166 Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin.
zuschlagen suchten und dann und wann von dem Könige als
Rivalen Manteuffel's cum spe succedendi!) behandelt wurden.
Nachdem ich mehrmals von dem Könige gegen Manteuffel in
der Weise ausgespielt worden war, daß ich Gegenentwürfe von
Depeschen zu machen hatte, bat ich Gerlach, den ich in einem
kleinen Vorzimmer neben dem Cabinet des Königs in dem
längs der Spree hinlaufenden Flügel des Schlosses fand, mir
die Erlaubniß zur Rückkehr nach Frankfurt zu erwirken. Gerlach
trat in das Cabinet und sprach, der König rief: „Er soll in
des Teufels Namen warten, bis ich ihm befehle abzureisen!“
Als Gerlach herauskam, sagte ich lachend, ich hätte den Bescheid
schon. Ich blieb also noch eine Zeit lang in Berlin. Als es
endlich zur Abreise kam, hinterließ ich den Entwurf eines eigen-
händigen, von dem Könige an den Kaiser Franz Joseph zu
richtenden Schreibens, den ich auf Befehl Seiner Mojestät
ausgearbeitet und den Manteuffel dem Könige vorzulegen über-
nommen hatte, nachdem er sich mit mir über den Inhalt ver-
ständigt haben würde. Der Schwerpunkt lag in dem Schluß-
satze, aber auch ohne diesen bildete der Entwurf ein abgerun-
detes Aktenstück, freilich von wesentlich modificirter Tragweite.
Ich bat den Flügeladjutanten vom Dienst unter Mittheilung
einer Abschrift des Concepts, den König darauf aufmerksam
zu machen, daß der Schlußsatz das entscheidende Stück des Er-
lasses sei. Diese Vorsichtsmaßregel war im Auswärtigen Amte
nicht bekannt; die Collationirung im Schlosse ergab, daß, wie
ich befürchtet hatte, das Concept geändert und der östreichischen
Politik näher gerückt war. Während des Krimkriegs und der
vorangegangnen Verhandlungen drehten sich die Kämpfe in den
Regirungskreisen häufig um eine westmächtlich-östreichische oder
eine russische Phrase, die, kaum geschrieben, keine praktische Be-
deutung mehr hatte.
1) Mit der Hoffnung auf Nachfolge.