Einleitung.
Die Entstehung des Bundesrats
13. Dezember 1866 bis 17. Kpril 1867.
Durch die Ereignisse des Jahres 1866 ist nicht nur das Organ des
Deutschen Bundes, der Frankfurter Bundestag, sondern auch der völkerrechtliche
Vertrag selbst, zu dem sich die souveränen Fürsten und freien Städte Deutsch-
lands vereinigt hatten, aufgehoben und erloschen. An seine Stelle trat ein
von Grund auf neues, auf selbständiger Grundlage errichtetes Verfassungswerk:
der Norddeutsche Bund, als Beginn einer neuen Gestaltung Deutschlands (s. Art. 4
des Prager Friedens vom 23. August 1860).
Die Verfassung des Norddeutschen Bundes ist, wie alles Große, was wir
in Deutschland heute genießen, Bismarcks Werk. Er fand, als er an die Aus-
arbeitung der Verfassungsartikel ging, zwei fertige Entwürfe vor, der eine von
Max Duncker, der andere von Savigny verfaßt; allein keiner von diesen ent-
sprach seinen Intentionen, er schob sie vollständig bei Seite, angeblich, weil sie
zu tief in die Selbständigkeit der Einzelstaaten einschnitten. Dann, am Nach-
mittag des 13. Dezember, diktirte er aus dem Kopf Lothar Bucher den eigentlich
konstituirenden Artikel der Verfassung über den Bundesrat, das Bundespräsi-
dium und den Reichstag, und gab für die übrigen Abschnitte die bestimmenden
Gesichtspunkte. Am Morgen des 14. Dezember war der Entwurf fertig, am
Nachmittag wurde er von dem unter dem Vorsitz des Königs versammelten
Ministerrate genehmigt und damit reif zur Vorlage an die Konferenz.)
Dieser erste Entwurf und seine beiden Vorläufer sind strengstes Geheimnis
geblieben. Sie werden im Auswärtigen Amt unter den sekretesten Dokumenten
aufbewahrt. Sybel hat sie nicht zu Gesicht bekommen. Auch keines der obersten
Reichsämter darf einen Blick hineinwerfen, und doch wäre es oft wünschens-
wert, die Genesis der deutschen Verfassungsurkunde zu kennen, wenn es sich
*) Vgl. Sybel „Die Begründung des Deutschen Reichs“, Bd. VI, S. 24, und mein
Werk „Ein Achtundvierziger. Lothar Buchers Leben und Werke“, Bd. III, S. 131 ff.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 1