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8. Sparkassen-Tontinen.
Eine solche hat die Bayer. Hypotheken= und Wechselbank
gleichfalls eingerichtet. Es werden bei derselben Gesellschaften
von Mitgliedern gebildet, die durch eine einmalige oder wieder-
holte Einlage bis zu einem gewissen Zeitpunkt ein Kapital an-
sammeln mit der Bestimmung, daß nach Umlauf dieses Zeit-
punktes das Kapital nebst Zinses-Zinsen denjenigen Mitgliedern,
die dann noch am Leben sind, nach Verhältniß ihrer Einlagen
ausbezahlt werde. Kapital und Zinses-Zins der Gestorbenen
kommen den Ueberlebenden zur Vergrößerung ihres Antheils
zu gute.
Nicht blos für das eigene Alter ist diese Sparkassen-
Tontine nützlich — die Einlagen können auch für Dritte (z. B.
Kinder) erfolgen, um ihnen für Verheirathung 2c. eine bestimmte
Summe zu sichern. Die Tontine ist also gewissermaßen eine
Art Sparkasse, unterscheidet sich jedoch von den diesen Namen
tragenden Anstalten wesentlich dadurch: 1) daß vor dem zur
Liquidirung bestimmten Zeitpunkt die admassirte Summe nicht
erhoben werden kann, 2) daß sie nur dann ausbezahlt wird,
wenn derjenige, auf dessen Namen die Einlagen gemacht wurden,
sich noch am Leben befindet, 3) daß dagegen Kapital und Zinsen
zu Gunsten der Ueberlebenden verfallen sind, wenn das Mitglied
vor dem Zeitpunkt der Abrechnung mit Tod abgeht.
Auf den ersten Blick könnte diese Beschränkung der freien
Verfügung und der im Todesfall drohende Verlust als ein Ge-
brechen der Sparkassen-Tontine erscheinen; sie ist aber im Gegen-
theil ihr größter Vorzug, denn nur durch diese Einrichtung
wird es möglich, die Einlagen durch den Zinsenzuschlag bis zu
einem gewissen Zeitpunkt anwachsen zu lassen und bei der end-
lichen Vertheilung den Ueberlebenden eine Summe zu über-
geben, welche das bei einer gewöhnlichen Sparkasse Erreichbare
weit überbietet, da der einzelne Theilhaber nicht nur Kapital
und Zinsen seiner eigenen Einlagen, sondern auch seinen ver-
hältnißmäßigen Antheil an der Hinterlassenschaft der Verstor-
benen erhält. Wer mit vergleichsweise geringen Mitteln ein
großes Resultat erreichen will, der darf auch vor den Beding-
ungen nicht zurückschrecken, welche die Erreichung möglich machen.
Die Sparkassen-Tontine beschränkt sich nicht blos auf das
jugendliche Alter, sondern bietet allen Altersklassen bis zum
fünfundsechzigsten Jahr ihre Hilfe zur Anlegung der Erspar-
nisse an. Dabei sind die Einlagebeträge so niedrig angenommen,
daß auch der wenig Bemittelte Gebrauch davon machen kann,
Der bayer. Sekrctär. 51