Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

XIII. 
Hie Emser Depesche. Begründung des Dentschen Keichs. 
Wie nahe die Möglichkeit eines Krieges mit Frankreich 
lag, bewies der Streit über Luxemburg, der im Frühjahr 1867 
die öffentliche Meinung lebhaft beschäftigte. Frankreich hatte 
gleich nach dem Kriege den Anspruch auf eine Compensation 
erhoben, und Bismarck hatte das Bedürfniß Frankreichs nach 
einem Zuwachs an Land und Leuten im Gespräch mit Benedetti 
anerkannt, jeden Versuch dagegen, solche Entschädigung auf 
deutschem Gebiete zu gewinnen, in unzweideutiger Form ab- 
gelehnt. Die Lage des noch in der Bildung begriffenen 
Norddeutschen Bundes erheischte doppelt diplomatische Vorsicht, 
und kein billig Denkender wird es Bismarck verdenken, wenn 
er die Frage dilatorisch behandelte, den Franzosen es überließ, 
ihre Compensationswünsche zu formuliren, und diese dann in 
wohlwollender Form mit ihrem Berliner Repräsentanten er- 
örterte. Wenn Moralisten in dieser Behandlung eine dem 
deutschen Charakter fremde Art finden wollen, so beweisen sie 
damit nur, daß sie von dem A-B-C der diplomatischen Kunst 
keine Ahnung haben. Es wäre eine geradezu strafbare Plumpheit 
gewesen, wenn Bismarck den französischen Wünschen ein un- 
bedingtes Nein entgegengestellt und dadurch den Krieg provocirt 
hätte; genug, daß er die Abtretung deutschen Gebiets bestimmt 
ablehnte. Bei jedem andern Erwerb, den Frankreich in Europa 
zu machen wünschte, hatten die europäischen Mächte mitzu- 
sprechen: das machte die Sache für Frankreich unbequem. 
Angesichts der Möglichkeit einer europäischen Verwickelung 
Kohl, Wegweiser. 8
	        
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