sei. Entstanden waren diese Zweifel durch das im Artikel 3 der Verfassung
des Norddeutschen Bundes statuirte Prinzip des gemeinsamen Indigenats für
alle Bundesangehörigen. Es wurde die Meinung vertreten, daß aus der einmal
erfolgten Statuirung dieses Prinzips beim Verziehen eines Bundesangehörigen
aus dem einen Bundesstaat in den andern die Anwendung der früheren Be—
stimmungen über zu liefernden Nachweis erfolgter Entlassung aus dem bisherigen
Unterthanenverhältnisse u. s. w. sich von selbst verbiete.
In einem an den Bundesrat gerichteten Schreiben (Juni 1868) führte der
Kanzler aus, daß diese letztere Anschauung eine durchaus irrige sei. Im
Artikel 3 der Bundesverfassung seien die Rechte, welche aus dem gemeinsamen
Indigenat flössen, aufgeführt, woraus sich von selbst ergebe, daß eben nur
diese und nicht alle Rechte aus dem Prinzipe des gemeinsamen Indigenats
fließen sollten. Zu der unzweifelhaften Statthaftigkeit dieser Auffassung trete
sodann aber auch ihre materielle Zweckmäßigkeit, denn wenn man einer andern
Auffassung Raum geben und bei einem Verziehen eines Bundesangehörigen aus
dem einen Bundesstaat in den andern den Nachweis vorheriger Entlassung aus
dem bisherigen speziellen Unterthanenverhältnis nicht nach wie vor für not-
wendig erachten wollte, so würde in Betreff der speziellen Staatsangehörigkeit
der einzelnen Bundesangehörigen der größten Unsicherheit oft Thür und Thor
geöffnet sein. Es empfehle sich daher, zur Beseitigung aller Zweifel über die
betreffende Frage, daß die Bundesregierungen sich über eine gemeinsame Basis,
die fortan in fraglicher Beziehung allein maßgebend sein solle, verständigten,
und proponirte der Kanzler diese gemeinsame Basis schließlich in folgender
Fassung: 1) Von Bundesangehörigen, welche die Aufnahme in den Unterthanen-
verband eines andern Bundesstaates nachsuchen, kann auch künftig der Nachweis
der Entlassung aus ihrem bisherigen Unterthanenverhältnis verlangt werden;
2) für Bundesangehörige, welche in einen andern Vundesstaat auszuwandern
beabsichtigen, kann das Aufgeben des bisherigen Unterthanenverhältnisses auch
fernerhin an die Erteilung einer förmlichen Entlassungsurkunde geknüpft
werden.“)
Der Ausschuß für Handel und Verkehr erklärte sich ebenso wie der
Bundesrat (29. Juli) mit dem von dem Kanzler ausgehenden Vorschlage ein-
verstanden.
Verträge mit den süddeutschen Staaten über die Frei-
zügigkeit. Am 13. März 1868 richtete Bismarck folgendes Schreiben?)
an den Bundesrat: „Die Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und
*) „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr 179 vom 2. August 1868 und Nr. 183
vom 7. August 1868. Der „Staatsanzeiger“ publizirte die betreffende Erklärung des
Bundeskanzler-Amts an das preußische Staatsministerium vom 4. Juli.
**) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
Poschinger Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 10