346 2. August
sein wird, ohne Hülfe einen französischen Vormarsch mit so
grosser Aussicht auf Erfolg abzuwehren, dass darin eine aus-
reichende Sicherheit gegen die Bedrohung Deutschlands ge-
funden werden kann. Es ist ein Gebot der Selbst-
erhaltung für Deutschland, demifeindlichen
Angrififfzuvorzukommen. Mit dem grössten Bedauern
würde es daher die deutsche Regierung erfüllen, wenn Belgien
einen Akt der Feindseligkeit gegen sich darin erblicken würde,
dass die Massnahmen seiner Gegner Deutschland zwingen, zur
Gegenwehr auch seinerseits belgisches Gebiet zu betreten.
Um jede Missdeutung auszuschliessen, erklärt die kaiser-
liche Regierung das Folgende :
i. Deutschland beabsichtigt keinerlei Feindselig-
keiten gegen Belgien. Ist Belgien gewillt, in dem. be-
vorstehenden Kriege Deutschland gegenüber eine wohlwol-
lende Neutralität einzunehmen, so verpflichtet sich
die deutsche Regierung, beim Friedens-
schluss Besitzstand und Unabhängigkeit des
Königreichs in vollem Umiange zu garan-
tieren.
2. Deutschland verpflichtet sich unter obiger Voraus-
setzung, das Gebiet des Königreichs wieder zu
räumen, sobald der Friede geschlossen ist.
3. Bei einer freundschaftlichen Haltung Belgiens ist
Deutschland bereit, im Einvernehmen mit den Königlich Bel-
gischen Behörden alle Bedürfnisse seiner Trup-
pen gegen Barzahlung anzukaufen undieden
Schaden zuersetzen,deretwa durch deutsche
Truppen verursachtwerdenkönnte.,
4. Sollte Belgien den deutschen Truppen
feindlich entgegentreten, insbesondere ihrem. Vor-
gehen durch Widerstand der Maas-Befestirunzen oder durch
Zerstörung von Eisenbahnen, Strassen, Tunnels oder sonsti-
gen Kunstbauten Schwierigkeiten bereiten, so wird Deutsch-
land zuseinemBedauern gezwungen sein, das
Königreich als Feind zu betrachten. In diesem
Falle würde Deutschland dem Königreich gegenüber keine
Verpflichtungen übernehmen können, sondern müsste
diespätere Regelung des Verhältnisses bei-
der Staaten zu einander der Entscheidung
der Waifen überlassen.
Die kaiserliche Regierung gibt sich der bestimm-
ten Hoffinung hin, dass diese Eventualität
nicht eintreten und dass die königlich belgische Re-