180 Achtes Kapitel: Besuch in Paris.
nur als ein Stein und zwar ein unvermeidlicher in dem Schach-
spiel der Politik, ein Spiel, in welchem ich nur meinem
Könige und meinem Lande zu dienen Beruf habe. Sym-
pathien und Antipathien in Betreff auswärtiger Mächte und
Personen vermag ich vor meinem Pflichtgefühl im auswärtigen
Dienste meines Landes nicht zu rechtfertigen, weder an mir
noch an Andern; es ist darin der Embryo der Untreue gegen
den Herrn oder das Land, dem man dient. Insbesondre
aber, wenn man seine stehenden diplomatischen Beziehungen
und die Unterhaltung des Einvernehmens im Frieden danach
zuschneiden will, so hört man m. E. auf, Politik zu treiben und
handelt nach persönlicher Willkür. Die Interessen des Vater-
landes dem eignen Gefühl von Liebe oder Haß gegen Fremde
unterzuordnen, dazu hat meiner Ansicht nach selbst der König
nicht das Recht, hat es aber vor Gott und nicht vor mir zu
verantworten, wenn er es thut, und darum schweige ich über
diesen Punkt.
Oder finden Sie das Prinzip, welches ich geopfert habe,
in der Formel, daß ein Preuße stets ein Gegner Frank-
reichs sein müsse? Aus dem Obigen geht schon hervor,
daß ich den Maßstab für mein Verhalten gegen fremde Regi-
rungen nicht aus stagnirenden Antipathien, sondern nur aus
der Schädlichkeit oder Nützlichkeit für Preußen, welche ich ihnen
beilege, entnehme. In der Gefühlspolitik ist garkeine Reci-
procität, sie ist eine ausschließlich Preußische Eigenthümlichkeit;
jede andre Regirung nimmt lediglich ihre Interessen zum Maß-
stabe ihrer Handlungen, wie sie dieselben auch mit rechtlichen
oder gefühlvollen Deductionen drapiren mag. Man dcceptirt
unfere Gefühle, beutet sie aus, rechnet darauf, daß sie uns
nicht gestatten, uns dieser Ausbeutung zu entziehn, und be-
handelt uns danach, d. h. man dankt uns nicht einmal dafür
und respectirt uns nur als brauchbare dupe.
Ich glaube, Sie werden mir Recht geben, wenn ich be-