4. Gesetz. Das Verfahren bei Ministeranklagen betr. V. 11. Dez. 1869. 147
für die Hauptverhandlung vor den erkennenden Gerichten aufgestellt
hat, soweit die folgenden Paragraphen keine besonderen Bestimmungen
enthalten.
Das Gesetz v. 3. März 1879 87 Abs. 2 sagt:
„An Stelle des § 16 jenes Gesetzes tritt folgende
Bestimmung:
6 16. Für das Verfahren vor dem Staatsgerichts-
hofe finden, soweit die I#§9 17—24 dieses Gesetzes keine
besonderen Bestimmungen enthalten, die Vorschriften
der Gerichtsverfassung und Strafproceßordnung über
die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.“
18. 17.
Die Anklage muß die Thatsachen, auf welche sie gegründet
wird, und die dafür erforderlichen Beweise, die Bezeichnung der
dem Angeklagten zur Last gelegten Verschuldung und die Anträge
enthalten.
Neue Anschuldigungsthatsachen können im Laufe des Verfahrens
nicht vorgebracht oder berücksichtigt werden.
Der Angeklagte kann nur wegen der Verschuldung verurtheilt
werden, welche in der Anklage ausdrücklich bezeichnet ist.
6 18.
Der Präsident des Staatsgerichtshofes läßt alsbald nach
Empfang der Anklage dem Angeklagten eine Ausfertigung derselben
nebst ihren Beilagen mit der Aufforderung zustellen, bis zu der
nach §. 8 anzuberaumenden Sitzung die Thatsachen und Beweise,
die zu seiner Entlastung bei der Hauptverhandlung berücksichtigt
werden sollen, sowie auch seinen etwaigen Vertreter und Vertheidiger
schriftlich zu bezeichnen.
P. 19.
Sobald die erforderlichen Vorbereitungen getroffen sind, be-
stimmt der Präsident des Staatsgerichtshofes, indem er zugleich
die etwa eingekommenen Anträge des Angeklagten den Commissären
der zweiten Kammer mittheilt, den Sitzungstag für die Haupt-
verhandlung, und erläßt Vorladungen an alle Personen, die dabei
zu erscheinen haben.
Die Verhandlung wird mit Vorlesung der Anklage nebst ihren
Beilagen begonnen, und der Angeklagte über die derselben zu
Grunde liegenden oder sonst für die Urtheilsfällung erheblichen That-
umstände vernommen. Ebenso werden die Vertreter der Anklage
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