seitigt. Denn als der König von Westfalen sich gegen das
Vogtland wenden mußte, erschienen sofort wieder die Oster-
reicher Am Endes vor der Hauptstadt, am 13. Juli wurde
sie zum zweiten Male von Lobkowitz besetzt, während Am
Ende bei Dippoldiswalde stehen blieb.
Schleunigst wurde Thielmann, der am selben Tage be-
reits wieder in der Gegend von Kahla stand und den Rück-
zug Jérômes von Schleitz nach Kassel decken wollte, nach
der Elbe zurückgeschickt. In Eilmärschen erreichte er am
20. Juli die Weißeritzbrücken bei Dresden-Friedrichstadt, ge-
rade als Am Ende von Dippoldiswalde her in die Stadt ein-
zog. Am folgenden Tage wurde im Dorfe Plauen ein Waffen-
stillstand abgeschlossen, demzufolge Dresden geräumt wurde.
Der Herzog von Braunschweig war auf seinem Streif-
zuge inzwischen bis Zwickau gelangt. Als ihn hier die Kunde
von dem allgemeinen Waffenstillstande erreichte, erklärte
er, ihn nicht anzuerkennen. Er schlug sich mit seinen tapferen
Streitern durch die dreifache Ubermacht seiner Feinde durch
und erreichte in einem Gewaltmarsche von nur vierzehn
Tagen die Nordsee. Thielmann hatte den Versuch gemacht,
ihm bei Leipzig den Weg zu verlegen, allein er kam zu
spät. Seine Truppen, nach und nach auf 10 Ooo Mann
und 2200 Pferde angewachsen, wurden nach Dresden zu-
sammengezogen, wo sie Gouvion St. Cyr übernahm, der-
selbe, der vier Jahre später während der schlimmsten geit
Gouverneur der Hauptstadt war. Am 11. August kehrte
der König von Frankfurt zurück.
So ging auch dieser Feldzug zu Ende. Trotz aller Tapfer-
beit hatte er den Sachsen keinen strahlenden Ruhm gebracht.
Ihre Heldentaten von Wagram kamen in den französischen
Berichten nicht zur Geltung, die Not des Heimatlandes,
das unter den verbündeten Truppen Jérômes schwerer litt,
alos unter den feindlichen Besatzungen, ließ die Erfolge des
Vormarsches und Sieges vergessen.
Daß das sächsische Heer an Haupt und Gliedern ver-
besserungsbedürftig war, hatten die Kriege der letzten Jahre
noch deutlicher gezeigt, als die Feldzüge in der Pfalz und
am RNheine. Es hatte aber bisher an Zeit und an Männern
für das große Werk einer Neubildung gefehlt. Nun, da
Napoleons Unbesieglichkeit festzustehen schien und eine
längere Ruhe verhieß, konnte der König die schwierige Ar-
beit beginnen. Er beauftragte im Oktober 1800 den Oberst-
leutnant von Langenau, seine Erfahrungen und Ansichten
schriftlich niederzulegen. Mit Freimut und Geschick unter-
zog sich Langenau der Aufgabe. Gleichzeitig reichten die
Generalmajore von Gersdorff, von Funck und Thielmann
Denkschriften über den Zustand des Heeres und seine Ver-
besserung ein. Auf das Gutachten eines Ausschusses nahm
der König die Vorschläge an. Eine ungeheuere Arbeit wurde
von wenigen hochbegabten Offizleren mit größter Sach-
kunde in kurzer Zeit bewältigt, am 1. Mai 1810 konnten
die Neuordnungen beginnen, am Schlusse des Jahres waren
sie vollendet. Das Königreich hatte ein in Geist und Waffe
der neuen Zeit völlig entsprechendes Heer.
Das Jahr 1811 verging in emsigen Friedensübungen,
d folgende sollte die neuen Einrichtungen auf die Probe
ellen.
