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die man in unsere harrende Aengstlichkeit warf. All das
Raunen und Flüstern, das zwischen ihnen lag, war uns ver-
borgen. Heute können wir, so gut es heute möglich ist,
dem Meinungsverkehr zwischen den Hauptstädten des alten
Europas lauschen und aus ihm die Antwort auf die Frage
erhorchen, warum der Friede zerschlagen wurde.
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Auf diese Frage versuchten natürlich nach Ausbruch
des Krieges alle europäischen Regierungen zu antworten.
In flammenden Manifesten, Aufrufen, Kammerreden und
dergleichen mehr erklärte eine jede den in den Kampf
ziehenden heimischen Scharen und den aufhorchenden neu-
tralen Staaten, warum der Friede starb. Eine jede war na-
türlich schuldlos daran, dass aus den Verhandlungen für den
Frieden Kriegsverhandlungen geworden. Sie wollte den
Krieg vermeiden, den der Gegner heimtückisch entfesselte.
Alle diese Kundgebungen haben in erster Linie natürlich
nur den Wert, den ihnen der Augenblick gab. Sie sollten be-
geistern und anklagen. Immerhin stellten sie die erste amt-
liche Geschichte des Kriegsausbruches dar. Mit ihnen
allein ist nichts anzufangen. Aber sie sind notwendig für
das Verständnis der eigentlichen Akten über die Kriegs-
verhandlungen, so wie sie vor Kriegsausbruch entstanden
sind. Aus ihnen ersehen wir, was die Akten nach Wunsch
und Willen der betreffenden Regierung aussagen sollten.
Sie geben uns den Masstab für die Beurteilung der Doku-
mente.
Die erste Aufgabe dieser Einführung muss es also sein,
dem Leser der folgenden Dokumentensammlung einen kurzen,
aber scharfen Ueberblick über die offiziellen Darlegungen
nach Kriegsausbruch zu geben. Bevor wir an die vor Kriegs-
ausbruch entstandenen Akten herantreten, müssen wir einen
Blick auf die nach Kriegsausbruch von einer jeden Regierung
auigestellten Thesen werfen.
Für die deutsche Auffassung sind folgende Zitate aus
der Denkschrift des Weissbuches und der Reichskanzlerrede
in der 2. Kriegstagung des Reichstages charakteristisch: