 3.,
4., 5., 6. und 10. Kompagnie) den Biller Berg und im
Anschluß hieran nahm das 2. Grenadierregiment Nr. 101
(2. und 3. Kompagme) das Waldstück links davon, den
sogenannten Hexenkesselwald. Der überraschte Feind, der
unser Artillerie= und Minenfeuer verhältnismäßig schwach
erwidert hatte, leistete dem Schützenregiment gegenüber fast
keinen, dem Grenadierregiment 101 gegenüber dagegen
äußerst zähen Widerstand.
Die Verluste des Feindes waren erheblich, allein 220
tote. Franzosen lagen vor der Front. Diesseits waren 4
Offiziere und 78 Mann gefallen, 4 Offizere und 280 Mann
wurden verwundet. An Beute wurden eingebracht: 1 Re-
volverkanone, * Maschinengewehre, 13 Minenwerfer, 800
Gefangene, darunter 12 Offiziere, außerdem viele Gewehre
und Munition, Schanzzeug und wertvolle Schriftstücke.
Die Erstürmung des Viller Berges bildete die letzte
Kampfhandlung des Korps unter dem bisherigen Komman-
dierenden General, der das XII. Armeekorps ins Feld ge-
führt hatte. Im folgenden möge deshalb der Bericht des
Generalkommandos über diese mit größter Sorgfalt zur
Schonung des kostbaren Menschenmaterials vorbereitete
schöne Waffentat wenigstens im Auszug Platz finden.
Der Berg südwestlich von la Ville aux Bois war in den
hin= und herwogenden Kämpfen vom September 1914
schließlich in der Hand der Franzosen geblieben. Er bot
dem Feinde zweifellos eine vortreffliche Beobachtung gegen
den ganzen rechten Flügel der 23. Infanteriedivision und
das wenig Deckung bietende Hintergelände. Er war ein
vorzüglicher Stützpunkt für die Verteidigung und hätte
auch die verdeckte Bereitstellung von Angriffstruppen be-
günstigt. Das trat augenfällig im September lols hervor,
als die Franzosen sich gegen die Stellung der 23. Infanterie-
division vorarbeiteten und mit einem Angriff drohten.
Das Generalkommando hatte bereits im Frühjahr 1912
den Gedankben erwogen, den Viller Berg zu nehmen, um
die lästige feindliche Beobachtung zu beseitigen und selbst
Sachsen in großer Zeit. Band III
Einsicht in das Aisnetal von Pontavert bis Berry au Bac
zu gewinnen. Dieser Gedanke wurde nach den September-
tagen lols dringlicher. Denn durch Wegnahme des be-
herrschenden Berges mußte die Stellung bei la Ville aur
Bois wesentlich verbessert, ein feindlicher Angriff zwischen
Craonne und Berry au Bac erheblich erschwert werden. Zu
bedenken war allerdings, daß die Wegnahme und vor allen
Dingen das Halten der Bergstellung viel Kräfte und Mu-
nition erfordern würde. Der Gegner konnte ein umfassen-
des Artilleriefeuer aus den ausgedehnten Waldgebieten im
Raume von Pontavert gegen den Viller Berg richten.
Die Ausführung des Gedankens wurde daher zunächst
zurückgestellt. Es sollte eine Lage abgewartet werden, die
den Einsatz der Kräfte und Munition rechtfertigte. Die
23. Infanteriedivision wurde aber angewiesen, einen Angriff
auf den Viller Berg dauernd im Auge zu behalten und durch
eingehende Erkundungen der feindlichen Stellung unaus-
gesetzt vorzubereiten. Die Ergebnisse dieser Vorarbeiten wur-
den schriftlich niedergelegt. Sie haben wertvolle Unterlagen
für den späteren Angriff gegeben.
Im Februar 1016 wurde durch Gefangene fesigestellt,
daß das französische I. Armeekorps, aus besonders guten
Truppen bestehend, herausgezogen worden war. Die ab-
lösenden Reservetruppen (55. Reservedivision) zeigten bei
unseren zahlreichen Patrouillenunternehmungen wenig Zähig-
keit und Unternehmungsgeist. Die Divisionen meldeten
übereinstimmend, daß die feindliche Artillerie schwächer ge-
worden sei. Dazu kam, daß das Hochwasser des Winters
den größten Teil der zahlreichen Aisne-Brücken zwischen
Pontavert und Berry au Bac für den Verkehr sperrte und
auch sonst manchen Schaden in den französischen Stellungen
angerichtet haben mußte. Ein Teil der im September 10915
zwischen Craonne und la Ville aur Boie entstandenen fran-
zösischen Gräben war vom Feinde geräumt und zugeschüttet
worden. Es lag nahe, diese taktischen Vorteile jetzt auszu-
nützen, um so mehr, als die allgemeine Lage eine größere
Unternehmung forderte.
Die Kämpfe vor Verdun hatten am 21. Februar be-
gonnen. Das Generalkommando hatte den Eindruck, daß
Unternehmungen an anderen Stellen der Westfront nur
erwünscht sein müßten, um feindliche Kräfte zu fesseln
und die Aufmerksamkeit des Gegners auch auf andere
Stellen zu lenken.
Das Armeeoberkommando billigte den Entschluß des
XII. Armeekorps und stellte ihm die nachstehenden Kräfte zur
Verfügung:
1 1. Feldhaubitzen-Abteilung
5 schwere Feldhaubitzen-Batterien
3 Mörsergeschütze alter Art
2 Pionierkompagnien
2 Züge schwerer Minenwerfer
1 Armierungskompagnie
1 Zug Artillerieflieger (Abteilungsführer und zwei Flug-
zeuge).
Später wurden noch überwiesen:
1 Zug mittlerer Minenwerfer
1 sehwere 15-em-Kanonenbatterie und
½ 10-cm-Kanonenbatterie und
2 Infanteriebataillone der 354. Infanteriedivision.
Das X. Armeekorps erhielt die Anweisung, sich nach un-
mittelbarer Vereinbarung an dem Unternehmen zu beteiligen.
Das Generalkommando Xll. befahl am 2. März 16 der
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