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sollen, — so kann man wohl sagen, dass die deutschen Akten
ausschliesslich den ersten beiden Klassen angehören. Irgend
ein Schriftstück, dessen Inhalt und Ton, dessen Auffassung
auf nachträgliche Herstellung schliessen liesse, ist im deut-
schen Weissbuch nicht zu entdecken. Die Feinde Deutsch-
lands konnten wohl hier und da auf die grosse Knappheit
der deutschen Sammlung hinweisen, aber niemand konnte
den, Vorwurf erheben, dass Dokumente künstlich hinzufabri-
ziert oder entstellt worden wären.
Als zweite diplomatische Aktensammlung über den
Krieg erschien unter dem Titel « Korrespondenz über die
europäische Krisis» das englische Blaubuch. Es enthielt
159 Stücke und wurde dem Parlament vor der Sitzung vom
6. August unterbreitet, also nach der Kriegserklärung Eng-
lands an Deutschland. Es erschien später in erweiterter, zum
Teil von der ersten Fassung abweichender Form mit einer
Einleitung und Berichten über die Parlementsitzungen in
den ersten Tagen des Monates August, unter dem Titel
« Grossbritannien und die europäische Krisis». Diese Aus-
gabe enthält 161 Stücke, d. h. die 159 Stücke der ersten
Fassung und zwei nach Kriegsausbruch in London herge-
stellte Berichte der englischen Botschafter in Wien und
Berlin. Sie reicht vom 21. Juli bis zum 4. August, wenn
man die beiden Berichte der Botschafter nicht in Betracht
zieht... Wenn diese Aktensammlung den vorhandenen
Dokumentenschatz auch bei Weitem nicht erschöpfte —
wichtige Akten über die englischen Hilfeversprechen an
Frankreich, über deutsche Konzessionen und Vorschläge
fehlen nachweisbar, — so stellt sie doch die reichhaltigste
der diplomatischen Sammlungen dar, was sich aus den eng-
lischen parlamentarischen Gebräuchen erklären lässt. Sie ist
daher trotz ihrer Lücken eine wahre Fundgrube für die
historische Erkenntnis der grossen Krisis. Sie verschmäht
es nicht, auch solche Dokumente zu bringen, die stärker
als die Akten der feindlichen Staaten die englische Politik
belasten. Man könnte diese oder jene der anderen Veröffent-
lichungen für das Verständnis der Vorgänge vor Kriegsaus-
bruch entbehren, so etwa das französische Gelbbuch. Ohne