36 Verfassungs-Urkunde f. d. Preußischen Staat. V. 31. Jannar 1850.
Artikel 93.
Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in
Civil= und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Oeffentlich-
keit kann jedoch durch einen öffentlich zu verkündenden Beschluß
des Gerichts ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung
oder den guten Sitten Gefahr droht.
In anderen Fällen kann die Oeffentlichkeit nur durch
Gesetze beschränkt werden.
Artikel 94.
Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, bei
allen politischen Verbrechen und bei allen Preßvergehen, welche
das Gesetz nicht ausdrücklich ausnimmt, erfolgt die Entschei-
dung über die Schuld des Angeklagten durch Geschworene.
Die Bildung des Geschworenengerichts regelt das Gesetz. 1.
Zweite Verfassungsänderung. S. zu Art. 95.
Artikel 95.
# Es kann durch ein mit vorheriger Zustimmung der Kam-
mern zu erlassendes Gesetz ein besonderer Schwurgerichtshof
errichtet werden, dessen Zuständigkeit die Verbrechen des Hoch-
verraths und diejenigen schweren Verbrechen gegen die innere
und äußere Sicherheit des Staats, welche ihm durch das
Gesetz überwiesen werden, begreift. Die Bildung der Ge-
schworenen bei diesem Gerichte regelt das Gesetz. —1
Zweite Verfassungsänderung. S. oben S. 4. Das
Gesetz v. 21. Mai 1852 bestimmt:
Artikel 1.
Die Artikel 94. und 95. der Verfassungs-Urkunde
vom 31. Januar 1850. sind aufgehoben.
An deren Stelle treten folgende Bestimmungen:
Artikel. 2.
Bei Verbrechen erfolgt die Entscheidung über die
Schuld des Angeklagten durch Geschworene, in soweit
ein mit vorheriger Zustimmung der Kammern erlassenes
Gesetz nicht Ausnahmen bestimmt. Die Bildung des
Geschworenengerichts regelt das Gesetz.