Am 15. Februar 1812 wurde das sächsische Heer auf-
geboten, um mit Napoleon gegen Rußland zu Felde zu
ziehen. Generalleutnant von Lecoq sammelte die Truppen
in der Niederlausitz, am 27. März marschierten sie unter
Reyniers Oberbefehle als VII. Korps der französischen
Großen Armee ab, 18 Bataillone, 28 Schwadronen und
50 Geschütze, 21200 Mann, 7000 Pferde stark. Am 9. April
trafen sie in Kalisch ein; sie hatten 438 Meilen in 14 Tagen
ohne einen einzigen Nasttag zurückgelegt. Am 24. April er-
reichte das Korps Radom, wo es bis Ende Mai unter be-
ständigen Ubungen blieb. Dann wurde es in Verbindung
mit den von Lemberg kommenden 30 oo Osterreichern des
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Fürsten Schwargenberg zur Deckung des Großherzogtums
Warschau, der Verbindung der Großen Armee und Siche-
rung einer 20 Mellen langen Linie am äußersten rechten
Flügel verwendet, einer Aufgabe, der es um so weniger
gewachsen sein konnte, als ihm bereits in Kalisch 3 Reiter-
regimenter (Brigade Thielmann — Garde-du-Corps und
Zastrowkürassiere — und Prinz-Albrecht-Chevaurlegers)
zu anderer Verwendung entzogen worden waren. Gerade
der Mangel an Reiterei erschwerte die Aufgabe einem gut
berittenen, zahlenmäßig überlegenen Feinde gegenüber in
einem unermeßlich weiten Lande, das wenig feste Stäütz-
punkte bot. Das Kampfgebiet lag zwischen Kowel und dem
Bielowjescher Walde, in einer Gegend also, die deutschen
Truppen im Weltkriege wohlbekannt wurde.
Am 18. Juli bei Bitten südlich Slonim angekommen,
erhielt das Korps Befehl, die Österreicher bei Prushany
und Kobrin abzulösen. Am 24. traf General von Klengel
mit seiner Brigade (Regimenter König und Niesemeuschel)
und 3 Schwadronen Elemens-Ulanen in Kobrin und Li-
tauisch-Brest ein. Bereits in dieser Nacht wurden die Ulanen-
vortruppen in Brest überfallen und vernichtet. Klengel
suchte sich befehlsgemäß in Kobrin zu halten, wurde aber
alsbald völlig eingeschlossen und nach tapferem Kampfe,
der zuletzt noch um die Kirche tobte, gefangen. Der russische
General Tormassow ließ sich die sächsischen Offiziere vor-
stellen und gab ihnen mit den Worten: „Ein solch tapferes
Benehmen verdient auch eine besondere Auszeichnung“ ihre
Säbel zurück. In vierundvierzigtägigem ununterbrochenen
Marsche nach Kiew gebracht, blieben die 2000 Mann ein
Fahr in Gefangenschaft, ein Drittel davon sah das Vater-
land nicht wieder. ·.
Reynier mußte nach Slonin zurückkehren. Erst nach der
Vereinigung mit den Österreichern am 3. August konnte
man versuchen, die Scharte auszuwetzen. Am 10. August
wurde der Feind bei Prushany geworfen, zwei Tage später
bei Poddubna an der Straße nach Litauisch-Brest und Horo=
deczno geschlagen und in der Folge nach Wolhynien zurück-
getrieben. Der Kampf hatte den Sachsen 20 Offiziere und
850 Mann gekostet, die Österreicher hatten 1300 Mann
verloren. Am Styr kam aber der Vorstoß zum Halten und
wurde, als die bisher gegen die Türken verwendete russische
Moldauarmee eintraf, sogar rückläufig. Nach Kämpfen an
der Legna am 11. Oktober bei Klejniki (nordwestlich Brest)
wurde über Wolczyn und über den Bug nach Biala mar-
schiert, die Osterreicher gingen in eine Stellung bei Siedlee-
Drohiczyn. Ende des Monats brachte die Dioision Durutte,
ein buntes Gemisch von Würzburgern, Holländern, Fran-
zosen und gefangen gewesenen Spaniern und Portugiesen,
willkommene Verstärkung, denn die Sachsen waren auf
12000 Mann zusammengeschmolzen. Wiederum wurden
große Märsche nötig. Über Kleszczele wurde nach zahlreichen
Flußübergängen am 12. November Lopienica-Woltowysk er-
reicht, wo ev bei grimmiger Kälte zu mehrtägigen, blutigen
Kämpfen kam. Der gegen Brest zurückgehende Feind
wurde am 24. November bei Rzeczyca westlich Poddubna
erreicht und abermals geworfen, Brest am 26. besetzt. Am
selben Tage begann jedoch die Große Armee bereits den
verhängniosvollen Übergang über die Beresina. In Un-
gewißheit über die Gesamtlage der eigenen Armee und über
die Stärke und Absicht des beweglichen und schwer zu
fassenden Gegners suchte Reynier durch große Märsche
noch immer seine Aufgabe zu erfüllen. Das stellte freilich
ungeheuere Anforderungen an die Mannschaften, zumal die
Kälte bereits 28 Grad erreicht hatte und Lebensmittel wie
Bekleidung mangelten. Das Eintreffen eines mit Mänteln,
Kleidern und Schuhen reichlich versehenen Ersatzbataillons
wurde daher in Litauisch-Kamieniec mit Jubel begrüßt.
Erst am 20. Dezember erhielt Reynier sichere Kunde vom
Rückzuge der Großen Armee, die zertriimmert am 13. be-