Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

V. Die Militär-Gesundheitspflege im Kriege 177 
letzter Nerven befassen; andere fertigen und prüfen künstliche Hände und Füße, 
Arme und Beine; hier werden Derunstaltungen des Gesichtes ausgeglichen, 
dort üben sich Schwerbeschädigte in der Wiedererlangung körperlicher Fertig-- 
keiten und geistiger Kräfte. Man hat methodischen Schulunterricht in vielen 
Krankenanstalten eingeführt, um die Gymmastik des Geistes über der des 
MKörpers nicht zu vernachlässigen. In TLazarett-Werkstätten erteilt man 
nicht nur allgemeinen Handfertigkeitsunterricht, sondern gewöhnt ver- 
stümmelte Handwerker wieder in ihren alten Beruf ein. Ticht wie früher 
soll „der Krüppel“ ein zur Untätigkeit verurteilter Almosenempfänger bleiben, 
sondern ein tätiges, schaffendes, daher zufriedenes Mitglied der großen 
Arbeitsgemeinschaft des deutschen Dolkes werden. Kann er auch nicht volle 
Erwerbsfähigkeit wiedergewinnen, so muß der ihm verbleibende Rest von 
körperlichem Können, geleitet durch tatkräftiges Wollen, doch möglichst aus- 
gebaut werden. — Auch die Industrie bringt diesen Bestrebungen viel Der- 
ständnis und Förderung entgegen. Der Tod zahlreicher tüchtiger Arbeiter 
fordert Ersatzmänner; da dürfen auch halbe und viertel Kräfte nicht un- 
genützt bleiben. Jede hilft mit zum eigenen Segen und zur künftigen Größe 
unseres Daterlandes. 
Der Staat gewährt für erlittene Dienstbeschädigung und Einbuße an 
Erwerbsfähigkeit Entschädigungen, die bis an die Grenze seiner finanziellen 
Leistungsfähigkeit gehen. Hrovinzen, Gemeinden, Dereine und Hrivate greifen 
überdies hilfreich mit ein, um das Los der braven Männer zu erleichtern, 
die Gesundheit und Kraft für das Daterland eingesetzt haben (s. Art. VIff.). 
Im Gegensatz zu den meisten seiner Feinde veröffentlicht Deutschland 
seine Derluste und vermeidet dadurch die qualvolle Ungewißbeit der sorgen- 
voll Daheimgebliebenen. Beim Hreußischen Kriegsministerium ist für die 
Kriegsdauer ein Sentral-Machweisebureau errichtet; es sammelt die 
dienstlichen Berichte über Tote, Derwundete, Kranke und Dermißte, teilt 
sie öffentlich mit (Derlustlisten) und gibt Auskunft auf Anfragen. 
B. Die Organisation der freiwilligen Krankenpflege. 
UMehrfach war schon von ihren Organen die Rede, nun noch ein Blick 
auf ihre Organisation! 
Der Staat allein kann den ungeheneren Anforderungen an sanitären 
Kräften und Mitteln nicht genügen, die ein neuzeitlicher Krieg bedingt. Er 
darf daher das Angebot freier Liebestätigkeit nicht überseben, die — schon 
im Frieden tätig — im Kriege nicht bei Seite stehen möchte. Deropfersinn des 
ganzen Dolkes verlangt nach Mitarbeit, darunter sind viele Männer, die 
nicht waffenpflichtig sind, und zahlreiche Frauen und Jungfrauen, die be- 
sondere Anlagen und Kenntnisse für den Pflegedienst besitzen. 
Um Sersplitterung und Reibung der Kräfte zu vermeiden, arbeitet die 
freiwillige Krankenpflege nicht selbständig neben der militärischen; sie bildet 
aber unter deren Leitung eine wertvolle, zum Teil unentbehrliche Ergänzung. 
An ihrer Spitze steht der Kaiserliche Kommissar und Militär- 
inspekteur der freiwilligen Krankenpflege im Kriege, z. St. Fürst 
Staatsbürgerl. Zelehrungen in der Mriegszeit. II. Band. 12
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.