160 Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin.
fluß in der kurzen Frist von zwei Tagen verwerthen sollte.
Ich fragte daher an, ob ich nicht den vom Könige erhaltnen
Auftrag, mit dem Herzog von Augustenburg zu verhandeln ½,
als Grund für mein Wegbleiben von dem Landtage geltend
machen dürfte. Ich erhielt durch den Telegraphen die Antwort,
mich auf das Augustenburger Geschäft nicht zu berufen, sondern
sofort nach Berlin zu kommen 5), reiste also am 26. April ab.
Inzwischen war in Berlin auf Betrieb der conservativen Partei
ein Beschluß gefaßt worden, der den Absichten des Königs zu-
widerlies, und der von Sr. Majestät unternommne Feldzug
schien damit verloren zu sein. Als ich mich am 27. bei dem
General von Gerlach in dem Flügel des Charlottenburger
Schlosses neben der Wache meldete, vernahm ich,, daß der
König ungehalten über mich sei, weil ich nicht sofort abgereist
sei; wenn ich gleich erschienen wäre, so würde ich den Beschluß
haben verhindern können :). Gerlach ging, um mich zu melden,
zum Könige und kam nach ziemlich langer Zeit zurück mit der
Antwort: Se. Majestät wolle mich nicht sehn, ich solle aber
warten. Dieser in sich widersprechende Bescheid ist charakte-
ristisch für den König; er zürnte mir und wollte das durch
Versagung der Audienz zu erkennen geben, aber doch auch zu-
gleich die Wiederannahme zu Gnaden in kurzer Frist sicher
stellen. Es war das eine Art von Erziehungsmethode, wie
man in der Schule gelegentlich aus der Klasse gewiesen, aber
wieder hineingelassen wurde. Ich war gewissermaßen im Char-
lottenburger Schlosse internirt, ein Zustand, der mir durch ein
gutes und elegant servirtes Frühstück erleichtert wurde. Die
Einrichtung des Königlichen Haushalts außerhalb Berlins, vor-
1) Es handelte sich um den Verzicht des Herzogs Christian August
von Augustenburg auf sein Erbrecht in Dänemark.
:) Vgl. die Depeschen im Anhang zu den Gedanken und Erinne-
rungen II 61 f.
*!) Vgl. Gerlach's Denkwürdigkeiten 1 754. 756.