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Sie versteht, warum wir Krieg führen, und weiß, daß wir
diesen Kampf nicht abbrechen können wie ein Theaterstück. Sie
ist deshalb auch fern von allem schwächlichen Gewinsel, welches
hier Mode ist unter den Damen und wozu die Allerhöchste den
Ton angiebt.
Der Kaiser, wenn er auch den Frieden wiederhergestellt
sehen möchte, läßt sich doch nicht von diesen Klageweibern an-
stecken und ist korrekt. Er ist noch unter dem traurigen Ein-
druck eines Unglücksfalles, der vor einigen Tagen auf der Jagd
passirte. Vor seinen Augen wurde auf der Bärenjagd der
Jäger-Meister Scariatin durch seine Unvorsichtigkeit unter dem
Feuer erschossen. Er kroch mit gespannter Büchse in der
Deckung einem angeschofsenen Bären nach, wobei sich das Ge-
wehr wahrscheinlich durch Streifen an einem Baum entlud.
Der Kaiser war ganz außer sich und die ganze Episode sehr
traurig.
Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen gute Gesundheit
im neuen Jahre und daß Sie bald Ihren Namen unter einen
glorreichen Frieden setzen können.
In aufrichtigster Verehrung
Ihr
sehr ergebener
H. VII. P. Reuß.
263.
Kriegsminister v. Roon an Bismarck.
Gütergotz, 3. Juli 1872.
Das lange Dienstschreiben, mit dem ich Sie schon am
18. v. M. bedrohte und welches ich heute in Ihr Tusculum
schleudere, ja schleudern muß, kann ich nicht abgehen lassen,
ohne Sie wegen dieses Attentates gegen Ihre Ruhe und Ihr
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