VIII.
Ein Büchblich auf die preußische Politik.
Die Darstellung der eigenen Ministerschaft eröffnet Fürst
Bismarck in dem 12. Capitel mit einem Rückblick auf die
preußische Politik. Das Capitel wird mancherlei Wider-
spruch von Seiten der Historiker erfahren, weil Bismarcks
Auffassung der preußischen Politik in den Jahren 1786 bis
1862 zu der landläufigen Beurtheilung — theilweise wenigstens
— in scharfem Gegensatze steht. Aber Fürst Bismarck besaß
für die Bewerthung der preußischen Politik ein Organ, das
einem großen Theil der berufsmäßigen Historiker in ihrer engen
Studirstube verloren geht, den politischen Sinn, und jeder
Historiker kann an diesem Capitel von dem praktischen Politiker
lernen, wie Geschichte zu studiren ist. Fürst Bismarck ver-
mißt an der preußischen Politik seit dem Tode Friedrichs des
Großen die Klarheit der Ziele; wo Ziele vorhanden waren,
waren sie „entweder ungeschickt gewählt oder ungeschickt be-
trieben“. Bis zum vollen Ausbruch der französischen Revolution
vermag er keinerlei Andeutung einer national-beutschen Rich-
tung zu erkennen; die Idee eines preußischen Kaiserthums
innerhalb der durch eine Demarcationslinie von dem übrigen
kämpfenden Europa abgegrenzten norddeutschen Staaten erwuchs
auf dem Boden preußisch-particularistischer Bestrebungen.
Preußen dachte damals weniger an die Stärkung seiner
Stellung in Deutschland, als an die Erwerbung polnischer
Gebietstheile, und doch lag die Zukunft seiner Machtentwickelung
nicht in dem Streite mit Oesterreich über ein Mehr oder