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so soll nach der Verfassungsurkunde die abgeson-
derte Verwaltung des im Jahr 1805 mit dem
Staatsgut vereinigten evangelischen Kirchenguts
wieder hergestellt und ebenso für die katholische
Kirche ein eigener Kirchenfonds ausgeschieden
werden. Diese Vorschrift ist indessen bis heute
noch nicht ausgeführt worden; dagegen bestreitet
der Staat aus seinen Mitteln einen erheblichen
Teil des Aufwands beider Kirchen, welcher im
Etatsgesetz mit den Ständen verabschiedet wird.
Was die reformierte Kirche anbetrifft, so sind
die wenigen reformierten Kirchengemeinden des
Landes im Jahr 1823 ohne Änderung ihres Be-
kenntnisses mit der lutherischen Landeskirche ver-
einigt, d. h. in den Organismus und den Mit-
genuß der Anstalten dieser Kirche aufgenommen
worden. Seitdem hat sich wieder in Stuttgart und
Cannstatt je eine besondere reformierte Gemeinde
gebildet, welche unmittelbar unter der Aufsicht
des Ministeriums für Kirchen- und Schulwesen
steht. Die griechisch-katholische und die anglı-
kanische Kirche sowie die anderen Religionsgesell-
schaften sind in Württ. nicht als öffentliche Kör-
perschaften anerkannt. Sie unterliegen sämtlich
den Vorschriften des Gesetzes über die religiösen
Dissidentenvereine; ihre Bildung bedarf also
keiner staatlichen Genehmigung; auch genießen
sie das Recht der freien öffentlichen Religions-
übung. Eine besondere rechtliche Stellung in
kirchlicher und politischer Beziehung haben die
beiden zur evangelisch-lutherischen, aber nicht
zur Landeskirche gehörigen Gemeinden Korntal
und Wilhelmsdorf; doch ist ein Teil ihrer
Privilegien durch die Reichsgesetzgebung außer
Wirkung gesetzt worden.
Die der Staatsgewalt gegenüber den Kirchen
zustehenden Herrschaftsrechte bezeichnet man als
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